Das griechische Parlament stimmt im Eilverfahren über die nötigen Vorgaben zur Umsetzung des Flüchtlingspakts der EU mit der Türkei ab. Wichtigster Bestandteil des Gesetzentwurfs ist die Rechtmäßigkeit der geplanten Rückführungen von Flüchtlingen und Migranten in die Türkei. Mit den neuen Bestimmungen würde die Richtlinie der EU zu Asylrecht und sicheren Drittstaaten übernommen. Das ist Voraussetzung dafür, dass Migranten und Flüchtlinge in die Türkei zurückgeschickt werden können. Nach dem EU-Türkei-Flüchtlingspakt soll die Rückführung vom 4. April an beginnen.
Anspannung wächst
Alle Flüchtlinge, die nach dem 20. März illegal von der Türkei nach Griechenland übergesetzt sind, sollen dann zwangsweise zurückgebracht werden können. Den Menschen bleibt vorher das Recht auf eine Einzelfallprüfung in Griechenland. Sowohl bei den Flüchtlingen und Vertretern von Hilfsorganisationen, als auch bei der griechischen Polizei und der Küstenwache wächst die Anspannung. In beiden Ländern herrscht Verunsicherung, wie die Rückführung funktionieren soll. „Werden sich die Menschen freiwillig aus den Lagern abtransportieren lassen? Werden wir sie in Handschellen legen müssen? Wird es zu Aufständen kommen? Und was tun wir dann?“, fragt sich ein Offizier der griechischen Küstenwache.
Die Infrastruktur der gesamten Region ist nicht darauf ausgelegt, dass die Flüchtlinge hier bleiben.
Mustafa Tosun, Bürgermeister der türkischen Küstenstadt Dikili
Türkischen Beamten zufolge sollen die ersten Rückkehrer per Schiff von den griechischen Inseln in die türkische Küstenstadt Dikili gebracht werden. Doch Bürgermeister Mustafa Tosun befürchtet, dass sowohl Dikili als auch andere Regionen unzureichend vorbereitet sind. „Die Infrastruktur der gesamten Region ist nicht darauf ausgelegt, dass die Flüchtlinge hier bleiben“, sagte er gegenüber der Bild-Zeitung. Das betreffe etwa die medizinische oder die schulische Versorgung. Ein Flüchtlingslager zu errichten ist laut türkischer Zeitung Habertürk nicht geplant. Von einem Registrierzentrum aus sollen die Rückkehrer binnen 24 Stunden nach Izmir und in andere Regionen gebracht werden.
EU nimmt syrische Kriegsflüchtlinge auf
Gut 5000 Menschen sind seit Inkrafttreten des Flüchtlingspakts auf den griechischen Inseln angekommen und leben zurzeit in Auffanglagern. Dort sollen sie einen Asylantrag stellen. Aussicht auf Asyl in Griechenland haben nur diejenigen, die überzeugend darstellen können, „dass ihr Leben und ihre Rechte in der Türkei in Gefahr sind“. Alle anderen irregulär nach Griechenland Eingereisten werden in die Türkei zurückgeschickt. Im Gegenzug will die EU der Türkei die entsprechende Zahl regulärer syrischer Kriegsflüchtlinge abnehmen.
Auf dem griechischen Festland bleibt die Lage unterdessen prekär. Insgesamt stecken in Griechenland wegen der Schließung der Balkanroute mehr als 51.000 Flüchtlinge fest. Am Grenzübergang Idomeni an der mazedonischen Grenze sind es alleine 11.000 Flüchtlinge, 5700 sind am Hafen von Piräus gestrandet. Dort eskaliert die Lage immer mehr. So mussten acht Menschen nach einer Schlägerei unter Syrern und Afghanen in Krankenhäuser gebracht werden.
Unterdessen zeichnet sich ab, dass wieder mehr Flüchtlingsschiffe die Route über das Mittelmeer auf die italienische Insel Lampedusa nehmen.
Deutschland rechnet mit Umsetzung des Paktes
Nach Angaben der EU-Kommission soll am 4. April auch mit der Aufnahme der ersten syrischen Flüchtlinge aus der Türkei begonnen werden. Deutschland gilt als eines der ersten Aufnahmeländer, zu konkreten Plänen wollte sich die Bundesregierung aber noch nicht äußern. Ein Sprecher des Innenministeriums betonte aber, die Bundesregierung rechne fest mit dem Beginn der Umsetzung des Abkommens am Montag. Die Effekte des Paktes sind schwer abzuschätzen. Zwar sank die Zahl der Neuankömmlinge zunächst auf Null. Diese Woche wurden wieder knapp 800 neue Flüchtlinge gezählt.
(dpa/AS)