Nach dem Rücktritt des österreichischen Bundeskanzlers Werner Faymann soll der Sozialdemokrat Christian Kern neuer Regierungschef in der Alpenrepublik werden. Das berichten mehrere Medien unter Berufung auf Regierungskreise.
Der 50-Jährige Kern ist Kommunikationswissenschaftler und Journalist und seit Jahrzehnten Mitglied der SPÖ. 1991 wurde er erstmals Mitarbeiter in der österreichischen Bundesregierung, danach war er mehrere Jahre Büroleiter des SPÖ-Fraktionschefs im Wiener Parlament. Seit 2010 ist Kern Chef der Österreichischen Bundesbahn (ÖBB) und konnte sich in dieser Zeit durchaus positiv in Szene setzen. Für die von ihm initiierte Aufklärung der Rolle der ÖBB während der Zeit des Nationalsozialismus erhielt er 2013 sogar einen Preis der iraelitischen Kultusgemeinde in Wien.
Image als Macher, der anpackt
Und auch in der aktuellen Flüchtlingskrise tauchte der Name Christian Kern immer wieder in den österreichischen Schlagzeilen auf, als er sich während der Hochzeit des Flüchtlingsandrangs beinahe täglich selbst ein Bild von der Lage am Wiener Hauptbahnhof machte. Damit, so haben sich unterstützende SPÖ-ler geäußert, bewies Kern einmal mehr seine „Anpacker-Mentalität“ und sein Macher-Image – eine Beschreibung, die nach dem eher spröden Stil von Werner Faymann die Umfragewerte der SPÖ unter ihren Stammwählern endlich wieder verbessern soll.
Doch es gibt auch kritische Stimmen. Denn Christian Kern ist zwar ein Kind der Arbeiterklasse – sein Vater war Elektroinstallateur, seine Mutter Sekretärin. Mit seinen Designer-Anzügen und seiner bisweilen etwas umständlichen Ausdrucksweise aber kommt der 50-Jährige bei manchen auch als eher abgehoben an.
Kern setzt sich gegen Zeiler durch
Als möglicher weiterer Kandidat war der Medien-Manager Gerhard Zeiler gehandelt worden. Nach einem Treffen im Wiener Rathaus – dem Amtssitz des Bürgermeisters und Interims-SPÖ-Chef Michael Häupl – ist die Wahl aber nun auf Kern gefallen. Aufgrund der aktuell starken Umfragewerte der rechtspopulistischen FPÖ hatten sowohl die Sozialdemokraten als auch deren konservative Koalitionspartner ÖVP mögliche Neuwahlen nach dem Faymann-Rücktritt möglichst verhindern wollen.
Schicksalswahl am 22. Mai
Am 22. Mai sind die Österreicher ohnehin zum Urnengang aufgerufen: Dann wählen sie den neuen Bundespräsidenten. Als Favorit gilt dabei der FPÖ-Kandidat Norbert Hofer. Dieser wiederum hatte in den letzten Wochen öffentlich mit dem Gedanken gespielt, im Falle seiner Wahl die Regierung kurzerhand zu entlassen. Bleibt also abzuwarten, wie sich der Rechtspopulist verhält, sollte er Präsident werden. Christian Kern jedenfalls soll noch vor der Bundespräsidentenwahl ins Amt eingeführt werden.