Die Champs-Élysées in Paris wurden weiträumig abgesperrt. (Foto: dpa/Kamil Zihnioglu)
Terror

Paris im Ausnahmezustand

Nach der Attacke auf den Champs-Élysées hat Frankreichs Präsident François Hollande das Sicherheitskabinett zusammengerufen. Gestern hatte ein Mann einen Polizisten erschossen und zwei verletzt. Die Polizei erschoss wiederum den Angreifer. Der Anschlag belastet die bevorstehende Präsidentschaftswahl erheblich.

Kurz vor der Präsidentenwahl hat ein Terrorverdächtiger mitten in Paris einen Polizisten getötet und zwei weitere Beamte verletzt. Die Polizei erschoss den Angreifer. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte die Attacke für sich. Der Tatverdächtige war bereits in der Vergangenheit wegen einer Attacke auf Polizisten verurteilt worden. Der 39-Jährige hatte 2005 eine Freiheitsstrafe von 15 Jahren wegen versuchten Totschlags erhalten, berichtet die Nachrichtenagentur AFP. Die Bluttat belastet die bevorstehende Wahl am Sonntag erheblich. Staatschef François Hollande ruft heute das Sicherheitskabinett zusammen.

Wir werden absolute Wachsamkeit zeigen, insbesondere im Hinblick auf den Wahlprozess.

François Hollande, französischer Präsident

Der mutmaßliche Täter schoss am Donnerstagabend gegen 21:00 Uhr mit einer automatischen Waffe auf einen geparkten Mannschaftswagen der Polizei. Der Tatort wurde danach weiträumig abgesperrt. Die kilometerlange Prachtsstraße ist ein Touristenmagnet, dort gibt es viele Geschäfte und Hotels. Der Sprecher des Innenministeriums, Pierre-Henry Brandet, sagte, nach ersten Erkenntnissen habe es nur einen Angreifer gegeben. Man könne aber nicht ausschließen, dass es einen oder mehrere Komplizen gebe.

Anti-Terror-Abteilung übernimmt Ermittlungen

Bundeskanzlerin Angela Merkel kondolierte Hollande, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert auf Twitter mit. Ihr Mitgefühl gelte den Opfern und ihren Familien. Auch US-Präsident Donald Trump sprach Frankreich sein Beileid aus. Hollande sagte, es spreche einiges für einen Terrorakt. Die Anti-Terror-Abteilung der Pariser Staatsanwaltschaft übernahm die Ermittlungen.

Wir sind überzeugt, dass die Spuren (…) terroristischer Art sind.

François Hollande, französischer Präsident

Bei dem Angreifer handele es sich um einen Kämpfer des IS, berichtete das IS-Sprachrohr Amak und benannte den Mann als Abu Jussuf al-Beldschiki („Der Belgier“). Bei ähnlichen Verlautbarungen wurden die Angreifer häufig „Soldaten“ der Terrormiliz genannt. Die Nachricht konnte zunächst nicht auf ihre Echtheit überprüft werden. Sie wurde aber über die Kanäle verbreitet, über die der IS in der Vergangenheit auch ähnliche Anschläge für sich beansprucht hat – etwa nach den Attacken in Ägypten oder London.

Präsidentschaftswahl in Frankreich

Am Sonntag findet in Frankreich die erste Runde der Präsidentschaftswahl statt. Die Abstimmung soll von mehr als 50.000 Polizisten und Soldaten geschützt werden. Im Land gilt nach einer beispiellosen Terrorserie mit mehreren Anschlägen und über 230 Toten immer noch der Ausnahmezustand. Mehrere Kandidaten sagten laut Medienberichten für heute geplante Auftritte ab.

Die Lage vor der für ganz Europa wichtigen Wahl ist unübersichtlich. In Umfragen liegen der sozialliberale Kandidat Emmanuel Macron und die Rechtspopulistin Marine Le Pen an der Spitze. Macron tritt für Europa ein, Le Pen will hingegen den Euro in Frankreich abschaffen. Sie plädiert auch dafür, verurteilte ausländische Verbrecher auszuweisen. Offen ist laut politischen Beobachtern, ob die Hardlinerin von der Attacke auf die Polizisten politischen Nutzen ziehen kann. Zuletzt waren ihre Umfragewerte gesunken. Die entscheidende Stichwahl ist für den 7. Mai geplant.

Attacken auf Sicherheitskräfte

Französische Sicherheitskräfte wurden bereits mehrfach attackiert. Im vergangenen Juni wurde ein Polizistenpaar im Umland von Paris ermordet. Vor einem Monat erschossen Soldaten am Pariser Flughafen Orly einen Mann, der sie zuvor angegriffen hatte. Die französische Polizei hatte erst am 18. April in Marseille zwei mutmaßliche Islamisten festgenommen, in deren Wohnung ein Waffenarsenal versteckt war.

dpa/AS