Mario Draghis Maßnahmen laufen ins Leere, sagen die Kritiker des EZB-Präsidenten. Die Börsen reagieren dagegen verzückt auf eine mögliche Ausweitung des Anleihekaufprogramms. Bild: EZB
EZB-Geldpolitik

Und täglich grüßt das Murmeltier

Die Börsen jubeln, der Euro geht auf Talfahrt: Mario Draghi spielt wieder einmal laut mit dem Gedanken, noch mehr Geld in die Märkte zu pumpen, um Wirtschaft und Inflation im Euroraum anzukurbeln. In Deutschland raten Experten dringend davon ab.

Und täglich grüßt das Murmeltier! Der Italiener sagt etwas, und der Dax schießt in die Höhe: Schon die Ankündigung von EZB-Chef Mario Draghi am Donnerstag, das gefährliche Anleihekaufprogramm noch weiter auszudehnen, ließ die Börsianer wie Fleckvieh zu den Trögen rennen. Mit der Aussicht auf noch mehr Geld in den Märkten griffen die Spekulanten gerne zu. Schon während der Pressekonferenz der Notenbankchefs schoss gestern der deutsche Leitindex um 2,5 Prozent in die Höhe, während der Euro um 1,8 Prozent abschmierte.

Der EZB-Rat ist gewillt und in der Lage, zu handeln, indem er alle Instrumente nutzt

EZB-Präsident Mario Draghi

„Der EZB-Rat ist gewillt und in der Lage, zu handeln, indem er alle Instrumente nutzt“, kündigte Draghi an. Die „Instrumente“ gelten vor allem für Sparer als Folterwerkzeuge, schließlich werden mit der Masse an Geld die Euros auf den Konten immer weniger wert. Zinsen bekommen sie bekanntlich schon länger fast keine mehr. Der Leitzins klebt bei mickrigen 0,05 Prozent. Zudem kauft die EZB bis mindestens September 2016 für monatlich 60 Milliarden Euro Staatsanleihen und andere Papiere. Insgesamt sind dafür rund 1,1 Billionen Euro vorgesehen, 371 Milliarden wurden allein für Staatsanleihen schon ausgegeben. Zum Entsetzen der Kritiker des Programms denkt Draghi jetzt darüber nach, noch weiter zu gehen: „Wir sind bereit, die Ausgestaltung des Kaufprogramms anzupassen.“ Mit anderen Worten: Der Italiener will noch mehr Geld ausgeben.

In Deutschland ist die Konsumfreude groß

Das ausgegebene Geld soll nach dem Willen der EZB im Idealfall nicht zum Spekulieren an der Börse dienen, sondern über Geschäftsbanken in Form von Krediten bei Unternehmen und Verbrauchern ankommen. Die sollen es wiederum investieren und kräftig konsumieren. Das klappt in Deutschland sogar ganz gut: Wie mehrfach berichtet, boomt die Wirtschaft hierzulande vor allem dank der Konsumfreude der Verbraucher. Die niedrigen Zinsen locken, und nicht wenige Bürger verschulden sich bis über beide Ohren, um auch größere Anschaffungen machen zu können. Die Investitionsfreude der Unternehmen hatte zuletzt aber auch im Freistaat gelitten, berichtete in dieser Woche der bayerische Handwerkstag. Der Industrie- und Handelskammertag nannte neben anderen Faktoren eine nur schleppende Erholung der Eurozone, die die Wachstumserwartungen auch hierzulande bremst.

Draghi ist von seinem Inflationsziel Lichtjahre entfernt

Draghi will die gesamte Eurozone in Schwung bringen, und er hält stur an seinem Kurs fest. Der Italiener lässt wissen, dass das EZB-Programm reibungslos laufe und sich die Kreditbedingungen für Unternehmen und Haushalte verbessert hätten. Nur gebracht hat es sehr wenig, und auch der Notenbankchef muss einräumen, dass er sich um das Wirtschaftswachstum und die Inflation im Euroraum Sorgen macht. Eine Teuerungsrate von zwei Prozent hatte Draghi als Ziel ausgegeben. Davon ist er Lichtjahre entfernt: Im September sank die Inflation auf -0,1 Prozent, im August war eine Teuerung mit +0,1 Prozent immerhin noch vorhanden.

Ich rate dazu, nicht in hektischen Aktionismus zu verfallen und jetzt Kurs zu halten

Bundesbankpräsident Jens Weidmann

Finanzexperten bezweifeln, dass eine Ausweitung des Anleihekaufprogramms einen Nutzen bringen würde. Sie sprechen von einer „Verzweiflungstat“. Die Erholung im Euroraum sei „weiterhin intakt“, sagen sie. Auch Bundesbankpräsident Jens Weidmann sieht zurzeit keine Notwendigkeit für weitere Schritte der EZB: „Ich rate dazu, nicht in hektischen Aktionismus zu verfallen und jetzt Kurs zu halten.“ Hauptgrund für die geringe Inflation sei der gesunkene Ölpreis. Dessen Einfluss werde aber nur vorübergehend sein.