Bayerns Wirtschaft brummt, im Bild das Chemiedreieck bei Burghausen. (Bild: Imago/Westend61)
Wirtschaft

Damit die weiß-blaue Wirtschaft weiter brummt

Gastbeitrag Von Fachkräftemangel bis Infrastruktur: Was zu tun ist, damit Bayern weiter Spitze bleibt. Ein Gastbeitrag von Hans Michelbach aus dem aktuellen BAYERNKURIER-Magazin.

Bayern geht es gut. Das ist vor allem eine Leistung der mittelständischen Wirtschaft und ihrer Beschäftigten. Der Mittelstand ist das Rückgrat der bayerischen Wirtschaft. Er steht für 60 Prozent der Arbeitsplätze und 80 Prozent der Ausbildungsplätze im Land. Der Mittelstand trägt wesentlich zur Vollbeschäftigung unter dem weißblauen Himmel bei. Doch wirtschaftlicher Erfolg ist kein Selbstläufer. Er muss jeden Tag aufs Neue erarbeitet werden. Und auch der Staat entscheidet mit über Erfolg oder Misserfolg. Nur wenn die Rahmenbedingungen stimmen, können die wirtschaftlichen Anstrengungen die bestmögliche Wirkung erzielen. Das gilt aktuell in besonderer Weise, wo der freie Handel durch Strafzölle und Protektionismus gestört wird.

Wirtschaftlich ist Bayern Spitze in Deutschland. Das zeigen die Eckdaten von Wirtschaft und Arbeitsmarkt: 2,8 Prozent Wirtschaftswachstum, 2,7 Prozent Arbeitslosigkeit, 128.000 offene Stellen, mit 45.810 Euro die höchste Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung eines deutschen Flächenlandes. Dazu hat auch die Politik der bayerischen Staatsregierung ihren Beitrag geleistet. Dennoch gilt auch hier wie in allen anderen Fällen: das Bessere ist der größte Feind des Guten. So darf es auch bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen keinen Stillstand geben. Denn wer stehen bleibt, fällt zurück.

Zumal der anhaltende wirtschaftliche Erfolg der bayerischen Wirtschaft inzwischen ganz neue Probleme aufwirft. Es fehlen qualifizierte Arbeitnehmer; es fehlen Auszubildende. Betriebe müssen Aufträge ablehnen, weil ihnen die Mitarbeiter fehlen. Der Fachkräftemangel droht zum größten Wachstumsproblem zu werden. Längst geht es nicht mehr nur um Ingenieure oder Softwarespezialisten. Der Fachkräftemangel hat die gesamte Breite der Wirtschaft erreicht.

Berufliche Bildung stärken

Die Bewältigung des Fachkräftemangels ist deshalb von höchster Dringlichkeit. Dabei sind deutlich vier Handlungsebenen zu unterscheiden. Zu allererst müssen wir die berufliche Bildung stärken. Nur eine Stärkung der beruflichen Bildung sichert den notwendigen breiten Qualifikationsmix auch in der Zukunft. Dazu muss in allen Schulen – auch in den Gymnasien – eine systematische Berufsinformation und –orientierung eingeführt werden. Die Chancen der betrieblichen Berufsausbildung müssen viel stärker in den Vordergrund gerückt werden. Dazu gehört auch, dass Bayern beruflich Qualifizierten relativ weitreichende Möglichkeiten für ein Studium ohne Hochschul- und Fachhochschulreife bietet.

Wir brauchen auch eine Änderung in der öffentlichen Diskussion. Es muss Schluss gemacht werden mit einer in manchen Kreisen modischen Tendenz, auf Handwerker, Krankenschwestern und andere herabzuschauen. Wie sehr bei manchem hier Geringschätzung inzwischen verankert ist, zeigte unlängst ein Interview in einem öffentlich-rechtlichen Sender, in dem die Moderatorin Handwerker als gering qualifiziert einordnete. Akademische Bildung ist aber nicht mehr wert als berufliche Bildung. Und sie bietet auch im Übrigen auch nicht zwangsläufig bessere Chancen auf einen Arbeitsplatz.

