„Das Warten auf den Aufwärtstrend geht weiter“, teilte der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau VDMA Bayern in München mit. Aus dem Inland hingegen bekamen die Unternehmen zwar mehr Aufträge, konnten den Rückgang aus dem Ausland damit aber nicht ausgleichen: Insgesamt blieb der Auftragseingang um sieben Prozent unter dem Vorjahresmonat. Für die ersten vier Monate ergibt sich damit nach Angaben des VDMA nur noch ein „bescheidener Bestellzuwachs“ von zwei Prozent. Da viele Bestellungen eine lange Vorlaufzeit haben, gilt der Auftragseingang im Maschinenbau auch als Indikator für den künftigen Umsatz. Mit mehr als 200.000 Beschäftigten gehört der Maschinenbau zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen in Bayern.
Russlandkrise schadet
Eine Ursache für die ausbleibenden Aufträge: Die Wirtschaftskrise in Russland und die Sanktionen der Europäischen Union hinterlassen auch tiefe Spuren im deutschen Maschinenbau. Die deutschen Maschinenexporte in das Putins Riesenreich sanken im ersten Quartal 2015 um gut 28 Prozent zum Vorjahr, wie der Branchenverband VDMA in Frankfurt mitteilte. „Leider hat sich der Abwärtstrend bei den Maschinenbauexporten zu Beginn dieses Jahres noch beschleunigt“, so VDMA-Präsident Reinhold Festge. In der Rangliste der wichtigsten Abnehmerländer sei Russland von Platz vier 2013 inzwischen auf Rang zehn zurückgefallen.
Bayerns Unternehmen sind verhalten optimistisch
Die Wirtschaft in Bayern boomt. Quer durch alle Branchen berichten die Unternehmen von einer sehr guten Geschäftslage und rechnen im Jahresverlauf mit deutlichen Zuwächsen. Derzeit sind 44 Prozent aller befragten Betriebe mit ihrer Geschäftslage zufrieden, nur 8 Prozent bewerten die Situation als „schlecht“. Mit besseren Geschäften in den kommenden zwölf Monaten rechneten 30 Prozent der Befragten, mit einer Eintrübung 10 Prozent. Der Konjunkturindex des Bayerischen Industrie- und Handelskammertages (BIHK) legte zum zweiten Mal in Folge zu und ist seit Jahresbeginn von 122 auf 127 Punkte geklettert. Dies ergab vor Kurzem die Frühjahrs-Konjunkturumfrage des BIHK unter rund 4.000 Betrieben in Bayern. „Die Unternehmen profitieren vom starken privaten Konsum. Außerdem begünstigt der schwache Euro das Exportgeschäft mit den USA und Asien“, sagte BIHK-Hauptgeschäftsführer Peter Driessen in München.
Die Politik muss sich wieder mehr darum kümmern, wie Wohlstand entsteht, und weniger darum, wie er verteilt wird.
BIHK-Hauptgeschäftsführer Peter Driessen
„Über die Jahresfrist hinaus sind die Betriebe im Freistaat jedoch nicht so optimistisch, denn sie halten sich bei Investitionen weiterhin zurück.“ Dass die Unternehmen trotz der anziehenden Konjunktur und guter Finanzierungsmöglichkeiten bei den Investitionen zögern, sei ein Indiz für die sinkende Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Bayern, so der BIHK-Chef. „Die Unternehmen befürchten noch mehr Eingriffe, noch mehr Bürokratie und noch mehr Verzögerungen bei der Energiewende und großen Infrastrukturprojekten wie der dritten Start- und Landebahn am Münchner Flughafen“, kritisierte Driessen. „Die Politik muss sich wieder mehr darum kümmern, wie Wohlstand entsteht, und weniger darum, wie er verteilt wird.“ Sorgen bereitet der Wirtschaft auch der zunehmende Fachkräftemangel: 42 Prozent der Unternehmen sehen darin ein Risiko für die Geschäftsentwicklung. Dies ist der höchste Wert seit Beginn der Erhebung im Jahr 2010.
