Kohleumschlag im Bayernhafen Aschaffenburg. (Bild: bayernhafen Gruppe/fkn)
Binnenschifffahrt

Niedrigwasser bremst den Gütertransport

Niedrige Wasserstände machen der Deutschen Binnenschifffahrt zunehmend zu schaffen. Auch im Freistaat geht der Warenumschlag aufgrund Niedrigwasser an Main und Donau zurück. Ein ausgeklügeltes Zusammenspiel von Schiff, Bahn und Lkw sorgt dennoch für stabile Umsätze. Deutschlandweit wird die Binnenschifffahrt in Zukunft durch den neuen Bundesverkehrswegeplan gestärkt.

Die Frühjahrs- und Sommermonate werden immer trockener, die Flüsse führen Niedrigwasser. Die Folge: Der Schiffsverkehr auf den Deutschen Wasserstraßen ist zeitweise stark eingeschränkt, der Güterumschlag geht zurück. Kürzlich veröffentlichte der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB) die Zahlen für 2015. Sie zeigen das Dilemma, in dem die Branche steckt: Die Menge der auf den Flüssen und Kanälen beförderten Güter ging gegenüber dem Vorjahr um 3,1 Prozent auf 221,4 Millionen Tonnen zurück. Und im laufenden Jahr sieht es nicht besser aus. Nach Erhebungen des Statistischen Bundesamtes sorgte in der ersten Jahreshälfte 2016 Niedrigwasser für einen weiteren Rückgang des Güterumschlags.

7476 Kilometer Wasserwege

Insgesamt 7476 Kilometern sind die Bundeswasserstraßen lang. Den größten Anteil daran haben mit 1797 Kilometern der Rhein und seine Nebenflüsse, zu denen auch Main- und Donaukanal zählen. Es folgen die Wasserstraßen zwischen Rhein und Elbe (1437 Kilometer), das Elbegebiet (1049 Kilometer) und die Wasserwege zwischen Elbe und Oder (916 Kilometer). Dazu kommen die Gewässer an der Ostseeküste (526 Kilometer), die Donau zwischen Kelheim und der österreichischen Grenze (213 Kilometer), die Oder (162 Kilometer) sowie „sonstige Bundeswasserstraßen“ (1376 Kilometer).

Erze, Steine und Erden haben höchsten Anteil am Gütermix

Transportiert wurden 2015 mit 55,1 Millionen Tonnen vor allem Erze, Steine und Erden, die einen Anteil von 24,9 Prozent am Gütermix auf Flüssen und Kanälen haben. Mit 37,4 Millionen Tonnen folgten Kokerei und Mineralölerzeugnisse (16,9 Prozent) sowie Kohle, rohes Erdöl und Erdgas (34,8 Millionen Tonnen, 15,7 Prozent).

Chemische Erzeugnisse haben mit 24,9 Prozent einen Anteil von 11,2 Prozent an den auf den Binnengewässern verschifften Gütern. Hinzu kommt laut BDB die deutsche Fahrgastschifffahrt, die die größte „Weiße Flotte“ Europas ist. Sie umfasst 983 Tagesausflugsschiffe sowie 60 Fahrgastkabinenschiffe. Die Zahl der Güterschiffe liegt bei 1999. Insgesamt ist die Branche leicht am Schrumpfen: So sank laut BDB die Anzahl der Unternehmen in der gewerblichen Binnenschifffahrt von 964 im Jahr 2013 auf 923 im Jahr 2014. Davon waren 432 Firmen in der sogenannte Trockengüterschifffahrt tätig, 146 in der Tankschifffahrt, 42 in der Schub- und Schleppschifffahrt sowie 318 in der Personenschifffahrt. Die Zahl der Beschäftigten sank im gleichen Zeitraum von 7489 auf 6878, der Umsatz kletterte leicht auf 1,564 Milliarden Euro.

Zusammenspiel von Bahn und Schiff kompensiert Ausfälle im Freistaat

Im Freistaat werden die wirtschaftlich bedeutendsten Knotenpunkte an Main und Donau von der „bayernhafen Gruppe“ betreut. Sie sind in Aschaffenburg, Bamberg, Nürnberg, Roth, Regensburg und Passau. Auch in Bayern sorgt Niedrigwasser für einen sinkenden Warenumschlag auf den Binnengewässern. Mit 3,44 Millionen Tonnen wurden nach bayernhafen-Angaben im vergangenen Jahr 14,65 Prozent weniger Güter auf dem Wasser umgeschlagen als im Vorjahr. Insgesamt weist das Unternehmen aber nur einen Rückgang um 5,8 Prozent auf insgesamt 9,71 Millionen Tonnen aus. Zu verdanken ist das dem Zusammenspiel zwischen Bahn und Schiff.

Verkehr intelligent verknüpft

Der „Kombinierte Verkehr“ ist das große Plus der Bayernhafen GmbH, deren alleiniger Gesellschafter der Freistaat ist. So legte der Containerumschlag an den bayernhafen-Standorten Aschaffenburg, Bamberg, Nürnberg und Regensburg 2015 sogar um stattliche 7,9 Prozent zu. Basis dafür seien eine intelligente Verknüpfung der drei Verkehrsträger Schiff, Bahn und Lkw in der Transportkette, heißt es von dem Unternehmen.

