Die Ukraine als Auslöser: Krise zwischen der NATO und Russland. (Bild: Fotolia/frizio)
Gipfeltreffen

Die NATO zeigt Härte

Die Nato-Staaten wollen vor ihrem Gipfeltreffen in Warschau noch einmal das Gespräch mit Russland suchen. Auf dem Gipfel soll beschlossen werden, die Grenze zum immer aggressiver auftretenden Russland militärisch stärker zu sichern. Trotz russischer Warnungen hat die Nato zudem die Aufnahme des Balkanstaats Montenegro beschlossen.

Bei einer Debatte der Außenminister habe es breite Zustimmung für die Idee gegeben, den Nato-Russland-Rat einzuberufen, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel. Beim Nato-Gipfel am 8. und 9. Juli in Warschau will das Militärbündnis beschließen, die Aufrüstung in den an Russland grenzenden Mitgliedstaaten weiter voranzutreiben. Die Pläne sind Reaktion auf die Ukraine-Krise und die Politik des russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Montenegro wird Nato-Mitglied

Trotz russischer Warnungen hat die Nato die Aufnahme des Balkanstaats Montenegro beschlossen. Bei einem Außenministertreffen in Brüssel wurde von allen 28 Mitgliedstaaten das sogenannte Beitrittsprotokoll unterzeichnet. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sprach von einem „historischen Schritt“. Die Erweiterung des Bündnisses sei wichtig für die Stabilität auf dem westlichen Balkan. Gleichzeitig zeige sie, dass die Nato weiter offen für neue Partner sei. Die Unterzeichnung des Beitrittsprotokolls ermöglicht es Montenegro, ab sofort an allen Bündnistreffen als Beobachter teilzunehmen. Die offizielle Aufnahme erfolgt nach der Ratifizierung des Beitrittsprotokolls durch die nationalen Parlamente.

Montenegros Regierungschef Milo Djukanovic erklärte, er hoffe, dass sein Land Mitte nächsten Jahres Vollmitglied des westlichen Verteidigungsbündnisses sein werde. Russische Angaben, nach denen in Montenegro derzeit eine Bevölkerungsmehrheit gegen einen Nato-Beitritt ihres Landes ist, wies Montenegros Regierungschef Djukanovic in Brüssel zurück. Er sagte, aktuelle Umfragen zeigten, dass eine Mehrheit für den Beitritt sei. Mit Spannung wird nun das Ergebnis der bevorstehenden Parlamentswahl in Montenegro erwartet. Auch im Land selbst muss die Beitrittsvereinbarung ratifiziert werden.

Montenegro hat extrem hart daran gearbeitet, um dorthin zu gelangen, wo es nun ist.

Frank-Walter Steinmeier, Bundesaußenminister

Russland bekräftigte hingegen seine Kritik und kündigte eine „angemessene Antwort“ an. Das nur rund 600.000 Einwohner zählende Montenegro stelle zwar keine militärische Gefahr dar, aber grundsätzlich bedrohe die Osterweiterung der Nato die Sicherheit Russlands, sagte der Chef des Verteidigungsausschusses im Föderationsrat, Viktor Oserow, in Moskau. US-Außenminister John Kerry betonte in Brüssel, die Nato werden sich nicht von Außen beeinflussen lassen. „Montenegro hat extrem hart daran gearbeitet, um dorthin zu gelangen, wo es nun ist“, sagte er. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier äußerte sich lediglich knapp zur Unterzeichnung des Beitrittsprotokolls. Die jahrelangen Verhandlungen dürften nun als abgeschlossen gelten, sagte er am Rande des Außenministertreffens. Der Beitritt sei besiegelt und werde nach der Ratifizierung in Kraft treten.