Aufträge aus Asien und Nordamerika
In der bayerischen Industrie zieht nach einem eher schwachen Jahresstart die Nachfrage an. Besonders deutlich steigen die Aufträge im wichtigen Nordamerikageschäft und aus Asien. Die Stimmung in der Bauwirtschaft ist hervorragend, da die Betriebe sehr gut ausgelastet sind und die Geschäftserwartungen auf Rekordwert liegen. Im Einzelhandel haben sich die ohnehin schon guten Aussichten aufgrund der stabilen Beschäftigung und den wachsenden Einkommen der Verbraucher noch einmal verbessert. Die sinkenden Öl- und Benzinpreise geben den Verbrauchern noch mehr Spielraum für Ausgaben. Auch das Dienstleistungsgewerbe als Jobmotor der bayerischen Wirtschaft erwartet weiterhin eine günstige Geschäftsentwicklung. Bei den Beschäftigungsplänen sind die Dienstleister aber etwas zurückhaltender als zuletzt. Der Arbeitsmarkt im Freistaat wird laut BIHK-Konjunkturumfrage äußerst robust bleiben. 72 Prozent der Betriebe im Freistaat planen keine Veränderungen bei der Zahl ihrer Mitarbeiter, 17 Prozent planen einen Stellenaufbau und nur 11 Prozent geben an, Jobs zu streichen. „Der bayerische Arbeitsmarkt wird mit seinen niedrigen Arbeitslosenquoten weiter deutschlandweite Bestmarken setzen“, so BIHK-Chef Driessen.
Mehr Investitionen in ausländische Standorte
Eine aktuelle Untersuchung der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. (vbw) zeigte zugleich, dass die bayerische Industrie immer stärker in ausländische Standorte investiert. Jedes zweite Industrieunternehmen aus dem Freistaat hat mindestens eine Produktionsstätte im Ausland. „Der Bestand an Direktinvestitionen im Ausland hat sich von 15 Milliarden Euro im Jahr 1995 auf knapp 85 Milliarden Euro im Jahr 2012 fast versechsfacht. Das Bruttoanlagevermögen in Bayern stieg im selben Zeitraum dagegen nur um 23 Prozent an. Das zeigt: Die Musik spielt für die bayerischen Industrieunternehmen im Ausland“, so vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt. Zwar gehe die stark internationale Ausrichtung bislang nicht zulasten des heimischen Standorts. „Zahlreiche bayerische Industrieunternehmen haben ihre Wertschöpfungsketten internationalisiert und durch die globale Aufstellung ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöht. Die industrielle Wertschöpfung im Inland ist merklich gestiegen“, so Brossardt. Allerdings lag der industrielle Wertschöpfungsanteil in Bayern 2011 bei 27 Prozent und ging seitdem leicht zurück. Zudem stagniere die Zahl der Erwerbstätigen in der bayerischen Industrie seit dem Jahr 2000. Ihr Anteil an allen Erwerbstätigen Bayerns ging von 22,7 auf 20,6 Prozent zurück.
Von den Betrieben mit weniger als 50 Beschäftigten produzieren knapp 15 Prozent auch im Ausland. Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten sind zu etwa 41 Prozent jenseits der Grenzen vertreten. Von den Firmen mit mehr als 250 Beschäftigten haben 63 Prozent mindestens eine Produktionsstätte im Ausland. Knapp 40 Prozent der bayerischen Unternehmen haben Standorte in Mittel- und Osteuropa. An zweiter Stelle folgen mit knapp 29 Prozent klassische Industriestaaten in Westeuropa, den USA und Japan. 22,5 Prozent der Firmen haben mittlerweile Produktionsstandorte in China und 17,5 Prozent in anderen Schwellenländern. Als Grund dafür nannten die Unternehmen Kostenaspekte (42 Prozent) und die Markterschließung (26 Prozent).