Kinder spielen am Strand am Mittelmeer bei Belek in der Türkei: Das Land ist bei den deutschen Urlaubern sehr beliebt. Insgesamt 5,5 Millionen Bundesbürger reisten nach Angaben örtlicher Behörden 2015 in das Land am Bosporus. Ob es dieses Jahr wieder so viele werden, bleibt abzuwarten. (Bild: Imago/Robert Michael)
Türkeireisen

Bomben im Urlaubs-Paradies

Der Terroranschlag in Istanbul trifft die Tourismusbranche der Türkei ins Mark. Das Land ist hinter Italien und Spanien das beliebteste Urlaubsziel der Deutschen. Millionen Bundesbürger reisten 2015 an die Strände und in die Hauptstadt des Landes am Bosporus. Sie stellen mit den größten Anteil der Türkei-Touristen. Ob sie sich 2016 neue Urlaubsziele suchen, bleibt abzuwarten.

Die Reiseveranstalter reagierten nach dem Terroranschlag in Istanbul umgehend: Wie andere auch bot etwa der größte Anbieter TUI für alle Istanbul-Reisen gebührenfreie Umbuchungen oder Stornierungen an. Möglich sei dies zunächst bis zum 18. Januar, teilte der Branchenprimus mit. Der Krisenstab der TUI Deutschland beobachte die Situation sehr genau und stehe in ständigem Kontakt mit den zuständigen Behörden sowie der Reiseleiterorganisation vor Ort, hieß es. Wie angespannt die Lage ist, darauf deutet die Tatsache hin, dass verunsicherte Kunden mit dem Ziel Istanbul gar nicht erst selbst zum Telefonhörer greifen müssen. Gäste mit Anreiseterminen bis zum 18. Januar würden aktiv von der TUI kontaktiert und über die Möglichkeit der Umbuchung oder Stornierung informiert, heißt es.

Auswärtiges Amt rät, Menschenansammlungen zu meiden

Das Auswärtige Amt rät derweil Urlaubern und anderen Bundesbürger dringend, in Istanbul und anderen türkischen Großstädten Menschenansammlungen vor touristischen Attraktionen und auch auf anderen öffentlichen Plätzen zu meiden.

Der Selbstmordanschlag vom vergangenen Dienstag ereignete sich bekanntlich an einer bei Touristen besonders beliebten Attraktion: im Istanbuler Altstadtviertel nahe der weltbekannten Hagia Sophia und der Blauen Moschee. Zehn Menschen verloren ihr Leben, darunter acht Deutsche (der Bayernkurier berichtete). Weitere neun Bundesbürger wurden bei dem Terroranschlag verletzt, der nach Angaben türkischer Behörden auf das Konto des sogenannten Islamischen Staats (IS) gehen soll.

Beim jüngsten Vergleich von Urlaubsnebenkosten in acht beliebten Reiseländern entpuppten sich die Türkei und Bulgarien als konkurrenzlos günstig. Dabei hatte das Land am Bosporus um Haaresbreite die Nase vorn.

Aus einem Testbericht des ADAC im Mai 2015

Die zuletzt insgesamt 5,5 Millionen deutschen Türkeiurlauber sind geschockt. Viele dürften nun noch mehr darüber ins Grübeln kommen, wie viel ihnen die Sicherheit in Zukunft wert ist. Zuletzt war das Land vor allem bei Familien mit knapperem Budget sehr beliebt. Der ADAC rechnete im vergangenen Jahr einmal genau nach und kam zu dem Ergebnis, dass die Türkei bei den Urlaubsnebenkosten „konkurrenzlos günstig“ sei.

Mit den Preisen für Artikel des täglichen Bedarfs stellt das Land am Bosporus demnach sogar seinen Nachbarn Bulgarien in den Schatten. 117,54 Euro errechneten die Reiseexperten des ADAC für einen fiktiven Warenkorb in der Türkei zusammen, in dem zum Beispiel Sonnencréme und Kekse Platz finden. Zum Vergleich: In Bulgarien kostet der Korb mit gleichem Inhalt 120,32, in Griechenland 145,55, in Spanien 148,70 und in Frankreich sogar stattliche 216,96 Euro. „Das gute und faire Preis-Leistungs-Verhältnis ist nicht zu toppen“, betonen daher auch die Türkei-Reise-Anbieter, die mit Mittelmeerzielen locken, die nur drei Flugstunden von Deutschland entfernt „und somit ein ideales Ziel für Reisen mit Kindern sind“. Einsame Strände, „trendige Buchten“ sowie „imposante Überreste aus antiken Stätten“ würden nur warten.

Anschläge bereits im Dezember

Der jüngste Terroranschlag hat das Bild vom traumhaften Urlaubsziel nun für viele zerstört: Explizite Warnungen für einzelne Urlaubsregionen am Meer gibt es zwar derzeit keine, das Auswärtige Amt rät aber auch bei Reisen über Land „zu besonderer Vorsicht“. Generell werde Deutschen, die sich in der Türkei aufhalten oder dorthin reisen möchte, empfohlen, sich zur Sicherheitslage laufend informiert zu halten. Zu erhöhter Vorsicht wird weiterhin bei Reisen in die Hauptstadt Istanbul geraten, in der es bereits im Dezember 2015 zu mehreren Anschlägen durch terroristische Gruppen gekommen sei: Am 1. Dezember explodierte an einer Metro-Station eine Rohrbombe, kurz vor Weihnachten erfolgte am 23. Dezember ein Angriff mit Mörsergranaten auf einen Teil des internationalen Flughafens Sabiha Gökçen, bei dem eine Mitarbeiterin des Flughafens getötet wurde.

Stornierungen halten sich in Grenzen

Von Stornierungen und Umbuchungen von Türkeireisen berichteten die Reiseveranstalter am Mittwoch nur vereinzelt. Für die TUI erklärte Sprecherin Susanne Stünckel gegenüber dem Bayernkurier zum Beispiel, dass von den zehn Gästen, die der Reiseveranstalter derzeit in Istanbul begleitet, lediglich einer umgebucht habe.

Ein Trend kann sich nach Angaben der Sprecherin daraus freilich nicht ablesen lassen. In Istanbul herrsche derzeit „absolute Nebensaison“. Aus den Regionen der Türkei am Mittelmeer hat TUI derweil noch überhaupt keine Anfragen von Touristen erhalten, die vorzeitig abreisen wollen, erklärte Stünckel. Und für die kommende Urlaubssaison könnten zurzeit noch „keine qualifizierten Aussagen“ gemacht werden. Alles hänge davon ab, „wie sich die Situation entwickelt und wie die Nachrichtenlage in der Türkei ist“. Aus der Vergangenheit weiß die Sprecherin aber zu berichten, dass sich das Geschäft in der Bosporus-Region sehr gut entwickelt habe, obwohl Istanbul öfter schon Zielscheibe von Anschlägen gewesen ist.