Das Galileo-System wird die Welt umspannen. Hochpräzise Positionsbestimmungen sind dann an jedem Punkt der Erde möglich. Bild: DLR
Satellitennavigation

Erfolgreichstes Jahr für Galileo

Die Kosten stiegen in schwindelerregende Höhe, der Streit um die Finanzierung warf das Projekt Galileo um Jahre zurück. Das Weltraumprogramm war lange Zeit der Aufreger schlechthin. Seit die EU-Kommission das Kommando hat, ist es ruhiger um das europäische Satellitennavigationssystem geworden. Der Aufbau im Weltraum kommt voran. Diese Woche ist Galileo wieder ein gutes Stück gewachsen.

Mit „Adriana“ und „Liene“ sind seit diesem Donnerstag zwei neue Galileo-Satelliten im All. Eine russische Sojus-Trägerrakete brachte sie am Morgen vom europäischen Weltraum-Bahnhof Kourou in Französisch-Guyana in ihre Umlaufbahn, gut 23.000 Kilometer über der Erdoberfläche. Allen Unkenrufen zum Trotz wächst das europäische Navigationssystem zusehends: „Dieses Jahr war das bisher erfolgreichste für Galileo, da durch die drei Satellitenstarts die Anzahl der Galileo-Satelliten im Weltraum von sechs auf zwölf verdoppelt wurde“, freut sich René Kleeßen, Galileo-Programm-Manager beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Negativschlagzeilen verschwinden

Die Erleichterung über die Fortschritte ist den Verantwortlichen anzumerken. Noch vor zwei Jahren hagelte es Negativschlagzeilen auf das ehrgeizige Projekt, das Europa von den anderen Weltraumnationen unabhängig machen soll. „Europa schießt keine Satelliten pünktlich ins All“, wetterte zum Beispiel Die Welt im Oktober 2013. Zu diesem Zeitpunkt waren gerade einmal zwei Test- und vier Vorläufer der folgenden Seriensatelliten im All. Es hakte an allen Ecken und Enden.

Kosten steigen vermutlich auf sechs Milliarden Euro

Zwei Jahre und viele Millionen Euro später scheint nun alles in geordneten Bahnen zu verlaufen. Die Europäische Weltraumagentur ESA und die OHB System AG in Bremen, sie baut mindestens 22 der 30 Satelliten, kommen voran. Mit rund siebenjähriger Verspätung soll Galileo jetzt 2020 voll einsatzbereit sein. Die Kosten bis dahin schätzen Experten auf rund sechs Milliarden Euro. 2013 wurde im EU-Haushalt noch mit 3,4 Milliarden Euro geplant. In Zeiten, in denen die Europäische Zentralbank monatlich Milliarden für Anleihen verpulvert und die EU maroden Staaten wie Griechenland mit horrenden Hilfspaketen unter die Arme greift, mag sich über Kostensteigerungen bei Galileo aber offenbar niemand mehr so recht aufregen – zumal das Geld vergleichsweise gut angelegt scheint.

Bayern profitiert

Auch Bayern profitiert von Galileo, die Satelliten des Systems werden zum Teil vom Freistaat aus gesteuert. In gut einer Woche übernimmt das Galileo-Kontrollzentrum in Oberpfaffenhofen bei München die Verantwortung für die am Donnerstag gestartete Mission. „Wir haben die Übernahme der neuen Satelliten in den vergangenen Monaten intensiv vorbereitet und sind gut gerüstet für die Aufgaben“, sagt der Geschäftsführer des Kontrollzentrums (DLR GfR mbH), Walter Päffgen. Im kommenden Jahr werden weitere Satelliten dazukommen, die Schlagzahl wird sogar erhöht. Nach Angaben der Verantwortlichen wird neben der russischen Sojus- auch die Ariane-5-Rakete zum Einsatz kommen. Sie kann vier Galileo-Satelliten auf einmal in den Weltraum bringen, die russische Rakete nur zwei.

Diese beiden GATEs zeigen, dass Galileo mehr zu bieten hat, als nur eine verbesserte Satellitennavigation im Auto. Mit Galileo-Signalen können durch präzise Navigation zum Beispiel Güterwagen autonom rangiert, Sicherheitsintervalle zwischen zwei Zugfahrten verkürzt oder Auffahrunfälle an Stauenden vermieden werden.

Oliver Funke, GATEs-Projektleiter im DLR

Am Boden wird seit Jahren an den Anwendungen für das teure System getüftelt, das mit seiner Genauigkeit die Konkurrenz aus den USA, Russland und China ausstechen soll. Dazu wurden vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) bereits Testgebiete in Berchtesgaden, Rostock und Braunschweig ausgewiesen. Im Mai dieses Jahres kamen die Galileo Test- und Entwicklungsumgebungen „aumotiveGATE“ und „railGATE“ in der Nähe von Aachen dazu. Auch hier testen Forscher und Industrie moderne Navigationstechniken und Instrumente unter Echtzeitbedingungen.

Die GATEs würden zeigen, dass Galileo mehr zu bieten habe „als eine verbesserte Satellitennavigation im Auto“, betont der zuständige Projektleiter Oliver Funke. Demnach können mit Galileo-Signalen dank präziser Navigation zum Beispiel Güterwagen autonom rangiert, Sicherheitsintervalle zwischen zwei Zugfahrten verkürzt oder Auffahrunfälle an Stauenden vermieden werden. Funke: „Die Technik hierfür wird in diesen beiden Testzentren entwickelt und soll zum Start von Galileo zur Verfügung stehen.“