Den Traum von einer eigenen Insel können sich Millionäre zurzeit in Griechenland zum Schnäppchenpreis erfüllen. Bild: Imago
Reformen in Griechenland

Privatisierungen endlich angelaufen

In Griechenland geht es jetzt Schlag auf Schlag: Während Ministerpräsident Alexis Tsipras heute Abend neue Reformen durchs Parlament peitschen muss, bekommen seine Wähler die ersten schon zu spüren: Die Preise steigen merklich. Ausländische Investoren freuen sich derweil über Schnäppchen in Form von Inseln.

Warren Buffett ließ die Meldungen über den angeblichen Kauf einer griechischen Insel umgehend dementieren. Vielleicht ist dem Milliardär das Angebot auch einfach zu banal. Auf dem Marktplatz „Private Islands“ werden die Inseln im Internet angepriesen. Beinahe wie bei Ebay oder Amazon steht das Objekt der Begierde hübsch bebildert samt Preis im virtuellen Schaufenster: Schon für 1,6 Millionen Euro ist zum Beispiel „St. Athanasios Island“ im Golf von Korinth zu haben: ein knapp 11.000 Quadratmeter großes, kreisrundes Eiland mit Strand, Kiefern und Olivenbäumen. In dem Online-Angebot fehlt eigentlich nur noch die „Sofort Kaufen“-Schaltfläche.

Johnny Depp angeblich schon stolzer Inselbesitzer

Andere Promis sollen längst zugeschlagen haben. Zum Beispiel hält sich hartnäckig das Gerücht, dass der Schauspieler Johnny Depp stolzer Inselbesitzer in Griechenland ist. Als Verkäufer tritt bei den Geschäften aber nicht der Staat in Erscheinung. Auch wenn er dazu verdonnert worden ist, Privatisierungen im Land voranzutreiben, ist es ihm nicht gestattet, Inseln, die der Allgemeinheit gehören, zu versilbern. Das Land profitiert aber dennoch, wenn sich Griechen von ihren Inseln trennen; es sprudelt reichlich Grundsteuer.

Was fehlt, ist Wettbewerbsfähigkeit und Innovationen

Das Ergebnis einer Umfrage des Datenanbieters Bloomberg unter 34 Ökonomen führender Banken und Finanzdienstleister sorgt für Unruhe: Kaum einer der Experten kann sich vorstellen, dass mit dem Verkauf griechischer Staatsunternehmen und von griechischem Staatseigentum wie vorgesehen 50 Milliarden Euro erlöst werden können.

Und Edmund Phelps, Wirtschaftsnobelpreisträger von 2006, der an der New Yorker Columbia-Universität lehrt, sieht die Wurzel des griechischen Übels nicht nur im hohen Schuldenberg. Vielmehr müsse das Land wieder lernen, worauf es in der Wirtschaft wirklich ankomme und was Wohlstand schaffe: Innovationen. Dafür seien die alten Strukturen ungeeignet, so Phelps: „In einem Land, bei dem die öffentlich Bediensteten einen Bonus bekommen, nur weil sie pünktlich zur Arbeit erscheinen, sind die Bedingungen reichlich schlecht.“ Die Privatwirtschaft sei durch Gesetze weitgehend geschützt gegen Konkurrenten. Dieser Mangel an Wettbewerb spiele nur einzelnen Oligarchen in die Hände, die sogar noch von Steuern befreit seien. Diese Abschottung zeige auch die „obszön hohe Gewinnquote“ der griechischen Volkswirtschaft. Gemessen an der Wirtschaftsleistung, läge sie bei 46 Prozent, in Deutschland nur bei 39 Prozent.

Auch viele Touristen können ein Lied von der fehlenden Innovationsfähigkeit Griechenlands singen, insbesondere die Segler. Während andere zentrale europäische Segelgebiete wie Kroatien seit der Staatswerdung 1991 die gesamte Segelinfrastruktur von Grund auf modernisiert und selbst auf kleinen Inseln überall neue Marinas und Stege mit Wasser- und Stromanschluss für jeden Anlegeplatz installiert haben, hinkt Griechenland dieser Entwicklung seit Jahren um Meilen hinterher. Aufgrund seiner zahlreichen Inseln wäre das Land eigentlich das vorprogrammierte Segelparadies Europas.

Höhere Mehrwertsteuer spült Geld in die Staatskasse

Mehr Geld spült seit Anfang dieser Woche Griechenland auch die Mehrwehrsteuer in die öffentlichen Kassen. Die Erhöhung auf bis zu 23 Prozent war eine der schmerzhaften Sofortmaßnahmen, die die Tsipras-Regierung nach viel zu langer Untätigkeit ergreifen musste, damit ihre Gläubiger nicht den Geldhahn zudrehen. Die Staatsbeamten haben bei den Aufschlägen nun zumindest ein wenig Licht in den griechischen Steuer-Dschungel gebracht. So gelten jetzt drei unterschiedliche Mehrwertsteuersätze: Sechs, 13 und 23 Prozent. Was um wie viel teurer geworden ist, war auf Anhieb dennoch schwer zu entschlüsseln, weil zum Beispiel unterschiedlichen Fleischsorten auch unterschiedliche Mehrwertsteuersätze zugeordnet worden sind. Spiegel Online rechnete Anfang dieser Woche vor, dass der Schokoriegel in Griechenland über Nacht um 20 Cent teurer geworden war und ein Stück Butter nun 1,90 statt 1,50 Euro kostet. Die Griechen sind jedenfalls über Tsipras verärgert, der gesamte Einkauf ist nach Schätzungen von Händler um rund 20 Prozent teurer.

Keine Gnade für Schuldner

Nach Einschätzung von EU-Beamten hält sich die Regierung in Athen bislang an den festgezurrten Zeitplan für die Reformen. Mittwoch Abend sollen weitere Neuerungen auf den Weg gebracht werden. Das Parlament muss unter anderem die Modernisierung des verfilzten Justizsystems durchwinken und neue Richtlinien für die Sanierung und Abwicklung von Banken verabschieden. Dabei gilt es vor allem für Sparer, eine dicke Kröte zu schlucken: Guthaben in Höhe von bis zu 100.000 Euro sollen zwar unangetastet bleiben, Sparer mit höheren Geldeinlagen sollen in Zukunft aber an der Rekapitalisierung maroder Banken beteiligt werden. Keine Gnade gibt es laut Reformplan zudem mehr für säumige Kreditnehmer. Sie verlieren ihre Wohnung, wenn Zins- und Tilgung nicht rechtzeitig bezahlt sind.