Es dauerte lange, bis US-Präsident Donald Trump seinen neuen Mann für Deutschland präsentierte. Und die notwendige Bestätigung von Ric Grenell durch den Senat war eine schwere Geburt. Am Tag vor Angela Merkels zweitem Arbeitsbesuch im Weißen Haus letzte Woche war es dann soweit. Nach monatelanger Blockade, während der sich auch andere Interessenten immer wieder warmliefen, stimmte der Senat mit 56 zu 42 der Entsendung von Ric Grenell nach Berlin zu.
Ein offensiver Vertreter Trumps
Ric Grenell gilt als enger Vertrauter von Donald Trump. Seine Bande zum Trump-Clan und insbesondere zu Ivanka Trump reichen zurück auf seine New Yorker Jahre, als er von 2001 bis 2008 der US-Pressesprecher bei den Vereinten Nationen war und dort unter anderem unter John Bolton arbeitete. Ivanka Trump war es dann auch, die ihren Vater auf Ric Grenell aufmerksam machte. Rex Tillerson, bis März 2018 US-Außenminister, stand dieser Personalie sehr reserviert gegenüber und hatte jemand anderes im Blick. Im Zuge der außenpolitischen Veränderungen der letzten Wochen mit der Entlassung von Rex Tillerson und von H.R. McMaster als nationalem Sicherheitsberater wurde jetzt letztlich der Widerstand der demokratischen Senatoren gebrochen.
Außenpolitik auf Trump-Linie
Mike Pompeo und John Bolton bringen die US-Außenpolitik auf Linie mit der konfrontativen, militaristischen, wettbewerbsorientierten und auf US-Sicherheitsinteressen basierenden Weltsicht des Präsidenten. Ric Grenell wird diese Botschaft aller Voraussicht nach lautstark in Berlin vertreten. Er spricht kein deutsch und ist kein Karrierediplomat. Seine Stärken als PR-Profi liegen in offensiver Medienarbeit, seine Präsenz in den sozialen Medien hatte ihm in den letzten Jahren zahlreiche Auszeichnungen aber auch Ärger (beleidigende und politisch gefährliche Twitter-Tiraden löschte er vor dem Romney-Wahlkampf, im Senat wurden ihm vor allem von den Demokraten kritisierte frauenfeindliche Tweeds fast zum Verhängnis) eingebracht.
Er war ein regelmäßiger politischer Kommentator im Kabelfernsehen, besonders beim konservativen Sender Fox News, sein wichtigstes Sprachorgan ist dennoch der Kurznachrichtendienst Twitter, den er noch mehr als sein jetziger Chef nutzt, oft in ähnlichem Duktus. Seine unbedingte Loyalität zu Trump war ausschlaggebender für die Entsendung nach Berlin als seine Europa- und Deutschlandexpertise. Im politisch polarisierten Amerika, in dem sich das Never-Trump-Lager und das Lock-Her-Up-Lager unversöhnlich bekämpften, stand Ric Grenell mit beiden Beinen in letzterem.
Handelsbilanz als zentrales Thema
Auch ohne über spezifische Deutschland- und Deutsch-Kenntnisse zu verfügen, erinnerte Grenell in seinem Senatshearing am 27.9.2017 an die historisch engen und gewachsenen Beziehungen zwischen den USA und Deutschland, die für beide Seiten vorteilhaft seien. Die 30.000 US-Soldaten in Deutschland seien Ausdruck der Verbundenheit mit der NATO. Ein starker und geeinter Westen liege im US-Interesse. Grenell bezeichnete den Schutz und die Sicherheit der Botschafts- und Konsularmitarbeiter als Top-Thema unter seiner Führung.
Mit seinem Versprechen, den hohen deutschen Handelsüberschuss an oberster Stelle zu thematisieren, traf Grenell den Nerv sowohl der Republikaner als auch der Demokraten. In beiden Parteien dominieren protektionistische Positionen. Das Thema Handelsbilanz wird das zentrale Thema der nächsten Jahre sein und die US-Seite wird sich nicht mit der deutschen Haltung zufrieden geben, dass Deutschland währungspolitisch die Hände gebunden seien und die Amerikaner ihre Wettbewerbsschwäche selbst verschuldet hätten.
Provokation und Chance
Insgesamt macht Richard Grenell einen überzeugenden und vor allem von sich überzeugten Eindruck. Sein Wirken in Deutschland wird Provokation und Chance zugleich sein: Er wird ungefiltert die Trump-Agenda vertreten und damit die Finger in die Wunde von Systemdefiziten legen. Amerika ist ein gebrochenes Land, sonst wäre Donald Trump nicht möglich gewesen. Die Schwäche internationaler Organisationen bestärkt die US-Administration auf ihrem Kurs eines militärischen Unilateralismus. Dieser Debatte mit Ric Grenell wird man sich ab sofort auch in Berlin stellen müssen.
Christian Forstner leitet das Auslandsbüro Washington der Hanns-Seidel-Stiftung. Dies ist die gekürzte Version seines Beitrags auf HSS.de