Der Neubau der EZB in Frankfurt am Main. (Bild: European Central Bank/Robert Metsch/fkn)
Neubau der EZB

Sinnbild der Krise

EZB-Chef Mario Draghi bezieht sein neues Reich, und die Volksseele kocht: 1,3 Milliarden Euro wird der Prunkbau der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt verschlingen, eingeplant waren einmal 850 Millionen. Die Bauarbeiten an dem Finanzinstitut zogen sich immer mehr in die Länge. Im März 2015 fand endlich die Einweihung statt.

„Scheitert der Euro, dann scheitert Europa“, hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel seinerzeit auf dem Höhepunkt der Finanzkrise gesagt. Dass der Euro (noch?) nicht gescheitert ist, hat die Währungsunion zweifelsfrei Mario Draghi und seinen Gefolgsleuten zu verdanken. Doch der Preis ist hoch. Anfang dieser Woche bezogen die letzen EZB-Beschäftigten ihre Büros in den zwei 185 Meter hohen Türmen des Neubaus, der insgesamt 2900 Arbeitsplätze bietet und die ehemalige, von 1926 bis 1928 erbaute Frankfurter Großmarkthalle integriert. Heruntergerechnet kostete jeder einzelne Arbeitsplatz also stattliche 450.000 Euro. Doch fertig wurde das neue Zuhause der europäischen Geldhüter lange nicht: Schließfächer funktionierten zum Beispiel beim Einzug noch nicht, Toiletten waren nicht benutzbar, und die Außenanlagen wurden von Schotterwegen dominiert.

Immer teurer

Das Haus wird unfreiwillig zum Sinnbild der EZB-Politik. Es wurde immer teurer und einfach nicht fertig: Mit oft scharf kritisierten Schritten hält die EZB den Euro über Wasser. Den Leitzins senkte Draghi nahe Null, mittlerweile kauft er sogar Kreditverbriefungen, damit der Geldfluss in den Volkswirtschaften am Laufen bleibt und die Inflation anzieht. Die Länder sollen Zeit für Reformen erhalten. Das Problem ist nur, dass sie sich dafür sehr viel Zeit lassen. Aktuelles Beispiel sind die Defizitsünder Italien und Frankreich, denen die EU-Kommission wieder eine längere Frist gewährt, um ihre Haushalte in Ordnung zu bringen.

Draghi wird so einmal mehr zum vermeintlichen Retter, dem jedoch langsam die Mittel ausgehen. Die ultralockere Geldpolitik schürt Zukunftsängste. Wegen der niedrigen Zinsen fürchtet manch einer schon um die Auszahlung seiner Lebensversicherung (siehe dazu nebenstehenden Bericht). Ökonomen erwarten, dass Draghi nun bis April 2015 seine „Bazooka“ zückt – so wird der geplante Staatsanleihenkauf im großen Stil martialisch genannt. Vor der Sitzung des EZB-Rates in dieser Woche regte sich immerhin ein wenig Widerstand: „Die Abwägung von Kosten und Nutzen, von Chancen und Risiken eines Programms groß angelegter Staatsanleihekäufe fällt für mich derzeit nicht positiv aus“, sagte Sabine Lautenschläger, deutsche Vertreterin im EZB-Direktorium.