Die Bayerische Metall- und Elektroindustrie investiert verstärkt im Ausland. Bild: vbw
Hohe Arbeitskosten

Bayerische Firmen investieren lieber im Ausland

Die Wirtschaft brummt, die Beschäftigung ist hoch, die Kauflaune der Konsumenten enorm: Der Industriestandort Bayern steht glänzend da, sollte man meinen. Doch der Verband der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie (vbm) bleibt skeptisch: „Der Schein trügt“, warnt vbm-Chef Bertram Brossardt.

„Was die Statistiken nicht zeigen, ist, dass der Industriestandort Bayern an Bedeutung verliert“, sagt vbm-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt. Jedes zweite bayerische Unternehmen aus der Metall- und Elektroindustrie (M+E) hat seinen Angaben nach einen Standort im Ausland. Dort entstünden mittlerweile 30 Prozent der Wertschöpfung. Mit anderen Worten, das Vermögen verlagert sich: „Während das Bruttoanlagevermögen im Inland seit 2000 nur um rund ein Prozent jährlich zugenommen hat, hat sich der Bestand an Direktinvestitionen bayerischer Industrieunternehmen im Ausland im gleichen Zeitraum verdoppelt“, gibt der vbm-Chef zu bedenken. Und auch aus den aktuellen Produktions- und Investitionsplänen der bayerischen M+E-Industrie gehe hervor: „Im Inland gibt es kaum Dynamik, die Pläne für das Ausland sind dagegen expansiv, das ist ein alarmierendes Signal“, so Brossardt.

Lange Zeit war das Hauptmotiv für den Gang ins Ausland, neue Märkte zu erschließen, jetzt geht es verstärkt wieder um Kostenersparnis. Die hohen Arbeitskosten hierzulande sind ein wesentlicher Standortnachteil.

vbm-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt

Besondere Sorge bereitet dem vbm dabei die Motivation, die hinter dem derzeitigen Engagement der bayerischen Firmen im Ausland steckt. „Lange Zeit war das Hauptmotiv für den Gang ins Ausland, neue Märkte zu erschließen, jetzt geht es verstärkt wieder um Kostenersparnis“, weiß Brossardt, der die Gründe kennt: „Die hohen Arbeitskosten hierzulande sind ein wesentlicher Standortnachteil.“ Demzufolge liegt Deutschlands Industrie darin mit an der Weltspitze. So verweist der vbm auf Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft, nach denen die Arbeitskosten in Westdeutschland pro Arbeitnehmer und Stunde im Jahr 2014 bei 40 Euro lagen. Gegenüber dem Durchschnitt anderer Industrieländer habe Westdeutschland damit einen Kostennachteil von 22 Prozent, gegenüber mittel- und osteuropäischen Staaten sowie den Schwellenländern sei der Kostennachteil sogar noch deutlich größer. Auch mit Blick auf die laufende Tarifrunde in der bayerischen M+E Industrie fordert vbm-Chef Brossardt daher: „Wenn wir Wertschöpfung und Beschäftigung in Bayern halten wollen, brauchen wir wettbewerbsfähige Produktionsbedingungen und tarifpolitische Vernunft.“

Auch BIHK sieht kein starkes Investitionsplus

Ähnliche Beobachtungen wie der vbm hatte zuletzt der Bayerische Industrie- und Handelskammertag (BIHK) gemacht. Zwar sei die die bayerische Wirtschaft „in herausragender Laune ins neue Jahr gegangen“, erklärte BIHK-Hauptgeschäftsführer Peter Driessen mit Blick auf die jüngste Konjunkturumfrage unter rund 3700 Unternehmen im Freistaat. Ein starkes Investitionsplus zeichne sich aber nicht ab. Demnach wolle zwar rund ein Viertel der Firmen die Investitionsbudgets erhöhen, 20 Prozent gaben jedoch an, weniger oder überhaupt nicht investieren zu wollen. Driessen zufolge werden die Unternehmen auch immer mehr durch den Fachkräftemangel gebremst, „besonders verunsichert sind sie aber nach wie vor durch hausgemachte politische Fehler, etwa in der Arbeitsmarkt- oder Energiepolitik“ (der Bayernkurier berichtete).