Bundesinnenminister Thomas de Maizière. (Bild: Imago/Mike Schmidt)
Maizière in Afghanistan

Freiwillige Rückkehr von Afghanen gefordert

Die Zahl der Asylbewerber aus Afghanistan hat sich im vergangenen Jahr verfünfzehnfacht. Bundesinnenminister De Maizière spricht deswegen mit Regierungsvertretern in Kabul. Sein Angebot: finanzielle Starthilfen vor Ort für Menschen, die ihr Land aufbauen wollen. Im Norden des Landes gibt es laut De Mazière sichere Gebiete, in die Afghanen zurückkehren können.

Immer mehr Flüchtlinge machen sich aus Afghanistan auf den Weg nach Deutschland. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) will deshalb Asylbewerber von dort verstärkt in ihre Heimat zurückschicken. Dabei hält er als Anreiz auch finanzielle Hilfen für möglich. Es könne nicht sein, dass die afghanische Bevölkerung und gerade die jungen Leute ihr Land verließen, um in Deutschland eine wirtschaftlich bessere Zukunft zu suchen, während deutsche Soldaten Afghanistan sicherten, sagte de Maizière am Montag der Deutschen Presse-Agentur bei einem Besuch in der afghanischen Hauptstadt Kabul. „In Afghanistan werden von Schleusern Gerüchte über paradiesische Zustände in Deutschland gestreut, um Geschäfte zu machen. Das alles wollen wir nicht“, sagte der Minister.

Sichere Gebiete in Afghanistan

Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat seine Auffassung bekräftigt, dass es in Afghanistan genügend sichere Gebiete gebe, in die abgelehnte Asylbewerber zurückkehren könnten.

Im ZDF-„Morgenmagazin“ bekräftigt er, dass Afghanistan kein sicheres Herkunftsland ist, es aber sichere Gebiete im Norden des Landes gibt. Zugleich räumte er ein, dass das Leben in Afghanistan durch den täglichen Terror auch für Zivilisten gefährlich ist. „Natürlich gibt es schreckliche Anschläge. Es gibt auch sozusagen Kollateralschäden, wie man das nennt“, sagte der CDU-Politiker. „Aber das eigentliche Ziel sind Polizeistationen, sind Regierungsgebäude, sind Fernsehstationen, denen vorgeworfen wird, für die Regierung zu arbeiten.“

Startguthaben für freiwillige Rückkehr

Afghanen ohne Schutzperspektive in Deutschland sollten möglichst freiwillig in ihre Heimat zurückkehren – und zwar in jene Landesteile, die sicher seien, sagte de Maizière. Eventuell könnten diese Menschen vor Ort auch eine finanzielle Starthilfe bekommen, um sich wieder ein Leben in Afghanistan aufzubauen. Finanzielle Hilfen für die Heimreise können Flüchtlinge bereits heute beantragen. Die Zahl der Afghanen, die nach Deutschland fliehen, ist enorm gestiegen. Im vergangenen Jahr hatten die Behörden in Deutschland mehr als 150.000 Afghanen als Asylbewerber registriert. Sie waren damit die zweitgrößte Gruppe nach den Syrern. Zum Vergleich: 2014 stellten rund 10.000 Menschen aus Afghanistan einen Asylantrag.

Schutzquote für Afghanen bei knapp 50 Prozent

Die Entwicklung setzt sich seit Jahresbeginn fort. Vom 1. bis 18. Januar wurden nach Angaben aus Regierungskreisen mehr als 12.000 Asylsuchende aus Afghanistan in Deutschland registriert. „Wir wissen um unsere humanitäre Verantwortung gegenüber gefährdeten Ortskräften, die für uns gearbeitet haben und allein deswegen gefährdet sind“, sagte de Maizière. Ansonsten sei aber das Ziel, „dass die Menschen in Afghanistan bleiben und das Land aufbauen“.

Der Anteil derer, die mit ihrem Asylantrag in Deutschland Erfolg haben, lag bei Afghanen zuletzt bei 47,6 Prozent. Mehr als die Hälfte von ihnen muss das Land also wieder verlassen. Im Schnitt dauern die Asylverfahren bei ihnen derzeit aber mehr als ein Jahr (14 Monate). Doch zum Teil weigerte sich die afghanische Regierung bisher, abgelehnte Asylbewerber wieder aufzunehmen, beispielsweise weil Dokumente fehlten. De Maizière hofft, in Kabul mit verschiedenen Vertretern der afghanischen Regierung über diese Probleme zu sprechen und sie zur Zusammenarbeit zu bewegen. Bedenkt man, wie viel Geld Deutschland in Afghanistan investierte und noch investiert, und wie viele Bundeswehrsoldaten im Einsatz in Afghanistan starben, ist dies eigentlich das Mindeste, was man von dem Land erwarten kann.

Selbstmordanschlag in Kabul

Während des Besuchs von Innenminister Thomas de Maizière starben bei einem Selbstmordanschlag in der afghanischen Hauptstadt mindestens zehn Menschen. Mindestens 20 weitere seien verletzt worden, teilte der stellvertretende Innenminister Ajub Salangi per Kurznachrichtendienst Twitter mit. Die meisten Opfer seien Zivilisten. Innenminister de Maizière war zum Zeitpunkt des Anschlags mehrere Kilometer entfernt in der Deutschen Botschaft zu Gast.

Der Anschlag geschah am frühen Nachmittag an einer stark befahrenen Verkehrsader im Westen der Stadt vor dem Zoo. Ein Sprecher des Innenministeriums, Nadschib Danisch, sagte, ein Selbstmordattentäter habe sich am Tor eines Lagers der Nationalen Polizei für Öffentliche Ordnung in die Luft gesprengt. Er sei zu Fuß unterwegs gewesen. Welcher Extremistengruppe der Attentäter angehört, blieb zunächst unklar.

(dpa/AS)