Binnenschifffahrt erfreut über neuen Bundesverkehrswegeplan

Dass in der Kette die Wasserstraßen auch in Zukunft eine gewichtige Rolle spielt, dafür sorgt bekanntlich der neue Bundesverkehrswegeplan 2030, den die Deutsche Binnenschifffahrt kürzlich ausdrücklich begrüßte. Das vor allem, weil ein Ausbaugesetz für die Wasserwege vorgesehen ist: „Die Regierung greift damit eine über viele Jahre wiederholt gegenüber Politik und Verwaltung vorgetragene Kernforderung des BDB auf, die eine größere Gleichbehandlung der Verkehrsträger Straße, Schiene und Wasserstraße bei Infrastrukturvorhaben zum Gegenstand hat“, erklärte jüngst BDB-Geschäftsführer Jens Schwanen. Anders als bei Schiene und Straße sei in der Vergangenheit bei den Bundeswasserstraßen auf ein entsprechendes Ausbaugesetz verzichtet worden, das den verkehrlichen Bedarf im Planfeststellungsverfahre festschreibe. Entsprechende Unsicherheiten bezüglich der Realisierung bestimmter Maßnahmen seien die Folge gewesen, erinnerte er.

Fehlende Ausbauten an der Donau kosten bei Niedrigwasser bares Geld

Bei einem parlamentarischen Abend in Berlin machte im Mai BDB-Prä­si­dent Martin Staats auf mehre Missstände auf­merk­sam. Was der Aus­fall auch nur ei­ner bau­fäl­li­gen Schleuse für gra­vie­rende Fol­gen für die Wirt­schaft und die ver­la­dende In­dus­trie ha­ben kann, ver­deut­lichte er an­hand ei­ge­ner Er­fah­run­gen in sei­nem Un­ter­neh­men MSG am Bei­spiel der Schleu­sen Er­lan­gen und Krie­gen­brunn am Main-Donau-Kanal. Überdies wies Staats dar­auf hin, dass die feh­len­den Aus­bau­maß­nah­men, etwa an der Do­nau, den Un­ter­neh­mern in der Bin­nen­schiff­fahrt im ver­gan­ge­nen Som­mer we­gen des lang an­hal­ten­den Nied­rig­was­sers „sehr viel Geld ge­kos­tet haben“.

Eine gut ausgebaute Infrastruktur, exzellent ausgebildete Fachkräfte und digitale Innovationen sichern die Zukunft der Binnenschifffahrt in Deutschland.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), der den neuen Bundesverkehrswegeplan vorgelegt hat, bricht eine Lanze für die Deutsche Binnenschifffahrt. Zuletzt untermauerte er im Sommer sein Bekenntnis zur Branche mit einem „Praktikum“. Dobrindt war der Einladung des BDB nach Duisburg gefolgt und informierte sich auf dem Schulschiff „Rhein“ über die Situation in der Ausbildung zum Binnenschiffer. Bei ei­ner Schiff­fahrt auf dem Rhein an Bord der „Rhe­nus Duis­burg“ er­hielt der Mi­nis­ter zudem Ein­bli­cke in die Arbeits- und Le­bens­welt an Bord ei­nes Bin­nen­schif­fes, das um­fang­reich di­gi­ta­li­siert und elek­tro­nisch ver­netzt im Ein­satz ist. „Ich habe die Einladung sehr gerne angenommen, einen Tag in das Leben von Binnenschiffern hineinzusehen“, sagte Dobrindt. Die Branche sei ein wichtiges Standbein des Logistikstandorts Deutschlands. „Eine gut ausgebaute Infrastruktur, exzellent ausgebildete Fachkräfte und digitale Innovationen sichern die Zukunft der Binnenschifffahrt in Deutschland“, so Dobrindt.

Binnenschifffahrt leiser und umweltverträglicher

Die Güterfernverkehrsträger im Vergleich: Das deutsche Streckennetz für den Lkw-Verkehr liegt bei insgesamt 230.100 Kilometer, das der Bahn bei 33.415, das der Binnenschifffahrt bei 7476 Kilometer. Per Schiff werden jährlich 221,4 Millionen Tonnen Güter transportiert, mit der Bahn 367,3 Millionen, mit Lkw 1340,5 Millionen Tonnen. Die mittlere Transportstrecke liegt auf dem Schienenweg bei 317 Kilometern, auf dem Wasser bei 250, auf der Straße bei 193 Kilometern. Gefahrengüter werden ausschließlich per Bahn (59 Millionen Tonnen pro Jahr) und Schiff (48,4 Millionen) transportiert.

Die sogenannten Lärmkosten liegen bei der Bahn bei 0,84 Cent pro Tonnenkilometer (tkm), beim Lkw bei 0,79 Cent/tkm, beim Schiff aber bei Null. Das sind die Kosten, die durch Lärm entstehen, etwa durch Schallschutzmaßnahmen, Wertminderung von Immobilien oder durch gesundheitliche Schäden Betroffener. Auch beim Energieverbrauch haben die Binnenschiffer die Nase vorn: Mit 0,23 Megajoule pro Tonnenkilometer „Primärenergieverbrauch“ liegen sie klar vor den Lkw (0,92) und der Bahn (0,43). Die Kosten durch Klimagase (CO2) liegen auf dem Wasser bei 0,12 Cent/tkm, auf der Schiene bei 0,18 Cent und auf der Straße bei 0,26 Cent.

(BDB/jvr)