Erwischt es erst den 500-Euro-Schein und dann das übrige Bargeld? In Deutschland will die große Mehrheit nicht auf Banknoten verzichten. Bild: Imago/Christian Ohde
EU-Finanzministertreffen

Abgesang auf das Bargeld?

Sei es die Mindestgröße von Venusmuscheln oder die Gefahr von Ölkännchen auf Restaurant-Tischen: Zum „Wohl“ von Mensch und Umwelt reguliert die Europäische Union, was sie nur kann. Trotz Protesten aus der CSU rückt nun die Zahlungsobergrenze für Bargeld näher. Und der 500-Euro-Schein dürfte bald komplett verschwinden.

Die EU-Finanzminister haben nichts gegen eine Obergrenze beim Bezahlen mit Bargeld einzuwenden, die Entmündigung der Bürger schreitet voran: Selten wurde ein Vorschlag Deutschlands in Brüssel so wohlwollend zur Kenntnis genommen wie dieser beim Treffen der Finanzminister am Freitag. Berlin wirbt bekanntlich dafür, Bargeld-Zahlungen auf 5000 Euro zu limitieren; unter anderem, um die Schwarzarbeit einzudämmen und Terroristen die Geldströme abzuschneiden. Die CSU lehnt die Obergrenze entschieden ab: „Der Bürger soll auch in Zukunft so zahlen können, wie er es für richtig hält, der Staat muss nicht alles regulieren“, sagte etwa Bayerns Finanzminister Markus Söder, der vor einem Einstieg in den Ausstieg aus dem Bargeld warnte (der Bayernkurier berichtete).

Ich bin einhundertprozentig für die Erhaltung des Bargelds

Österreichs Finanzminister Jörg Schelling

Die Finanzminister der Euroländer stehen der staatlichen Bevormundung dagegen offen gegenüber. In mehreren Mitgliedsstaaten wurden bereits Obergrenzen verhängt – etwa in Frankreich, das seinen Bürgern sogar nur Barzahlungen in Höhe von 1000 Euro erlaubt. Auch in den Niederlanden könnte es bald soweit sein: „Große Bargeldsummen können leicht zur Terrorfinanzierung genutzt werden, da besteht ein Risiko“, orakelte am Freitag Hollands Finanzchef Jeroen Dijsselbloem, der auch Chef der Eurogruppe ist. Sein Kollege aus Österreich, Hans Jörg Schelling, fürchtete sich dann aber doch davor, dass sich Euro-Scheine und -Münzen komplett in Luft auflösen könnten. „Ich bin einhundertprozentig für die Erhaltung des Bargelds“, machte er klar.

Schweden verabschiedet sich vom Baren

Das dürfte nicht einfach werden, wenn die Lawine erstmal losgetreten ist. Das zeigt das Beispiel Schweden: In dem skandinavischen Land gibt es zwar noch keine gesetzlich vorgeschriebene Höchstgrenze für Bargeldzahlungen, dafür aber eine Kampagne, die zeitweise auch von der Regierung unterstützt worden war. Unter dem Motto „pro Karte“ wurde für eine „bargeldlose Gesellschaft“ geworben, und der Einzelhandel machte gerne mit. Medienberichte zufolge ist es sogar so weit gekommen, dass Betreiber öffentlicher Toiletten Bargeld verschmähen und eine Kreditkartenzahlung fordern. Mittlerweile verläuft in Schweden der Einzelhandel beinahe zu 8o Prozent bargeldlos. Zum Vergleich: In Deutschland bezahlen noch nicht einmal 38 Prozent der Kunden mit Karte oder Handy.

500-Euro-Schein vor dem Aus

Der erste Schein, der bald aus dem europaweiten Zahlungsverkehr verschwinden könnte, ist die 500-Euro-Banknote. Auch sie war jetzt Thema bei dem Finanzministertreffen in Brüssel. Bevor eine Entscheidung getroffen wird, wollen die Ressortchefs aber zunächst einmal die Meinung der Europäischen Zentralbank (EZB) einholen. So ließ Eurogruppenchef Dijsselbloem schon vor dem Treffen wissen, dass die EZB gebeten werde, nochmals zu prüfen, inwieweit die Nutzung des größten Euro-Scheins zur Finanzierung von Terrorakten möglich sei. Danach solle sie Vorschläge unterbreiten. EU-Kommissar Jonathan Hill sagte, dass die 500-Euro-Scheine „natürlich ein Problem sind, weil sie den Transport von Bargeld leicht machen“. Aber auch er will die Frage von der EZB „sorgfältig“ geprüft sehen.

Dass der Schein zu illegalen Zwecken missbraucht wird, ist ein Argument, das wir nicht mehr ignorieren können

EZB-Direktoriumsmitglied Benoit Coeuré

Die europäische Notenbank lässt derweil schon durchblicken, dass die 500-Euro-Note bald Geschichte sein wird. Wie das Handelsblatt berichtet, hat EZB-Direktoriumsmitglied Benoit Coeuré angekündigt, dass die Notenbank „bald“ darüber entscheiden werde. Die Argumente für den Erhalt der 500-Euro-Note seien „immer weniger überzeugend“, sagte Coeuré demnach der französischen Zeitung Le Parisien. Dass der Schein zu illegalen Zwecken missbraucht werde, sei ein Argument, „das wir nicht mehr ignorieren können“, so das EZB-Direktoriumsmitglied.

Schärfere Anti-Geldwäsche-Regeln

Dass der internationale Terrorismus auch ohne 500-Euro-Noten und andere Geldscheine Wege findet, sein Treiben zu finanzieren, ist aber auch kein Geheimnis. Die 28 Finanzminister begrüßten daher am Freitag einen von der EU-Kommission vorgelegten Aktionsplan. Er sieht unter anderem bessere Kontrollen „virtueller Währungen“ sowie mehr Transparenz bei Prepaidkarten vor. Zudem soll die im Mai vergangenen Jahres verabschiedete EU-Richtlinie zu schärferen Anti-Geldwäsche-Regeln ergänzt werden. Damals wurde beschlossen, dass Endeigentümer von Unternehmen und sogenannten Trusts in öffentliche EU-Register aufgenommen werden, die Behörden und Personen mit „berechtigtem Interesse“ einsehen dürfen. Zu diesen zählen zum Beispiel investigative Journalisten. Die EU und die Mitgliedsstaaten erhoffen sich davon eine wirksamere Bekämpfung von Steuerstraftaten und der Terrorismusfinanzierung.