Bei Erbschaften greift der Fiskus oft kräftig hin. Die CSU setzt sich dafür ein, dass Firmenerben nicht über Gebühr belastet werden, damit ihre Betriebe vernünftig weiterarbeiten können. (Bild: Imago/Christian Ohde)
Steuerreform

Erben verschonen, Betriebe erhalten

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer stellt sich schützend vor den deutschen Mittelstand und bezieht dafür - mal wieder - verbale Prügel aus Berlin. Dabei hat der CSU-Chef mit seinem Veto gegen den aktuellen Entwurf zur Erbschaftssteuerreform gerade noch rechtzeitig die Reißleine gezogen, um Schaden von der deutschen Wirtschaft abzuwenden.

Der CSU-Chef fordert bei der Neuregelung des Erbschaftssteuergesetzes mehr Erleichterungen für Unternehmenserben als bislang vorgesehen, und das aus gutem Grund: Bereits Ende Januar machte der oberbayerische Handwerkspräsident Georg Schlagbauer darauf aufmerksam, dass allein im Freistaat in den kommenden Jahren etwa 40.000 Handwerksbetriebe mit 200.000 Beschäftigten auf die Übergabe an einen geeigneten Nachfolger warten. Bleibt die Regelung, wie sie derzeit geplant ist, könnte es für die Firmenerben sehr teuer werden. Viele Betriebe drohen unter der Steuerlast zusammenzubrechen. Schlagbauer verwies darauf, dass der bestehende Gesetzentwurf zur Erbschaftssteuer erhebliche Mängel aufweise. Der Handwerkskammerpräsident forderte, dass im Erbfall bei der Prüfung des Verschonungsbedarfs Privatvermögen außen vor bleiben muss. Unter anderem schlug Schlagbauer außerdem vor, dass bei Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten eine Flexibilitätszone geschaffen werden sollte, bei der es Erleichterungen gibt.

Richter halten Entlastung für legitim

Der Streit um die Erbschaftssteuerreform schwelt seit über einem Jahr. Bekanntlich hatte das Bundesverfassungsgericht Ende 2014 erklärt, dass die seit 2009 geltenden Regeln zur großzügigen Verschonung von vererbtem Betriebsvermögen nicht mit der Gleichbehandlung im Grundgesetz vereinbar sind. Die Richter betonten aber auch, dass es grundsätzlich legitim sei, gerade Familienunternehmen teilweise oder sogar vollständig von der Erbschaftssteuer zu befreien. Seit dem Richterspruch wird nun unter Federführung des Bundesfinanzministeriums an einer Reform gebastelt, die in ihrer derzeitigen Form jedoch den Standort Deutschland schwächen würde.

Verschonung in anderen Ländern gang und gäbe

Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und die Beratungs- und Prüfungsgesellschaft Deloitte hatten jüngst das Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht von elf nach wirtschaftlicher Bedeutung und Nähe zu Deutschland ausgewählten Ländern verglichen. Das am 19. Januar in München präsentierte Ergebnis war erstaunlich: Bis auf Polen und Luxemburg kennen alle untersuchten Länder spezifische Verschonungsregeln für Unternehmensvermögen, sofern die Steuer überhaupt erhoben wird. Das Betriebsvermögen werde darüber hinaus zum Teil durch niedrige Wertansätze bereits begünstigt, heißt es. So reichen die Verschonungsregelungen laut vbw von Stundung (USA) über deutliche Steuerermäßigungen (Schweiz) bis hin zur vollständigen oder anteiligen Steuerbefreiung beziehungsweise entsprechendem Abschlag von der Bemessungsgrundlage (Italien, Frankreich, Niederlande und Großbritannien). Und nach Schweden habe zwischenzeitlich auch Österreich die Erbschaftssteuer vollständig abgeschafft, berichtete die vbw. „Für diese Länder ist klar, dass es im eigenen Interesse liegt, in Betrieben eingesetztes Vermögen dort auch über Generationen hinweg arbeiten zu lassen“, sagte dazu vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt und forderte: „Diese Erkenntnis sollte sich auch bei allen politischen Entscheidungsträgern in Deutschland durchsetzen.“

Wir müssen die anstehende Reform nutzen, um Nachteile für den Standort Deutschland zu beseitigen, das ausländische Besteuerungsniveau darf nicht überschritten werden

Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw)

Der vbw-Chef verwies darauf, dass gerade für Familienunternehmen mit internationalen Standorten das Zusammenwirken der Erbschaftssteuerregelungen in den jeweiligen Ländern mit der deutschen Erbschafts- und Schenkungssteuer eine besondere Rolle spiele. Denn die Höhe der Steuerbelastung ergebe sich aus diesem Zusammenspiel. „Wir müssen die anstehende Reform nutzen, um Nachteile für den Standort Deutschland zu beseitigen, das ausländische Besteuerungsniveau darf nicht überschritten werden“, warnte Brossardt, der anderenfalls eine Abwanderung von Familienunternehmen oder vielfach einen Verkauf der Betriebe an große nationale und internationale Kapitalgeber befürchtet. „Deshalb brauchen wir eine weitgehende und praxistaugliche deutsche Verschonungsregelung für weltweites Unternehmensvermögen.“

Vorwegabschlag von 30 Prozent soll die Regel werden

Die CSU-Spitze forderte nun konkret, dass zum Beispiel bei der Entlastung der Erben der Vorwegabschlag von 30 Prozent auf den Wert des Familienbetriebs zur Regel wird und nicht nur für das begünstigte Vermögen, sondern für den gesamten Betrieb gilt. Die Investitionsklausel müsse außerdem nicht nur bei Todesfällen, sondern auch bei Schenkungen greifen, lautet eine weitere Forderung. Parteichef Horst Seehofer möchte das in einer Spitzenrunde von CDU, CSU und SPD klären.