Sie dürfen verschmelzen: Die Ministererlaubnis macht die Fusion von Marktführer Edeka und Kaiser's Tengelmann möglich. Bild: Imago/STPP
Kaiser's Tengelmann

Aigner: Ministererlaubnis „wichtig und richtig“

Es war eine schwierige, aber richtige Entscheidung: Trotz Bedenken des Bundeskartellamts und auch einiger Unionspolitiker hat Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) erlaubt, dass Edeka die defizitäre Kaiser's Tengelmann-Kette übernimmt. Die bayerische Staatsregierung steht hinter der Entscheidung. Mit ihr ist der Erhalt von bundesweit 16.000 Arbeitsplätzen gesichert.

Gabriel berief sich in seiner Entscheidung darauf, dass „die Gemeinwohlgründe die Wettbewerbsbeschränkungen überwiegen“. Das Bundeskartellamt hatte die Übernahme von Kaiser’s Tengelmann bekanntlich abgelehnt, weil damit Edeka seine Übermacht noch weiter ausbauen kann. Schon jetzt gehören dem genossenschaftlichen Verbund 11.500 Filialen mit insgesamt 330.000 Mitarbeitern. Dazu zählen auch 4000 Filialen des Discounters Netto. Nach der Fusion mit Kaiser’s Tengelmann kommen nun 471 Geschäfte mit rund 16.000 Beschäftigten dazu.

8000 bis 8500 Arbeitsplätze bedroht

Das Bundeskartellamt und die Monopolkommission fürchten nach der Übernahme höhere Preise für die Verbraucher und weniger Wettbewerb. Bei einem Nein des Ministers hätte es allerdings für viele Beschäftigte düster ausgesehen. Die Tengelmann Kaiser’s Filialen würden verkauft, die unrentablen geschlossen: 8000 bis 8500 Menschen könnten ohne Not ihre Arbeitsplätze verlieren, hatte die Tengelmann-Unternehmensgruppe schon im Sommer vergangenen Jahres gewarnt. Die Supermarktkette drückt seit Jahren auf die Bilanz der Gruppe: Zuletzt bescherten die 471 Filialen dem Konzern bei einem Nettoumsatz von knapp 1,9 Milliarden Euro einen Verlust von vier Prozent. Seit der Jahrtausendwende sollen bereits 500 Millionen Euro verloren gegangenen sein. Dass die Gruppe nicht komplett in die roten Zahlen rutschte, dafür sorgten vor allem ihre rentablen Discounttextilien von „KiK“ und die Baumarktkette „Obi“.

Rewe will vor Gericht ziehen

Trotz des verlustträchtigen Geschäfts gab es zuletzt für die Übernahme der Kaiser’s Tengelmann-Filialen gleich zwei Bewerber: den Marktführer Edeka und den Handelsriesen Rewe. Das Tengelmann-Management war sich frühzeitig mit Edeka einig, Rewe schaute mit dem berühmten Ofenrohr ins Gebirge: „Es gibt eine Vereinbarung mit Edeka und an die halte ich mich“, sagte Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub laut eines Zeitungsbericht zu den Bemühungen des Rewe-Konzerns. Der hielt dagegen: „Es muss endlich Schluss sein mit diesem falschen Spiel auf dem Rücken der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Kaiser’s-Tengelmann“, schimpften die Verantwortlichen bei Rewe, die auch jetzt nach dem Machtwort aus Berlin nicht aufgeben: So kündigte Rewe-Chef Alain Caparros an, dass das Unternehmen beim Oberlandesgericht in Düsseldorf Beschwerde gegen die Ministererlaubnis einlegen wird. Sauer reagierten auch die Kartellwächter auf Gabriels Entscheidung. Der Chef der Monopolkommission, Daniel Zimmer, trat aus Protest sogar zurück. Er erwartet nun „steigende Preise und eine verringerte Auswahl für die Kunden“. Andere Experten halten dem entgegen, dass der Zusammenschluss kaum Auswirkungen auf den Wettbewerb haben wird. Edeka sei schon heute übermächtig als Abnehmer, für die Lieferanten mache es keinen Unterschied, heißt es. Und für den Verbraucher ändere sich kaum etwas, schließlich war Kaiser’s Tengelmann allein schon wegen seiner geringen Größe kein Preisführer.

Die Ministererlaubnis für eine Zusammenlegung der Firmen Edeka und Kaiser’s Tengelmann sichert Arbeitsplätze. Sie trägt dazu bei, die wohnortnahe Versorgungsstruktur zu erhalten.

Bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner

Dass Gabriel den Zusammenschluss unter Auflagen genehmigen wird, hatte er bereits im Januar durchblicken lassen (der Bayernkurier berichtete). So muss Edeka garantieren, 97 Prozent der 16.000 Arbeitsplätze über mindestens fünf Jahre zu erhalten und die Mitarbeiter nach Tariflohn bezahlen. Keine Kaiser’s-Tengelmann-Filiale darf zudem an selbstständige Einzelhändler der Edeka-Kette übergeben werden. Unterstützung erhielt Gabriel dafür aus Bayern. „Die Fusion von Edeka und Kaiser’s-Tengelmann wäre gut für den Mittelstand, gut für den ländlichen Raum und gut für die bayerische Bevölkerung“, betonte Wirtschaftsministerin Ilse Aigner im Januar. Gemeinsam mit Arbeitsministerin Emilia Müller wertete sie die Entscheidung von Gabriel nun positiv: „Die Ministererlaubnis für eine Zusammenlegung der Firmen Edeka und Kaiser’s Tengelmann sichert Arbeitsplätze. Sie trägt dazu bei, die wohnortnahe Versorgungsstruktur zu erhalten“, sagte Aigner. Müller fügte hinzu: „Der Erhalt von 5500 Arbeitsplätzen in Bayern hat oberste Priorität, auch im Hinblick auf die vielen Frauenarbeitsplätze.“ Die Arbeitsministerin wies zudem auf die Beschäftigten im Fleischwerk Birkenhof in Donauwörth hin, die noch hinzukämen.

Eine monatelange Hängepartie ist beendet. Der Erhalt von 16.000 Arbeitsplätzen bei Kaiser’s Tengelmann für fünf Jahre steht im Mittelpunkt der Entscheidung. Das ist wichtig und richtig.

Ilse Aigner

Ilse Aigner drückte ihre Hoffnung aus, dass die Entscheidung jetzt auch im Sinne der Arbeitnehmer umgesetzt werden kann: „Eine monatelange Hängepartie ist beendet. Der Erhalt von 16.000 Arbeitsplätzen bei Kaiser’s Tengelmann für fünf Jahre steht im Mittelpunkt der Entscheidung. Das ist wichtig und richtig.“ Kritik äußerten hingegen der Deutsche Bauernverband sowie Hersteller von Markenprodukten. Durch die Fusion drohten Verbrauchern höhere Preise, meinte auch Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU).

Edeka strebt zügige Einigung mit Gewerkschaften an

Edeka kündigte am Mittwoch eine zügige Einigung mit den Gewerkschaften an, „um die Kaiser’s Tengelmann-Standorte im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möglichst bald in den Edeka-Verbund integrieren zu können“. Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub sprach „von einem guten Tag für unsere Beschäftigten. Nach einer 17-monatigen Wartezeit haben sie nun endlich eine verlässliche Zukunftsperspektive untere dem Dach von Edeka“.