Die Spannungen steigen

Die Nato-Osterweiterung gilt neben dem diktatorisch regierenden russischen Präsidenten Wladimir Putin seit langem als einer der Hauptgründe für die Spannungen zwischen Russland und dem Westen. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs haben sich der Allianz zwölf Staaten aus dem Einflussbereich der früheren Sowjetunion angeschlossen. Zuletzt traten 2009 Kroatien und Albanien dem Bündnis bei. Die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Montenegro war von der Nato im vergangenen Dezember beschlossen worden. Anträge auf Mitgliedschaft liegen zudem aus Bosnien-Herzegowina, Georgien und Mazedonien vor.

Die Nato-Raketenabwehr untergräbt oder schwächt Russlands nukleare Abschreckung in keiner Weise.

Jens Stoltenberg

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hatte erst vor Kurzem bei der Einweihung der ersten Raketen-Abschussbasis im rumänischen Deveselu versichert, dass das System nicht gegen Russland gerichtet sei. „Die Nato-Raketenabwehr untergräbt oder schwächt Russlands nukleare Abschreckung in keiner Weise“, sagte Stoltenberg bei der Einweihung der ersten Raketen-Abschussbasis im rumänischen Deveselu. Er bestritt, dass das Nato-System auch russische Raketen abwehren könne. „Es sind zu wenige Raketen, und sie sind zu weit südlich oder zu nah an Russland stationiert, als dass sie russische Interkontinental-Raketen treffen könnten.“ Das Bündnis baut das Verteidigungssystem bereits seit 2010 auf. Gespräche über eine Einbindung Russlands scheiterten. Die USA sahen das System vor allem als Schutz vor Mittelstreckenraketen aus dem Iran. Die Abwehrstation in Deveselu wurde von den Amerikanern im Alleingang aufgebaut und kostete 800 Millionen US-Dollar (700 Millionen Euro). Auf dem Nato-Gipfel in Warschau im Juli soll sie der Nato unterstellt werden. Das sogenannte „Aegis“-System kann Mittelstreckenraketen eines Angreifers außerhalb der Erdatmosphäre zerstören. Zu dem Abwehrsystem gehören auch eine Radarstation in der Türkei und vier US-Schiffe mit Abwehrraketen. Der erste Spatenstich für eine zweite Abschussbasis soll in Polen erfolgen.

Raketenabwehr als Bedrohung für Russlands Sicherheit?

Russland befürchtete laut offizieller Version, dass die Raketenabwehr der Nato das nukleare Gleichgewicht mit dem Westen gefährdet und will mit militärischen Mitteln auf die Inbetriebnahme dieses Teils der Nato-Raketenabwehr reagieren. „Dieses System ist zu 1000 Prozent gegen uns gerichtet. Wir werden unsere Verteidigung festigen, zum Beispiel durch Frühwarn- und Abwehrsysteme in der Arktis“, sagte der Chef des Verteidigungsausschusses in der Duma, Admiral Wladimir Komojedow. Sein Kollege Viktor Oserow vom Föderationsrat in Moskau betonte, Russland habe die Nato mehrfach vor dem Aufbau einer solchen Raketenabwehr gewarnt. Als Reaktion könnte Moskau nun Raketen des Typs Iskander in der Ostsee-Exklave Kaliningrad (dem früheren Nordteil Ostpreußens) stationieren, meinte er. Kremlsprecher Dmitri Peskow bezeichnete die geplante Raketenabwehr als Bedrohung für Russlands Sicherheit. „Die Frage, die Präsident Wladimir Putin mehrfach stellte, verliert ihre Aktualität nicht: Gegen wen richtet sich dieses System?“ Anfangs sei die Anlage als Schutz vor iranischen Raketen präsentiert worden, diese Gefahr sei derzeit jedoch gebannt. Was er dabei zu erwähnen vergaß: Die Theokratie Iran ist kein vertrauenswürdiger und dauerhaft sicherer Verhandlungspartner. Sie könnte jederzeit wieder ihre Atomwaffenproduktion aufnehmen.

(dpa/avd)