Fünf vor zwölf in Europa? Ifo-Chef Clemens Fuest (r.) sieht ebenso wie sein Vorgänger Hans-Werner Sinn (l.) nur Nachteile in einem Brexit. Bild: ifo-Institut
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Hellas soll seine Schulden bezahlen

Der neue Chef des Münchner ifo Instituts sieht derzeit keinen Spielraum für weitere Zugeständnisse an Griechenland. Clemens Fuest spricht sich gegen einen neuen Schuldenschnitt für Hellas aus und fordert das Land auf, seine Reformen fortzusetzen. Zudem warnt er Großbritannien vor einem Austritt aus der EU.

„Ein Brexit wäre für alle Beteiligten ein schwerer Nachteil“, sagte der ifo-Chef am Mittwoch in Dresden und warnte vor den Folgen für die heimische Wirtschaft: „Deutschland wäre der größte Verlierer, weil Großbritannien ein sehr großer Markt für unsere Exportprodukte ist.“ Die EU würde nach Meinung Fuests bei einem Austritt der Briten „einen der bedeutendsten Mitstreiter für den Freihandel verlieren“. Aber auch für Großbritannien selbst „wäre ein Brexit eine Selbstbeschädigung, denn auch die EU ist wiederum sein größter Markt“.

Wir würden allesamt zum Opfer der französischen Planification (das System staatlicher Planung der Volkswirtschaft), und speziell wir Deutschen müssten sehr viel Geld für einen europäischen Finanzausgleich und die Vergemeinschaftung der Schulden Südeuropas auf den Tisch legen.

Ex-ifo-Chef Hans-Werner Sinn zum möglichen Brexit

Ähnlich hatte sich bereits vor zwei Monaten der Ex-Chef des renommierten Münchner Wirtschaftsforschungsinstituts, Hans Werner Sinn, geäußert. „Der Brexit würde das englische Geschäftsmodell beschädigen“, sagte er der Frankfurter Neuen Presse. Überleben könne Großbritannien nach einem Austritt zwar schon, meinte Sinn, das aber nur mit kleinerem Lebensstandard. Auch Europa hätte nach Meinung des Top-Ökonomen ein großes Problem: „Wir würden allesamt zum Opfer der französischen Planification (das System staatlicher Planung der Volkswirtschaft), und speziell wir Deutschen müssten sehr viel Geld für einen europäischen Finanzausgleich und die Vergemeinschaftung der Schulden Südeuropas auf den Tisch legen“, warnte Sinn und zeigte Verständnis für viele Forderungen Großbritanniens an Brüssel: „Das meiste von dem, was die Briten allgemein an Strukturveränderungen für die EU wollen, ist sinnvoll. Hier hätte sich Deutschland im wohlverstandenen Eigeninteresse auf die Seite der Briten schlagen sollen.“ Dabei schränkte Sinn aber ein: „Britische Extrawürste hätte ich nicht bezahlt.“

Kein weiteres Geld für Griechenland

Die Zusagen, die Griechenland letzten Sommer gemacht hat, sind nicht umgesetzt worden. Erst wenn das geschehen ist, einschließlich der Privatisierungen, sollte man darüber reden, ob bei den Schulden weitere Konzessionen notwendig sind. Diese Reihenfolge umzukehren, würde bedeuten, Reformverschleppung zu belohnen.

ifo-Präsident Clemens Fuest

Sinns Nachfolger Fuest äußerte sich am Mittwoch auch zu neuen Forderungen nach einem Schuldenschnitt für Griechenland. Bekanntlich stoßen derzeitige Überlegungen, Griechenlands Schulden an den Internationalen Währungsfonds (IWF) auf die EU abzuwälzen, auf großen Widerstand in der CSU (der Bayernkurier berichtete). „Griechenland ist bereits mehrfach ein Schuldenerlass gewährt worden. Jetzt weitere Schuldenerleichterungen anzubieten, wäre ein Fehler“, erklärte nun auch Fuest. Die Zusagen, die Griechenland im vergangenen Sommer gemacht habe, seien nicht umgesetzt worden, monierte er. „Erst wenn das geschehen ist, einschließlich der Privatisierungen, sollte man darüber reden, ob bei den Schulden weitere Konzessionen notwendig sind“, so der ifo-Chef. „Diese Reihenfolge umzukehren, würde bedeuten, Reformverschleppung zu belohnen.“