US-Präsident Donald Trump demonstrierte militärische Entschlossenheit und ließ Syrien attackieren. (Foto: Imago/Zuma Press)
Syrien

Ein Zeichen der Stärke

Gastbeitrag Mit dem Luftangriff auf Syrien zeigt Donald Trump, dass die USA auch weiterhin international präsent sein werden. Die Aktion könnte einen Wendepunkt in dem jahrelangen Konflikt markieren und den Weg zu Verhandlungen mit Russland ebnen, analysiert Christian Forstner von der Hanns-Seidel-Stiftung in Washington.

Die vom US-Präsidenten Donald Trump angeordneten Luftschläge in Syrien markieren eine Zäsur in der Syrien-Politik. Zum einen werden durch die militärische Intervention die von Barack Obama früher erwähnten rote Linien durchgesetzt, die US-Außenpolitik erhält neue Glaubwürdigkeit. Zum anderen signalisieren die USA, dass Assad wohl kaum noch als Teil einer Nachkriegslösung akzeptiert werden kann.

Gefahr aus dem Ausland

Beide Annahmen der amerikanischen Syrienpolitik, also Nichteinmischung und Nachkriegslösung auch mit Assad, gelten jetzt nicht mehr. Obama hat sein Nicht-Handeln in Syrien als den größten Fehler in seiner Außenpolitik bezeichnet. Donald Trump hat jetzt dies korrigiert. Bereits im Vorfeld der Militäraktion galt als außenpolitische Leitlinie der neuen Administration, dass Amerika aus einer Politik der Stärke heraus agiert. Wer Amerikas Willen missachtet, muss mit Konsequenzen rechnen, so der Konsens zwischen der Trump-Administration und den außenpolitischen Schwergewichten im Kongress. Damit schlägt man einen vorsichtigen Mittelweg ein zwischen einer außenpolitischen Überdehnung bei forcierten Regimewechseln und einem US-Isolationismus bei einer ausschließlichen Fokussierung auf die Innenpolitik. Schließlich sind zahlreiche namhafte Experten der Auffassung, dass die größten Gefahren für die Sicherheit Amerikas aus dem Ausland kommen, das heißt von terroristischen Netzwerken, die von Iran oder Nordkorea unterstützt werden. Geringer dagegen ist das Risiko von Anschlägen, die von Terroristen verübt werden, die sich in den USA radikalisiert haben und ohne die Unterstützung feindseliger Länder agieren. Diese Sicherheitsanalyse schließt mit ein, alles zu tun, damit feindliche Länder nicht in den Besitz von Massenvernichtungswaffen kommen.

Erfolg für den Präsidenten

Mit seiner Militäraktion gegen einen syrischen Luftwaffenstützpunkt konnte Donald Trump einen mehrfachen Erfolg erzielen:

Die Entscheidungsfindung verlief professionell. Steve Bannon, der umstrittene Chef-Stratege des Präsidenten, gehört nicht länger dem Kernbereich des Nationalen Sicherheitsrates an. Die interne Diskussion über die US-Optionen wurde vertraulich und abhörsicher geführt, während Trump nach den nordkoreanischen Raketentests noch Beratungen im Club-Restaurant seines Florida-Domizils führte. Trump hat also gelernt, er hat auf Kritik reagiert und er trifft militärische Entscheidungen auf Experten-Grundlage.

Trump zeigte, dass er auch moralische Erwägungen und die Wertedimension in der amerikanischen Außenpolitik anerkennt.

Christian Forstner

Der Beschluss fiel zu einem Zeitpunkt, als der chinesische Präsident Xi bei Trump in Florida war. Die amerikanisch-chinesischen Beziehungen schwanken zwischen Konfrontation und Kooperation. Washington unterstellt China Währungsmanipulation und Protektionismus, zugleich braucht man Beijing als Hebel auf Pjöngjang. China möchte einen Währungs- und Wirtschaftskrieg mit den USA vermeiden. Daher versucht Präsident Xi, gute Beziehungen zur Trump-Administration aufzubauen. Xi konnte in Florida nicht offene Kritik an seinem Gastgeber üben, während China üblicherweise an der Seite Russlands steht, nationale Souveränität verteidigt, UN-Sicherheitsratsresolutionen bei internationalen Aktionen einfordert, solche Beschlüse aber mit Russland regelmäßig blockiert. Durch die Schwächung der russisch-chinesischen Achse entsteht jetzt vielleicht auch eine neue Verhandlungsdynamik bei den Vereinten Nationen.

Annäherung an die Republikaner

Trump zeigte, dass es ihm außenpolitisch nicht nur um pragmatische und stabilitätsorientierte Interessenpolitik geht, sondern dass er auch moralische Erwägungen und die Wertedimension in der amerikanischen Außenpolitik anerkennt. Damit hat Trump in der Sicherheitspolitik einen Schritt auf das republikanische Establishment zugemacht. Die Luftschläge begradigen nicht das angespannte Verhältnis zum republikanischen Establishment, aber sie verringern die Kluft zwischen Kongress und Präsident und könnten auch in anderen Politikbereichen wie der Wirtschafts- und Finanzpolitik die beidseitige Kompromissbereitschaft erhöhen.

