Neue Premierministerin und Chefin der konservativen Partei - und das zentrale Gesicht der kommenden Brexit-Verhandlungen: Großbritanniens neue Regierungschefin Theresa May. (Bild: Imago/I Images)
Premierministerin May

Sie soll Großbritannien aus der EU führen

Theresa May ist neue Premierministerin Großbritanniens, ihr wird die zentrale Rolle in den Brexit-Verhandlungen zukommen. Doch bislang ist auf dem Festland nur wenig über sie bekannt. Ein Portrait.

Eines machte Theresa May schon beim Auftakt für ihren Wahlkampf um den Vorsitz der Konservativen Partei klar: „Brexit bedeutet Brexit“, sagte die 59-Jährige. Das hieß, sollte sie Premierministerin werden, werde sie das Votum der Briten respektieren und den Ausstieg des Landes aus der Europäischen Union verhandeln. Und das, obwohl sich May selbst stets für den Verbleib des Königreichs ausgesprochen hatte.

Pfarrerstochter aus Oxford

Was den Brexit angeht, weiß man also, wofür Theresa May steht. Doch ansonsten ist außerhalb der britischen Inseln nur sehr wenig bekannt über die neue Premierministerin. May, 1959 in Südengland als Tochter eines anglikanischen Pfarrers geboren, wuchs in der Nähe von Oxford auf und studierte anschließend Geographie an der renommierten Oxford University.

Nach ihrem Abschluss arbeitete sie einige Jahre bei der Bank Of England in London. In dieser Zeit begann sie auch ihre politische Karriere – erst als Stadträtin in der Vorstadt Merton, dann als Kandidatin ihrer Partei für den Sitz im House Of Commons. Nach zwei nicht erfolgreichen Wahlen schaffte sie 1997 den Sprung ins Parlament – und das bei einer Wahl, die für ihre Partei zum großen Desaster werden sollte. Nach der Wahl David Camerons zum Premier 2010 wurde Theresa May Innenministerin.

Verlässliche Verhandlungspartnerin

Seitdem geht es mit ihrer Karriere stetig bergauf. Sie gilt als loyal, verlässlich und gerade heraus. Erst in ihrer Kandidatenrede vor Parteifreunden vor wenigen Tagen hatte sie einmal mehr betont, sie sei „keine, die bei Kaffee und Tee mit anderen über Kollegen lästert“. Es ist diese Integrität, die Parteikollegen, aber auch Vertreter anderer Parteien an May schätzen. Ebenso scheint in der Europäischen Union das Aufatmen darüber, dass man es mit der verlässlichen May und nicht etwa dem sprunghaften Boris Johnson zu tun bekommt, nahezu hörbar zu sein.

May muss das Land einen

Dennoch sieht May ihre vorderste Hauptaufgabe nicht in den Verhandlungen mit Brüssel. Stattdessen übernimmt sie ein Land, dass nach dem Brexit-Schock erst einmal wieder zusammenfinden muss. Und tatsächlich scheint May trotz ihrer teilweise hochumstrittenen Maßnahmen als Innenministerin eine der wenigen Politikerinnen zu sein, die das gespaltene Vereinigte Königreich wieder einen könnte. Schon in den Tagen nach ihrer offiziellen Kandidatur hatte May allerorten betont, das Land wieder zusammenbringen zu wollen. „17 Millionen Menschen haben für den Brexit gestimmt“, hatte sie festgestellt. „Aber wir dürfen auch die 16 Millionen Bürger nicht vergessen, die gerne in der EU geblieben wären.“ Dem gehegten Wunsch der EU, die Verhandlungen würden schon bald nach dem Regierungswechsel beginnen, erteilte sie jedenfalls eine Absage. Man werde sich Zeit lassen, teilte May mit.

Wir dürfen die 16 Millionen Bürger nicht vergessen, die gerne in der EU geblieben wären.

Theresa May

Außerdem wird die neue Regierungschefin nicht müde zu betonen, dass es für Großbritannien auch noch andere Herausforderungen gibt als den Brexit. Man müsse die generelle Migration, auch aus dem Nicht-EU-Ausland, endlich in den Griff bekommen, außerdem stünden große Wirtschaftsinvestitionen in Mittel- und Nordengland an. Und auch für ihre Partei sieht May Handlungsbedarf: „Die Tories werden oftmals als Partei der Reichen wahrgenommen“, hatte sie im Juni bemängelt. Von diesem Image müsse die Partei dringend weg. „Wir wollen eine Politik machen, von der alle in Großbritannien profitieren.“

May ist Camerons Wunschkandidatin

Für den bisherigen Premier David Cameron ist Theresa May seine Wunschnachfolgerin, die beiden sind jahrelange Weggefährten. Und auch für die EU scheint die Wahl Mays viele Dinge zu erleichtern. Das ändert aber nichts an der Schwere der Aufgabe, der sich Theresa May jetzt stellen muss.

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