Geschluckt: Auch im BMW-Werk in Regensburg sind Roboter von Kuka im Einsatz. (Bild: Imago/Manfred Segerer)
Kuka-Übernahme

Gabriel macht den Deckel drauf

Es blieb ihm nichts anderes übrig: Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) überlässt den Augsburger Roboterhersteller Kuka nun ganz offiziell den Chinesen. Bekanntlich war der Haushaltsgerätehersteller Midea in diesem Jahr mit einem Kampfpreis auf Einkaufstour bei den Aktionären gegangen. Ihm gehören jetzt beinahe 95 Prozent des Unternehmens.

Alles andere als das, was der Bayerische Rundfunk (BR) nun „exklusiv“ vermeldete, wäre eine faustdicke Überraschung gewesen: Das Bundewirtschaftsministerium teilte dem Sender mit, dass es die Kuka-Übernahme geprüft habe und keine weiteren Schritte einleiten werde. Der Grund: Weder die öffentliche Ordnung noch die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland seien durch die Übernahme gefährdet, hieß es aus dem Ministerium, das unter anderem auf die in der EU bestehende Kapitalverkehrsfreiheit hinwies, die auch gegenüber Drittstaaten gelte.

Die Chinesen können demnach in Deutschland so viel aufkaufen, wie es ihnen Spaß macht. Nur in strategisch wichtigen Bereichen wie der Telekommunikation oder der Strom- und Wasserversorgung hätte die Bundesregierung die Übernahme untersagen können; bei Industrierobotern für die Autoproduktion „eher nicht“. Dabei ist bekannt, dass die Chinesen von Urheber- und Patentrechten wenig, aber von Industriespionage und Technikdiebstahl viel halten. Mit den Daten über die Roboter könnten sie auch problemlos Einblick in einige Aspekte der Firmen erhalten, in denen die Roboter stehen.

Keine Gleichbehandlung in China

Der Fall Kuka mutet für viele umso ungerechter an, weil die Chinesen ausländischen Investoren schwere Handfesseln anlegen: Wer im Reich der Mitte in ein Industrieunternehmen einsteigen möchte, der braucht einen chinesischen Partner, der die Hälfte der Anteile hält. Laut des Ministeriumssprechers will Gabriel nun verstärkt die Diskussion darüber führen, „wie die offenen Volkswirtschaften in Europa eigentlich mit unfairem Wettbewerb umgehen“.

Ich denke, dass wir mit Kuka eine Perle in der Robotik haben und damit eine Perle der deutschen und der europäischen Industrie.

Markus Ferber

Midea kann seinen Deal jetzt in aller Ruhe abschließen, bis März kommenden Jahres soll die Übernahme in trockenen Tüchern sein. Wie berichtet, waren während des Milliarden-Pokers auch aus der CSU berechtigte Bedenken angemeldet worden, weil deutsches Knowhow langfristig nach Fernost abwandern könnte: „Ich denke, dass wir mit Kuka eine Perle in der Robotik haben und damit eine Perle der deutschen und der europäischen Industrie“, sagte Europaabgeordneter und Schwabens CSU-Chef Markus Ferber. Er warnte davor, leichtfertig etwas aufzugeben, was für die Weiterentwicklung des Wirtschaftsstandortes Europas benötigt werde.

Keiner kann mit den Chinesen konkurrieren

Doch auch das Rühren der Werbetrommel der Bundesregierung bei möglichen europäischen Investoren blieb letztlich erfolglos. Der Preis von 115 Euro pro Anteilsschein, den die Chinesen für Kuka aufgerufen hatten, war aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten für andere untragbar: Im Januar dieses Jahres war das Kuka-Papier an der Börse noch für 68 Euro zu haben, erst nach dem Übernahmeangebot schoss es in die Höhe.

Das Entscheidende ist, dass die Chinesen uns unser Ding machen lassen.

Till Reuter, Kuka-Chef

Kuka selbst sah die Offerte bekanntlich alles andere als „feindlich“. Beide Konzerne würden seit Wochen darüber sprechen, wie sie gemeinsam bei Logistik- und Service-Robotern punkten und das Geschäft in China ankurbeln können, sagte Kuka-Chef Till Reuter im Frühsommer. Er hat mit Midea einen bis 2023 gültigen Investorenvertrag geschlossen, der bis dahin die Unabhängigkeit der Augsburger Konzernzentrale und alle 12.300 Arbeitsplätze sichert. Reuter: „Die Verhandlungen waren hart, aber fair. Das Entscheidende ist, dass die Chinesen uns unser Ding machen lassen.“ Ins gleiche Horn stieß EU-Digitalkommissar Günther Oettinger (CDU). Da Midea Klarheit zur Standortsicherheit für Kuka geschaffen habe, sei er optimistisch, dass es auch über das Jahr 2023 hinweg für das Unternehmen in Deutschland gute Perspektiven geben werde, sagte Oettinger im Juli bei der Eröffnung eines Technologiezentrums am Kuka-Stammsitz in Augsburg. Diese Ansicht dürfte nach 2023 zu prüfen sein.