Herz der Partei: Die Mitglieder. (Bild: Imago/fossiphoto)
Bekenntnis

#IchbinCSU

Eine Demonstration in München, die in erster Linie gegen die CSU gerichtet war, hat viele Partei-Mitglieder zu einer spontanen Solidaritäts-Reaktion veranlasst. Zwei, die sich sehr früh daran beteiligt haben, berichten, was sie dazu bewegt hat.

Am Anfang waren es nur Einzelne, doch schnell wurde daraus eine Bewegung, der sich Tausende anschlossen: Spontan solidarisierten sich viele Mitglieder unter dem Hashtag #IchbinCSU auf Facebook mit ihrer Partei und wehrten sich gegen die Beschimpfungen und Diffamierungen, die zuletzt auf der „#ausgehetzt“-Demonstration in München verbreitet wurden.

Beginn einer Reaktion

Eine der Ersten, wenn nicht sogar die Erste, die den „IchbinCSU“-Schriftzug verwendete, war die Münchner Stadträtin Dorothea Wiepcke. Das CSU-Mitglied postete schon zwei Tage vor der Demonstration am 21. Juli seine Haltung zu den bereits damals im Umlauf befindlichen Parolen: „Es ist ehrlicherweise erschreckend, beschämend und in gewisser Weise auch schizophren, was da gerade rund um die #ausgehetzt-Demo abgeht. Die Organisatoren sollten die Betitelung der Demo überdenken. Denn letztlich hetzen die Meinungsführer rund um die Demo par excellence. Hetze gegenüber der CSU mag in gewissen Kreisen chic sein. Es bleibt aber Hetze. Und Hetze ist Gift. Gift für unsere Gesellschaft. Gleich aus welcher politischen Ecke!“

Als sie dann die Bilder und Berichte von der Demonstration gesehen hatte, war Wiepcke „fassungslos“, wie sie dem BAYERNKURIER sagte. „Da musste eine Antwort raus, gefühlsmäßig, denn das ist auch meine Partei und damit kam auch mir die Hetze entgegen“, betont die Mitarbeiterin der CSU-Landesleitung und Geschäftsführerin der CSU-Akademie. Ausdrücklich weist sie darauf hin, dass sie keine Anweisung aus der Partei bekam, sondern aus eigenem Antrieb handelte.

Ich bin einer von denen, die Ihr verachtet. Ich bin einer von denen, die Ihr mit eurem Hass überschüttet.

Matthias Beer

So schrieb sie am 22. Juli um 16:09 Uhr auf Facebook einen weiteren Post: „Ich bin CSU. Und ich muss gestehen, dass mir noch nie in meinem Leben so viel Hass und Hetze entgegen geschleudert wurde wie heute. Irgendwie ratlos. #ausgehetzt? #serious?“ Dieser Post wurde von vielen ihrer Freunde geliked und geteilt und entwickelte schnell eine Eigendynamik. So griff die Landesleitung den Slogan auf und bot den Schriftzug „#ichbinCSU“ für Facebook-Profilbilder an.

Aufruf zur Zurückhaltung

Einer, der sich ebenfalls sehr früh in den sozialen Medien zu Wort meldete, war Matthias Beer, Chefredakteur des JU-Magazins „bajuware“. Er postete am 22. Juli um 19:17 Uhr einen selbst kreierten „ichbinCSU“-Schriftzug auf seinem Foto. Dazu schrieb er einen nachdenklichen Text, der von allen Seiten ein rhetorisches Zurückfahren forderte.

Beer schrieb: „Ja, ich gebe zu, dass ich es ausgeblendet habe. Zu schön war der Tag um sich zu ärgern. Irgendwie ist man aber trotzdem geleitet ein paar Artikel anzulesen. Was heute in München passiert ist geht weit über das Maß eines politischen Diskurs hinaus. „FickDichCSU“, „CSUrensöhne“ „CSU Faschistenpack“ „Du mieser Haufen CSU“ … Ich war mit der Kommunikation der letzten Wochen alles andere als zufrieden und hab das auch schon öfters hier geteilt. Ob eine Demo „Gegen die Verrohung der Sprache“ mit den oben genannten Ausdrücken wirklich die richtige Antwort ist, ist wohl ein eigenes Kapitel. Vor 16 Jahren bin ich in die CSU eingetreten, weil ich der Überzeugung bin, dass diese Partei am besten zu mir passt. Politische Arbeit mit Pragmatismus statt Ideologie. Seither arbeite ich, vor allem vor Ort, daran, dass unsere Heimat jeden Tag ein Stück besser wird. So wie weitere 140.000 Mitglieder in Bayern, 3000 Mitglieder im Landkreis und 130 Mitglieder in der Marktgemeinde. Ich tue das ehrenamtlich und aus Liebe zu unserer Heimat. Mit Kompass, ehrlicher Arbeit und wenn nötig mit hartem Diskurs in der Sache. Ich bin einer von denen, die Ihr verachtet. Ich bin einer von denen, die Ihr mit eurem Hass überschüttet. #ichbincsu“

Ich wollte der CSU ein Gesicht geben. Die CSU, das sind ja auch die 100.000 kleinen Kommunalpolitiker, die sich kümmern.

Matthias Beer

Auch Beer erhielt viele sehr unterschiedliche Rückmeldungen, auch von Demonstrationsteilnehmern. Sein Beitrag wurde 154 Mal geteilt. „Normal sind es unter 10“, sagte er dem BAYERNKURIER. „Das war eine Art Hilferuf, spontan geschrieben“, erzählt Beer. „Ich wollte der CSU ein Gesicht geben. Die CSU, das sind ja auch die 100.000 kleinen Kommunalpolitiker, die sich kümmern.“ Wie er selbst, als CSU-Kreisrat im Landkreis Regensburg. Und er spart auch die eigene Partei nicht von seiner Kritik aus: „Auch wir haben Grenzen überschritten. Wir sollten alle rhetorisch abrüsten!“

Ein Dank für die Solidarität

Auf der CSU-Facebook-Seite steht inzwischen ein Dank für die #ichbinCSU-Unterstützer:

löwenstark: In den letzten Tagen verzierten unzählige CSU-Mitglieder ihre Profilfotos mit dem Hashtag #ichbinCSU und posteten Gründe, warum sie sich in der CSU engagieren. Danke für Eure Unterstützung und Euer Engagement!

Den Versuch, die Aktion als gesteuerte Kampagne der CSU oder als anmaßende Annäherung an die Solidaritätsaktion „#jesuischarlie“ (französisch für „Ich bin Charlie“) für die Terroropfer in der Charlie-Hebdo-Redaktion in Frankreich herabzusetzen, weist die Partei entschieden zurück. „Das ist komplett lächerlich zu versuchen, diese Aktion auf diese Weise zu diskreditieren“, sagt ein CSU-Sprecher. Das Motto #ichbinCSU sei von ganz normalen Mitgliedern zuerst verwendet worden: „Es gibt offenbar ein Bedürfnis in unserer Anhängerschaft, in Zeiten, in denen eine Kampagne gegen die Partei läuft, sich zu ihr zu bekennen.“