Zu einseitig ist in den zurückliegenden Jahren in Deutschland Werbung für Abitur und Studium gemacht worden – auch in der Hoffnung, dass sich die Lücke etwa bei Ingenieuren so schließen lässt. Tatsächlich ist diese Rechnung nicht aufgegangen. Es gibt zwar einen immer höheren Abiturienten-Anteil, aber gleichzeitig auch eine steigende Zahl von Studienabbrechern. Hier ist erkennbar etwas aus der Balance geraten.

Wirtschaftlicher Erfolg wird in der Zukunft immer stärker von einer erfolgreichen Digitalisierung abhängen.

Hans Michelbach

Es ist aber auch nicht zu übersehen, dass wir den Fachkräftemangel nicht ohne Zuwanderung in den Arbeitsmarkt beheben können. Deshalb ist es gut, wenn noch in diesem Jahre das auch von der Mittelstands-Union geforderte und in den Koalitionsverhandlungen durchgesetzte Fachkräftezuwanderungsgesetz vorgelegt wird. Wir müssen klare Kriterien definieren, wer, wie und wann zu uns kommen kann. Dabei dürfen wir uns nicht scheuen, klar zu definieren, wen wir zur Stärkung der Wirtschaft brauchen. Für diese Menschen müssen wir attraktive Zuwanderungsbedingungen schaffen. Fachkräftezuwanderung muss aber auch klar an einen Arbeitsvertrag gebunden sein.

Darüber dürfen wir aber auch Langzeitarbeitslose, Jugendliche ohne Ausbildung und Behinderte nicht vergessen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt nicht schaffen. Die Initiative von Ministerpräsident Markus Söder, für diese Menschen gemeinsam mit der bayerischen Wirtschaft und den Gewerkschaften ein bayerisches Fachkräfteprogramm zu starten, ist deshalb sehr zu begrüßen. Das Ziel ist, mehr als 100.000 zusätzliche Fachkräfte zu gewinnen, die Bayerns Wirtschaft dringend benötigt.

Zu den vordringlichen Aufgaben zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der bayerischen Wirtschaft zählt auch ein flächendeckender Ausbau von schnellem Internet und Echtzeit-Mobilfunk mit 5G-Standard. Die bayerische Staatsregierung hat sich hier deutliche ehrgeizigere Ziele als der Bund gesetzt. Das wird Bayerns wirtschaftliche Kraft sichern helfen. Denn wirtschaftlicher Erfolg wird in der Zukunft immer stärker von einer erfolgreichen Digitalisierung abhängen.

Abgaben weiter senken

Daneben erfordern alte Baustellen wie Bürokratieabbau, Strompreisentwicklung oder Steuer- und Abgabensenkung weiter unsere Aufmerksamkeit. So brauchen wir zusätzlich zur beschlossenen Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrags um 0,5 Prozentpunkte dringend ein ganzheitliches Soli-Abschaffungsgesetz. Der Solidaritätspakt Ost endet 2019, dann verliert der Soli endgültig seine Daseinsberechtigung.

Beim Bürokratieabbau konnten einige Erfolge erzielt werden. Tatsächlich aber werden mittelständische Betriebe, Freiberufler und Selbständige durch Bürokratie unverhältnismäßig belastet. Das bindet Kräfte, die sinnvoller für die Pflege der eigenen Marktstellung eingesetzt werden könnten.

Ein anhaltendes Ärgernis sind die stetig steigenden Strompreise als Folge einer von Rot-Grün falsch angelegten Energiewende. Bis heute sind die notwendigen Änderungen an SPD und Grünen gescheitert. Das aber bremst die Konkurrenzfähigkeit unserer Wirtschaft. Dabei brauchen wir dringend eine Korrektur hin zu einer Energiepolitik, die Bezahlbarkeit und Versorgungssicherheit in den Focus rückt.

Für den wirtschaftlichen Erfolg muss auch weiter in den Aus- und Neubau der Straßen- und Schienennetzen investiert werden. Hier ist es dank der CSU in den vergangenen Jahren gelungen, die Mittel aufzustocken. Doch viele Vorhaben verzögern sich durch überlange Genehmigungsverfahren. Das jetzt von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) vorgelegte Planungsbeschleunigungsgesetz wird hier Abhilfe schaffen, so dass Vorhaben nicht länger blockiert und die vorhandenen Mittel tatsächlich genutzt werden können.

Hans Michelbach ist Vorsitzender der Mittelstands-Union und stellvertretender Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag.