Industriestandort: Gerade das Chemiedreieck Burghausen hat Probleme beim Verkehrsanschluss. (Bild: Imago/Westend61)
Industrie

Vizeweltmeister Bayern

Im internationalen vbw-Vergleich der Industriestandorte von insgesamt 45 Volkswirtschaften liegt Bayern zum dritten Mal in Folge auf dem zweiten Platz. Lediglich die Schweiz bietet noch bessere Bedingungen als Bayern, auf Platz drei folgen die USA.

Bei dem 45 Länder umfassenden fünften Vergleich der industriellen Standortbedingungen belegt der Freistaat den zweiten Platz und ist damit zum dritten Mal in Folge „Vizeweltmeister“. Bayern punktet im Standort-Ranking der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V. vor allem mit guten staatlichen Rahmenbedingungen, guter Infrastruktur, einem ausgeprägten Innovationsumfeld und breiten Wertschöpfungsketten. Die Ergebnisse belegten laut vbw, dass der Freistaat weiter „ein industrieller Spitzenstandort“ ist, an dem man „hervorragende Standortbedingungen“ vorfinde. Damit habe der Freistaat gute Voraussetzungen, um seine Wettbewerbsfähigkeit in Zeiten des digitalen und strukturellen Wandels zu erhalten und weiter auszubauen.

Bayern ist ein industrieller Spitzenstandort.

Bertram Brossardt, vbw

Spitzenreiter im Ranking ist zum dritten Mal in Folge die Schweiz. Auch die Platzierung Deutschlands auf Rang 4 und der USA auf Rang 3 bleibt gegenüber dem Vorjahr unverändert.

Bayern zweitbester Industriestandort

Im aktuellen Ranking wurden die für Investitionsentscheidungen relevanten Standortfaktoren untersucht. Bayern hat eine starke Industrie: Über ein Viertel der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung wird hier erzielt, weltweit die dritthöchste Industriedichte. „Basis für diesen Erfolg ist ein starker und wettbewerbsfähiger Industriestandort. Doch der Wettbewerbsdruck ist groß und der Unterschied zwischen Industrie- und Schwellenländern wird langsam, aber stetig kleiner“, mahnte „, so vbw Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt. „Bereits heute ist China unser größter Konkurrent auf den Weltmärkten. Mexiko liegt auf Rang drei der größten Wettbewerber Bayerns, Südkorea auf Platz sechs.“

Die stärksten Wettbewerber Bayerns auf den wichtigsten Exportmärkten des Freistaats sind: China, Kanada, Mexiko, USA, Japan, Südkorea, Großbritannien, Niederlande, Frankreich und Italien. „Angesichts des globalen Standort-Wettbewerbs dürfen wir uns nicht auf dem Erreichten ausruhen. Die Verbesserung der Qualität unseres Industriestandortes ist eine Daueraufgabe. Wir müssen Schwächen ab- und Stärken ausbauen. Hier sind vor allem Politik und Tarifparteien gefragt“, so Brossardt.

Die sechs Faktoren

In fünf der sechs untersuchten Teilbereichen liegt der Freistaat in den Top 10. Im Bereich Kosten rangiert der Freistaat weit am Ende der Rangliste auf Rang 40. Die relevanten Standortbedingungen werden in die sechs Themenbereiche Staat, Infrastruktur, Wissen, Ressourcen, Markt und Kosten eingeteilt und durch insgesamt 61 Indikatoren analysiert.

1. Staat

Dem Bereich Staat werden der allgemeine staatliche Ordnungsrahmen, das Regulierungsumfeld und die Bürokratie (unternehmerische Freiheit) als Kriterien zugeordnet. Der Freistaat belegt hier Rang 3.

Besonders interessant für die Politik der Staatsregierung: Deutschland (Rang 14) liegt hier klar hinter Bayern, was laut vbw daran liegt, „dass das Regierungshandeln effizienter und die unternehmerische und wirtschaftliche Freiheit im Freistaat höher sind als in der Bundesrepublik“. Beide letztgenannten Indikatoren sind in Bayern weltweit am höchsten. Einen Schwachpunkt haben der Freistaat und Deutschland bei der Arbeitsmarktregulierung.

2. Infrastruktur

Neben der Internet- und Breitbandversorgung werden in diesem Themenbereich die allgemeine Infrastruktur (inklusive Straßeninfrastruktur) und die Leistungsfähigkeit der Logistiksysteme bewertet. Indikatoren zu Seehäfen und Luftverkehr geben die internationale Anbindung wieder. Die infrastrukturellen Voraussetzungen werden in Bayern dank leistungsfähiger Logistiksysteme (Platz 1), einer überdurchschnittlichen Lebenserwartung und einer guten Informations- und Kommunikations-Infrastruktur als gut bewertet – insgesamt Rang 4, das ist besonders durch bessere Breitbandanbindung drei Ränge besser als im Vorjahr. Deutschland liegt hier auf Platz 2, was laut vbw daran liegt, dass die Quantität der Flughäfen und naturgemäß die Schiffshäfen besser aufgestellt seien als Bayern. Bei der Breitband- und Internetversorgung liegt der Freistaat vor dem Bund.

3. Wissen

Bayern (Platz 5) hat das beste Innovationsumfeld aller betrachteten Länder. Dieses beruht unter anderem auf einem regen Patentgeschehen, einer hohen Forschungsintensität, der höchsten MINT-Quote bei Absolventen und einer hohen Produktivität bei einer zeitgleich hohen Technologieabsorption der Unternehmen. Auch in den Bereichen Bildungssystem und Arbeitsbeziehungen (Kooperation zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern) wird Bayern überdurchschnittlich bewertet. Lediglich bei der Fachkräfteversorgung auf Basis der Bevölkerungsprognose und dem Anteil der Bevölkerung mit Tertiärbildung bekommt der Freistaat etwas schlechtere Bewertungen.

4. Ressourcen

Im Bereich Ressourcen gehen die Rohstoffproduktion und -reserven, die Energieversorgung und die Energieeffizienz sowie der Kapitalmarkt in die Bewertung ein. Naturgemäß erzielen Bayern (Platz 10) und Deutschland (Platz 11) als rohstoffarme Länder hier schwächere Bewertungen. Ein leistungsfähiger Kapitalmarkt und eine hohe Energieeffizienz verschaffen Bayern aber noch eine Platzierung in den Top 10.

5. Kosten

Als größte Herausforderung für den Standort Bayern gelten die Arbeits-, Export- und Energiekosten, nicht jedoch Steuer- und Zinskosten. Der Freistaat belegt nur Platz 40 (2015: Platz 38) – die meisten Industrienationen haben bei den Kosten naturgemäß einen Standortnachteil. Die Kosten für Arbeitskräfte sind der ausschlaggebende Faktor für Deutschlands etwas besseren Rang 36. Lediglich die Schweiz, Norwegen, Belgien und Dänemark zahlen mehr für ihre Arbeitskräfte. Aber: die bayerischen Arbeitskräfte sind dafür auch produktiver.

6. Markt

Bewertungskriterien in diesem Bereich sind Komponenten wie Kundenorientierung, Marktgröße, Beschaffenheit der Wertschöpfungsketten und Offenheit der Märkte. Der Freistaat punktet mit starken Industrie-Dienstleistungsverbünden, vorbildlichen Unternehmensclustern und breiten Wertschöpfungsketten – das ist Platz 3. Einzig die Perspektive des Marktwachstums ist weniger gut ausgeprägt, hat sich aber im Vergleich zum Vorjahr deutlich verbessert.