Nachdem sich Erdogan in den Bundestagswahlkampf eingemischt hatte, formiert sich aus allen Parteien geschlossener Widerstand. Europapolitiker Manfred Weber mahnt zur Besonnenheit und erklärt, wie Europa die Türkei unter Druck setzen kann.
Das Türkei-Referendum bewegt Politiker nach wie vor. Thomas Kreuzer, Vorsitzender der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag, fordert, der Doppelpass gehöre auf den Prüfstand: „Es muss klar sein, welchem Land die Loyalität gilt“. Außerdem spricht sich Kreuzer gegen EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei aus.
Ozan Iyibas ist bayerischer Sohn türkischer Eltern – und Chef des CSU-Arbeitskreises Migration und Integration. Der Ausgang des Referendums in der Türkei erschüttert ihn, er sieht eine düstere Zukunft auf das Land zukommen. Auch für Deutschland fordert Iyibas Konsequenzen. Den Doppelpass hält er für gescheitert.
Die meisten Deutschen lehnen Wahlkampfauftritte türkischer Politiker hierzulande ab und sprechen sich für ein Verbot aus. Doch Ankara beharrt auf mindestens 30 weiteren Veranstaltungen. Dabei untersagt ein türkisches Gesetz eigentlich Wahlkampfauftritte im Ausland.
Die Türkei steht möglicherweise kurz vor dem Wandel zur Diktatur – befürchtet die größte Oppositionspartei CHP. Denn die von Staatschef Recep Tayyip Erdogan angestrebte Verfassungsreform für ein Präsidialsystem wird von einer deutlichen Mehrheit der Abgeordneten befürwortet. Die Abstimmung über das Gesamtpaket steht Ende Januar an.
Deutschland hat sich lange schwergetan, den Völkermord an den Herero und Nama im damaligen Deutsch-Südwestafrika 1904 als solchen anzuerkennen. Das kann man kritisieren. 75.000 bis 90.000 Menschen kamen damals ums Leben. Aber ob Deutschland ausgerechnet Nachhilfe in Geschichts-Aufarbeitung vom Bosporus-Diktator Erdogan benötigt? Der leugnet den Völkermord der Osmanen an den Armeniern noch immer.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat das umstrittene EU-Flüchtlingsabkommen mit der Türkei verteidigt. Sie beschwört eine humanitäre Verantwortung Europas, verweist auf die Nachbarschaft Syriens mit Zypern und damit der EU. Auch Steinmeier stellt sich hinter den Pakt. Die CSU rückt nicht von ihrer Kritik an den Visaerleichterungen für Türken ab.
Die Regierung in Ankara attackiert das Dresdner Musikprojekt „Aghet“ über den Völkermord an 1,5 Millionen Armeniern. Die EU-Kommission knickt vorsorglich ein. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sieht die Offensive gegen die Kunstfreiheit als neuen Beleg dafür, dass die Türkei nicht der Europäischen Union beitreten kann: „Die Erdogan-Türkei passt nicht zum aufgeklärten Europa.“
Bei wichtigen Themen wie der finanziellen Sicherheit im Alter, der Bewältigung der Flüchtlingskrise und der Abwehr von Terrorgefahren trauen viele Bundesbürger der Regierung nur wenig zu. Das gesunkene Ansehen der Großen Koalition spiegelt sich auch in schlechten Umfragewerten für Union und SPD wieder.
Das Erdogan-Regime tritt die Meinungs- und Pressefreiheit mit Füßen. Der Prozess gegen zwei mutige Journalisten wird nun unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt. Auch im Ausland geht „Sultan“ Erdogan gegen die Pressefreiheit vor: Der deutsche Botschafter wurde wegen der NDR-Satire erneut einbestellt, in Washington attackierten seine Leibwächter Demonstranten und Journalisten.
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