Positiv fielen auch die Reaktionen in der Presse aus. In den sehr Trump-kritischen Blättern wie der New York Times oder der Washington Post wurde die neue US-Linie gegen den Diktator Assad begrüßt. Die breitere Öffentlichkeit steht ebenfalls hinter dem Präsidenten, wenn der Giftgaseinsatz geahndet wird. Zu drastisch waren die Bilder sterbender Kinder, als dass man ein Nicht-Handeln für richtig halten könnte. Und Trump-Anhänger, die Außenpolitik grundsätzlich für ein unnützes und kostspieliges Unterfangen halten, wenden sich jetzt nicht von Trump ab, da die Militäraktion überschaubar ist und keineswegs den Einstieg in ein militärisches Abenteuer nach sich ziehen muss. Der US-Feind in Syrien ist der Islamische Staat, nicht Assad, die Mission dort lautet Kampf gegen den islamistischen Terrorismus. Auf den US-Fahnen steht Regimewandel hin zu einer Einhegung des Bürgerkrieges, nicht Regimewechsel. Doch die USA haben ihre Politik verschärft: Wenn Assad das Morden an seinem Volk fortsetzt und illegale Massenvernichtungswaffen einsetzt, ist auch sein Sturz wieder ein primäres US-Ziel in Syrien.

Druck auf Moskau

Durch das amerikanische Eingreifen in Syrien erhöht Trump den Druck auf Russland. Moskau konnte Assad stützen, da es ein wichtiger Verbündeter der USA im Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat war. Jetzt muss Russland seine Syrien-Politik neu überdenken. Bislang konnte Moskau über Assad die militärstrategischen Interessen im östlichen Mittelmeer absichern. Russland hatte bei den Syrien-Gesprächen einen Platz am Verhandlungstisch, ohne sich jedoch konstruktiv einzubringen. Doch auch durch destruktive Positionen wie das Festhalten an Assad und das Veto gegen UN-Resolutionen, die Assad für Greueltaten wie in Aleppo zur Verantwortung gezogen hätten, kam Russland seinem Anspruch, international auf Augenhöhe mit den USA zu agieren, näher. Russland muss erkennen, dass es entgegen des Kalküls auf Sonderbeziehungen mit Donald Trump keinen Freibrief in der internationalen Politik hat, nicht in Syrien und wohl auch nicht im Donbass.

Der Einwand, dass man mit Luftschlägen keinen Frieden gewinnt, greift ins Leere. Eine Friedenslösung war auch vor den Luftschlägen nicht erkennbar.

Christian Forstner

Donald Trump hat mit der Militäraktion in Syrien ein Zeichen der US-Stärke gesetzt. Zwar wird es in den nächsten Jahren zuvorderst um Jobs und Wirtschaftswachstum, um Entbürokratisierung, weniger Staat und langfristig solide Staatsfinanzen gehen. Aber die USA bleiben international präsent.

Mission des Außenministers

Der Einwand, dass man mit Luftschlägen keinen Frieden gewinnt, greift ins Leere. Eine Friedenslösung war auch vor den Luftschlägen nicht erkennbar. Das wurde der Öffentlichkeit nicht zuletzt nach dem Syrien-Panel auf der Münchener Sicherheitskonferenz deutlich, als keiner der hochrangigen Teilnehmer einen Weg aus dem Bürgerkrieg skizzieren konnte. Die amerikanische Militäraktion wird den Bürgerkrieg in Syrien nicht verschlimmern, im Gegenteil: Sie kann eine Wendung bedeuten, wenn Russland ebenfalls von Assad abrückt.

US-Außenminister Rex Tillerson ist jetzt auf dem Weg nach Moskau. Den amerikanischen Luftschlägen muss jetzt der zweite Schritt folgen: Tillerson muss Moskau ausreden, dass es die syrische Luftabwehr weiter stärkt und der syrischen Armee den Einsatz russischer Militär- und Raketenabwehrtechnik ermöglicht. Wenn dies gelingt und eine Eskalation im amerikanisch-russischen Verhältnis vermieden wird, könnte man in die nächste Phase übergehen: Die Errichtung eines sicheren Schutzgebietes auf Grundlage einer international durchgesetzten und überwachten Flugverbotszone. Mit seiner Entscheidung für Luftschläge könnte Donald Trump diese Entwicklung eingeläutet haben, die letztlich auch zu geringeren Flüchtlingszahlen nach Europa führen könnte.

Zum Autor:

Christian Forstner ist Leiter der Verbindungsstelle Washington der Hanns-Seidel-Stiftung.