Barbara Stamm und Ursula Männle nach der Podiumsdiskussion. (Bild: T. Reiner)
Maria Probst

Eine teure Vorkämpferin

Der Lebensweg von Maria Probst - die bekannteste CSU-Frau der Anfangsjahre der Bundesrepublik - zeigt, wie bedeutend der Einsatz einzelner Persönlichkeiten ist. Nicht nur die Sozialpolitik, auch die Aussöhnung mit Frankreich brachte die Münchnerin voran. Die Hanns-Seidel-Stiftung widmete ihr ein Podiumsgespräch.

Maria Probst trug viele Titel. Beim Bundeskanzler und im Wirtschaftsministerium hieß sie „Maria Heimsuchung“, die Menschen im Land nannten sie respektvoll „Maria Hilf“ und Konrad Adenauer bezeichnete sie als „die teuerste Frau des Bundestages“. Kein luxuriöses Menü oder teures Geschenk, sondern das Verhandlungsgeschick der Politikerin sorgten nämlich für eine Mehrbelastung des Bundes von einer Milliarde Mark. Damals, im Oktober 1959, brachte sie an der Spitze einer CDU/CSU-Rebellengruppe die Pläne des damaligen CDU-Bundesarbeitsministers Blank für eine Neuregelung der Kriegsopferversorgung zu Fall und setzte ihren eigenen Willen durch.

Das bekannteste Frauengesicht der CSU

Bereits in den Anfangsjahren der Bundesrepublik war sie die bekannteste CSU-Frau. Die Münchnerin kämpfte schon zu ihrer Zeit für Frauen in der Politik, für Frieden und Freiheit in Europa. Ihre politische Karriere krönte sie als erste Vize-Präsidentin des Deutschen Bundestages. Anlässlich des bevorstehenden 50. Todestages von Probst am ersten Mai veranstaltete die Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) mit Landtagspräsidentin Barbara Stamm und HSS-Vorsitzender Ursula Männle ein Podiumsgespräch zum Wert der Demokratie sowie der Rolle der Frau in der Politik.

Eine außergewöhnlich starke Persönlichkeit, die bis heute ein großartiges Vorbild für Frauen in der Politik ist.

Barbara Stamm, Präsidentin des Bayerischen Landtags

„Maria Probst hat als CSU-Politikerin und Abgeordnete in Land, Bund und Europa, als erste Bundestagsvizepräsidentin und vor allem auch als berufstätige, alleinerziehende Mutter in der noch jungen Bundesrepublik das gelebt, was uns heute als selbstverständlich erscheint: Ein selbstbestimmtes und selbstbewusstes Leben als Frau“, würdigte die Präsidentin des Bayerischen Landtags, Barbara Stamm, Maria Probst.

Heimat in Unterfranken

Probst war für ihre Generation eher untypisch. Ihr Leben war geprägt durch Engagement in Studium und Beruf, aber auch durch Krieg und private Schicksalsschläge.

Geboren in München als Tochter eines Rechtsanwalts, Reichsschatzministers, Reichstagsabgeordneten und Botschafters in Paris, verbrachte sie ihre Jugend in Internaten und in Frankreich. Anschließend studierte Probst in Freiburg, Zürich und München Germanistik und Geschichte und heiratete den Juristen und Abgeordneten des Bayerischen Landtags (1919-1933), Alfons Probst (Bayerische Volkspartei). Er wurde in der NS-Zeit in Schutzhaft genommen, strafversetzt und fiel als Soldat im März 1945 in Danzig. Als Witwe mit zwei kleinen Töchtern flüchtete Probst nach Hammelburg in Unterfranken. Der Ort sollte ihre neue Heimat werden.

Erste Vizepräsidentin des Bundestags

In der Notlage der Nachkriegszeit erkannte Probst die Chancen eines Neubeginns und wurde selbst politisch aktiv. Probst organisierte, was am notwendigsten gebraucht wurde, darunter Wasserleitungsrohre, Impfstoffe, Reinigungsmittel. 1946 wurde sie zunächst Abgeordnete des Bayerischen Landtags für die CSU und ab 1949 Bundestagsabgeordnete – damals die einzige Frau in der CSU-Landesgruppe. Ihr ganzer Einsatz galt den Kriegsopfern. Hartnäckig und auch unbequem vertrat sie Anliegen, von deren Richtigkeit sie überzeugt war. Dabei gestaltete sie nicht nur die Sozialpolitik maßgeblich mit. In der Nachkriegszeit trat sie auch entschieden für eine Versöhnung zwischen Frankreich und Deutschland zur Friedenssicherung ein. Beispielhaft war zudem ihr Wirken für mehr Beteiligung von Frauen an der Politik.

Wir Frauen wissen doch, wie reizbar Männer werden, wenn ihre Mägen knurren.

Maria Probst

Das brachte ihr Anerkennung über die Fraktionsgrenzen hinweg. 1965 wurde sie als erste Frau einstimmig zur Vizepräsidentin des Bundestags gewählt. Schon im März 1950 hatte Frau Probst in Aussicht gestellt, wie sie im Bundestag präsidieren würde: „Wenn ich auf dem Präsidentenstuhl säße, würde ich beizeiten Pausen einlegen; denn wir Frauen wissen doch, wie reizbar Männer werden, wenn ihre Mägen knurren.“

Eine Säule der Demokratie: Geisteshaltung

Die Vorsitzende der HSS, Ursula Männle, würdigte das herausragende Wirken von Maria Probst als „Vorbild für alle nachfolgenden Generationen“. Denn an ihrem Lebensweg werde deutlich, wie sehr der Einsatz einzelner für Politik und Gesellschaft notwendig sei, was alles bewirkt werden könne und wie nachhaltig diese Wirkungen seien.

Von Probst stammt auch das Zitat aus dem Jahre 1953, das heute aktueller ist denn je: „Für den echten Staatsbürger und besonders auch für den Christen bedeutet die Mitarbeit im demokratischen Leben eine Gewissensverpflichtung. […] Echte Geistes- und Charakterhaltung des Staatsbürgers sind und bleiben die tragenden Säulen einer Demokratie.“

Als Erinnerung an das Leben und Wirken von Maria Probst hat die Hanns-Seidel-Stiftung die 52-seitige Broschüre „Weil ich soviel Not gesehen …“ aufgelegt. Zudem ist der Band 4 der Bayerischen Lebensbilder „Maria Probst“ erschienen. Beide Werke können bei der HSS als Druckexemplar kostenfrei bezogen werden.