Die Dozenten kommen alle aus der Praxis. (Bild: HDBW)
Wirtschaft

Studieren mit den Praktikern

Die Hochschule der Bayerischen Wirtschaft bringt angehende Akademiker und Unternehmen zusammen. Wer hier seine Ausbildung absolviert, lernt gleichzeitig das Arbeitsleben kennen.

Die Ausbildung zum staatlich geprüften Elektrotechniker hatte Benjamin Oberauer bereits in der Tasche. Er arbeitet in einem mittelständischen Unternehmen und machte den Abschluss berufsbegleitend. „Das hat so viel Spaß gemacht, dass ich weitermachen wollte – und da blieb mir bloß noch das Studium“, sagt Benjamin. Er googelt und findet die private Hochschule der Bayerischen Wirtschaft (HDBW), ein Startup in der bayerischen Hochschullandschaft.

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Neues Konzept: Die Hochschule der Bayerischen Wirtschaft

Wo einst Flugzeuge rollten, büffeln heute 107 Studenten. Einer der drei Hochschulstandorte ist das Messegelände Riem, das auf dem Areal des ehemaligen Flughafens entstanden ist. Auch in Traunstein und Bamberg gibt es Dependancen der HDBW. Dort studieren 22 beziehungsweise 19 Studenten. Bewerber haben die Wahl zwischen den drei Bachelor-Studiengängen Betriebswirtschaft, Wirtschaftsingenieurwesen und Maschinenbau. Außerdem können sie sich zwischen den Varianten Vollzeitstudium und berufsbegleitendes Studium entscheiden. Ein dualer Studiengang soll demnächst folgen.

Kampf gegen Fachkräftemangel

Die Idee zur Gründung der Fachhochschule entstand 2012, ausgelöst durch den Fachkräftemangel in Bayern gerade in den technischen Berufen. Nach Auskunft der bayerischen Metall- und Elektro-Arbeitgeberverbände können 45 Prozent der Betriebe im Freistaat nicht jede freie Stelle besetzen. Der wichtigste Grund: Es fehlen geeignete Bewerber. Genau da will die Fachhochschule ansetzen. Einige sind bereits auf den Zug aufgesprungen. So bekommen elf Prozent der Studenten finanzielle Unterstützung ihres Arbeitgebers. Zu den Partnern und Unterstützern der HDBW zählen namhafte Firmen wie die Bauer AG, MAN, Siemens, Schaeffler und Wacker Chemie.

Viel Wert auf Praxis gelegt

Nach sieben Semestern – ein Semester für Vollzeitstudenten ist davon ein Praxissemester, das auch im Ausland absolviert werden kann – sollen sie berufsqualifiziert direkt in die Industrie einsteigen können. Ein Teil der Studenten hat bereits einen Arbeitsplatz sicher. Dazu zählen vorzugsweise diejenigen, die berufsbegleitend studieren – derzeit 42 Prozent.

Wer hier studiert, profitiert von den direkten Kontakten in die Wirtschaft.

Damit es nach dem Abschluss für alle reibungslos ans Geldverdienen geht, sind die Studenten von Anfang an in die Praxis eingebunden. So nehmen sie im zweiten Semester an Forschungsprojekten in den Unternehmen teil und können als Werkstudent arbeiten. Die Praxisausbildung für die technischen Studiengänge findet in den Technikräumen der Firmen statt. Dazu zählen unter anderem Knorr-Bremse in München, Robert Bosch in Bamberg und BSH Hausgeräte nahe Traunstein.

Dass der Praxisbezug an erster Stelle steht, bestätigt Konstantin Willenberg. Er studiert vollzeit Betriebswirtschaft im vierten Semester und gehört damit zum ersten Jahrgang: „Es wird viel Wert auf Teamarbeit gelegt und die Professoren nehmen sich immer Zeit. Auch nach den Vorlesungen kann ich ihnen Fragen stellen.“ Mindestens ebenso wichtig wie die universitäre Ausbildung ist für die Studenten das Netz an Kontakten, das die Dozenten mitbringen. Nur ein Teil der Professoren ist festangestellt, viele Dozenten kommen von extern und alle direkt aus der Praxis. Voraussetzung für die Lehrtätigkeit ist mindestens fünf Jahre Berufserfahrung. Wer hier studiert, profitiert so von den direkten Kontakten in die Wirtschaft und zu anderen Wissenschaftseinrichtungen.

Von der TU zur HDBW

An der Spitze der HDBW steht seit November 2015 Präsidentin Evelyn Ehrenberger. Die promovierte Chemikerin war Vizepräsidentin für Entrepreneurship und Geistiges Eigentum an der Technischen Universität München und hatte die Geschäftsführung der TUM International GmbH inne. Jetzt bringt sie neben ihrem Netzwerk vor allem ihre Faszination für die Wissenschaft in das neue Amt mit ein. Ihre größte Herausforderung sieht Ehrenberger darin, die HDBW in ihrer Marke bekannt zu machen. Und sie hat Pläne, wie sie die HDBW weiterentwickeln möchte: Master-Studiengänge sollen angeboten und die Forschung ausgebaut werden.

Gebühren und Stipendien

Bewerber müssen für den Vollzeitstudiengang ein Abitur oder Fachabitur mitbringen. In den berufsbegleitenden Studiengängen werden auch diejenigen berücksichtigt, die über keine allgemeine Hochschulreife verfügen. Sie qualifizieren sich durch Meisterabschluss und Berufserfahrung.

Wenn man mit Spaß dabei ist, funktioniert das bestens, Arbeit, Studium und Freizeit unter einen Hut zu bringen.

Benjamin Oberauer, Student

Träger der privaten, staatlich anerkannten Fachschule ist das Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft. Die Kosten für das Studium liegen bei etwa 3000 Euro im Semester, etwas weniger zahlen die BWL-Studenten, weil sie keine praktische Laborausbildung brauchen. Neben Stipendienmöglichkeiten, beispielsweise über die Zeidler-Forschungs-Stiftung, kann das Studium auch über Unternehmen finanziert werden. Benjamin Oberauer zählt zu den elf Prozent der Studenten, die finanzielle Unterstützung vom Arbeitgeber bekommen. Dass er 2014 den ersten Wirtschaftsingenieurstudiengang startete, hat er bislang nicht bereut – auch wenn der Sonntag für ihn einen neuen Stellenwert bekommen hat. „Wenn man mit Spaß dabei ist, funktioniert das bestens, Arbeit, Studium und Freizeit unter einen Hut zu bringen.“ Immerhin weiß er genau, wofür er Zeit und Arbeit investiert. „Mein Ziel ist die technische Leitung und irgendwann auch die Geschäftsleitung“, verkündet Benjamin.

Infotage 2016

Auf dem HDBW-Campus in München und an den regionalen Studienzentren in Bamberg und Traunstein finden einmal im Monat Informationsveranstaltungen für Schüler, interessierte Eltern, Berufstätige und Arbeitgeber statt. Die nächsten Infotage sind in München am 29. November und am 8. Dezember in Traunstein. Weitere Infos bietet die Website der HDBW.