Zum 25. Symposium gab es eine Torte (v.l.): Österreichs Botschafter in Prag Alexander Grubmayr, der tschechische chrsitdemokratische Kulturminister Daniel Herman, der Bundesvorsitzende der Ackermann-Gemeinde, Martin Kastler (CSU), der tschechische Botschafter in Berlin Tomáš Podivínský, Brünns Oberbürgermeister Petr Vokřál, der deutsche Botschafter in Prag Arndt Freiherr Freytag von Loringhoven, der Vorsitzende der Bernard-Bolzano-Gesellschaft Matěj Spurný, Tomáš Kafka aus dem Prager Außenministerium und der Repräsentant der Ackermann-Gemeinde in Prag, Monsignore Anton Otte. (Foto: Ackermann-Gemeinde/Matthias Dörr/fkn)
Ackermann-Gemeinde

Wie viel Zuwanderung verträgt Europa?

Besonders brisant angesichts der Flüchtlingskrise: Die Frage „Wie viel Vielfalt vertragen unsere Gesellschaften?“ ist in Deutschland ein ebenso heißes Thema wie in der Tschechischen Republik, der Slowakei, Polen und Österreich. Beim 25. Symposium der sudetendeutschen Ackermann-Gemeinde im mährischen Brünn diskutierten darüber Politiker, Diplomaten, Wissenschaftler, Künstler und Kirchenleute.

„Wie viel Vielfalt vertragen unsere Gesellschaften?“ oder auch: „Wie viel Zuwanderung erträgt Europa?“ – über kaum eine Frage wird in Mitteleuropa derzeit erbitterter gestritten als über diese. Beim 25. Brünner Symposium der sudetendeutsch-katholischen Ackermann-Gemeinde und der Prager Bernard-Bolzano-Gesellschaft diskutierten Politiker, Diplomaten, Kirchenleute, Wissenschaftler und Künstler aus Deutschland, der Tschechischen Republik, Österreich, Polen und der Slowakei engagiert und kontrovers über die Folgen der Flüchtlingskrise für Europa.

Der Andrang des Publikums war überwältigend: Über 300 Teilnehmer waren in die hübsche mährische Provinzhauptstadt Brünn gekommen. Zahlreichen weiteren Angemeldeten musste aus die Ackermann-Gemeinde aus Kapazitätsgründen absagen.

Europäische Vertrauensgesellschaft oder Sorge um Seele Europas?

Der prominente Wiener Theologe Paul Zulehner sprach ein beeindruckendes Plädoyer für eine gemeinsame europäische Vertrauensgesellschaft, die die bisherige Angstgesellschaft verdrängen müsse. Die tschechische Ombudsfrau Anna Šabatová setzte sich hingegen dafür ein, dass Europa in der Flüchtlingskrise nicht seinen Verstand und seine Seele verlieren dürfe.

Der Bundesvorsitzende der Ackermann-Gemeinde, ehemalige CSU-Europaabgeordnete und Repräsentant der Hanns-Seidel-Stiftung in Prag, Preßburg und Budapest, Martin Kastler, zeigte auf, wie vielfältig die Diskurse in den verschiedenen mitteleuropäischen Ländern verlaufen und dass der deutsche Blick auf die mittelosteuropäischen Zivilgesellschaften oft viel zu kurz greift.

Faire und ausführliche Diskussionen

Der CDU-Bundestagsabgeordnete und ehemalige Ministerpräsident Sachsen-Anhalts, Christoph Bergner, mahnte mehr europäisches Miteinander bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise an. Zugleich zeigte er ein Stück Verständnis für Kanzlerin Merkels Entscheidung zu den Flüchtlingen in Budapest im September 2015. Persönliche Akzente setzte der Buchautor Hassan Ali Djan, der sehr authentisch über seine lebensgefährliche Flucht nach Deutschland und den Schwierigkeiten seiner Integration in Deutschland sprach. (Lesen Sie hier einen Bericht über eine Auftritt des Autors in München.)

Gemeinsam war allen Diskussionsrunden der Wille zum gemeinsamen europäischen Dialog. Der Tenor lautete, Veranstaltungen wie diese seinen unbedingt notwendig, um miteinander statt übereinander zu sprechen. Wie bei allen bisherigen Brünner Symposien zeichnete die Veranstaltung in einer besonders angenehmen Weise aus, dass sie den Podiumsteilnehmern ausreichend Zeit gab, ihre Argumente voll auszuführen und somit fachlich weit intensivere Diskussionen zu ermöglichen als zum Beispiel in Fernsehshows üblich.

Im vergangenen Jahr hatte das Brünner Symposium ein historisches Zeichen gesetzt: Der Brünner Oberbürgermeister Petr Vokřál kündigte an, aus Anlass des 70. Jahrestags des Brünner Todesmarsches, zum Zeichen der deutsch-tschechischen Versöhnung und der erstmaligen Anerkennung tschechischer Schuld einen „Brünner Lebensmarsch“ zu veranstalten (der Bayernkurier berichtete).

PM/Schatz/wog