Land der Berge: Österreich ist politisch ähnlich zerrissen wie der große Nachbar Deutschland. (Bild: Fotolia/twoandonebuilding)
Krise in Österreich

Wer folgt auf Faymann?

Nach dem Rücktritt von Bundeskanzler Faymann befindet sich Österreich im politischen Umbruch. Wer aus den Reihen der Sozialdemokraten die Ämter des Partei- und Regierungschefs übernehmen soll, ist noch nicht klar. Der konservative Koalitionspartner stellt zudem Bedingungen für eine Fortführung der Zusammenarbeit. Doch eines ist auch klar: Neuwahlen kämen für SPÖ und ÖVP jetzt höchst ungelegen.

Der überraschende Rücktritt von Österreichs Bundeskanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann hat das Land in eine politische Krise gestürzt. Der sofortige Rückzug Faymanns – nach heftiger Kritik an seinem Regierungsstil – trifft dabei besonders die SPÖ und deren Partei-Establishment bis ins Mark. Noch in diesem Monat wollen die Sozialdemokraten einen Nachfolger präsentieren. Am 17. Mai werde der Parteivorstand dazu einen Vorschlag machen, sagte der Interims-Parteichef der Sozialdemokraten und Wiener Oberbürgermeister, Michael Häupl.

Als mögliche Kandidaten Faymanns werden der aktuelle Manager der Österreichischen Bundesbahn (ÖBB), Christian Kern, der Medien-Manager Gerhard Zeiler sowie die ehemalige Siemens-Managerin Brigitte Ederer genannt. Bis zu einer Neubesetzung durch die SPÖ führt ÖVP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner die Amtsgeschäfte.

Doch auch Neuwahlen stehen in der Alpenrepublik im Raum. Die rechtspopulistische FPÖ – deren Kandidat Norbert Hofer bei der anstehenden Stichwahl um das Bundespräsidentenamt als Favorit gilt – hatte sich schon wenige Stunden nach Faymanns Rückzug für sofortige Neuwahlen ausgesprochen.

Alle Wege führen zur FPÖ

Die regierenden Parteien SPÖ und ÖVP dagegen wollen Neuwahlen um jeden Preis vermeiden. Kein Wunder: Aktuellen Umfragen zufolge könnte die seit Jahrzehnten in verschiedenen Konstruktionen regierende Große Koalition wahrscheinlich nicht weitermachen – stattdessen dürfte kein Weg an der höchst umstrittenen FPÖ vorbeiführen.

Dennoch erhöht Interims-Kanzler Mitterlehner den Druck auf die SPÖ. Damit die Koalition weiter bestehen könne, teilte der ÖVP-Chef mit, müssten die Sozialdemokraten einige Punkte garantieren. Ganz oben auf der Liste: Das Festhalten an der restriktiven Linie in der Fllüchtlingspolitik. „Wir müssen diese Politik kontinuierlich und konsequent durchsetzen“, betonte Mitterlehner. Obendrein solle, ähnlich wie in Deutschland, die Opposition bei großen politischen Weichenstellungen künftig besser einbezogen werden. Trotz der Punkte, die Mitterlehner explizit nicht „Bedingungen“ nennen wollte, betonte der Interims-Kanzler den Willen seiner Partei zur Fortführung der Koalition.

„Es muss jetzt ganz schnell gehen“

Aus der SPÖ kommen beim Thema Neuwahlen dagegen beinahe panische Reaktionen. Neuwahlen wären ein „schwerer Fehler“, stellte SPÖ-Fraktionschef Andreas Schieder klar. Die Wähler wollten eine handlungsfähige Regierung. „Gerade ein personeller Neuanfang gibt auch die Chance, dass man bei Arbeitsthemen durchstartet“, hoffte der Sozialdemokrat. Die Neubesetzung des Kanzlers und des SPÖ-Vorsitzes sei nur eine Frage von wenigen Tagen. „Es muss ganz schnell gehen“, sagte Schieder. Der nächste reguläre Urnengang wäre in Österreich erst 2018 fällig.

Auswirkungen auf Präsidentenwahl

Unklar ist auch die Auswirkung des politischen Paukenschlags auf die am 22. Mai anstehende Wahl eines neuen Staatsoberhaupts. In der Stichwahl um das Amt des Bundespräsidenten tritt der FPÖ-Kandidat Norbert Hofer gegen den Wirtschaftsprofessor Alexander Van der Bellen an, der früher Parteichef der österreichischen Grünen war und von ihnen unterstützt wird. Hofer hatte die erste Runde Ende April mit 35,1 Prozent haushoch gewonnen und geht als Favorit in die Entscheidungsrunde. Die Kandidat von SPÖ und ÖVP waren bereits im ersten Wahlgang deutlich unterlegen. Zahlreiche Medien hatten das Ergebnis als „Watsch’n“ für die Regierung in Wien interpretiert. FPÖ-Kandidat Hofer hatte sich bereits mit den Worten zitieren lassen, er könne sich vorstellen, im Falle seiner Wahl die Regierung kurzerhand zu entlassen – spätestens dann könnten Neuwahlen in der Alpenrepublik anstehen.

(dpa/dos)