26 Schwarz-Weiß-Porträts von KZ-Überlebenden erinnern derzeit im Bayerischen Landtag an die Schrecken der Nazi-Herrschaft. (Foto: BK/dia)
KZ-Ausstellung

„Überlebt, aber nicht gerettet”

Im Beisein zahlreicher Mitglieder des Bayerischen Landtags, Vertreter der bayerischen jüdischen Kultusgemeinden sowie etlicher Besucher und Schulklassen eröffneten Landtagspräsidentin Barbara Stamm und der Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten, MdL Karl Freller, die Foto-Ausstellung „KZ überlebt“ im Bayerischen Landtag.

„Unsere Geschichte hat uns ein schweres Erbe auferlegt. Wir müssen uns an das Geschehene erinnern, damit wir die richtigen Lehren für das Jetzt und die Zukunft ziehen“, sagte Barbara Stamm als Gastgeberin der Ausstellung „KZ überlebt“, die anlässlich des 70. Jahrestags der Befreiung der bayerischen Konzentrationslager Dachau und Flossenbürg im Maximilianeum gezeigt wird. Karl Freller als Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten freute sich, anfügen zu können: „70 Jahre nach der Menschheitskatastrophe gibt es wieder ein lebendiges jüdisches Leben in Bayern.“

Das war nicht immer so: Während der NS-Diktatur wurden alle jüdischen Gemeinden vernichtet und wanderten Millionen ihrer Mitglieder und Glaubensgenossen in Konzentrationslager, wo sie der sichere Tod erwartete. „Von einer unvorstellbar großen Anzahl alter Menschen sind keine Porträts möglich, weil sie als junge ermordet wurden“, bilanzierte Freller.

Diese Häftlinge haben überlebt

Umso wichtiger sind die Fotoporträts jener überlebenden KZ-Häftlinge, die der Regensburger Fotograf Stefan Hanke seit 2004 angefertigt hat und nun im Kreuzgang des Steinernen Saals des Maximilianeums zeigt. In insgesamt sieben Ländern hat er dafür bislang über 120 Überlebende getroffen – dabei immer auf der Suche nach Antwort auf die Frage: „Wie erging es diesen Menschen, wie lebten sie mit dieser Last des Unfassbaren weiter?“ „Ich habe überlebt, ich wurde aber nicht gerettet“, ist die wohl treffendste und repräsentativste aller Antworten, die Hanke dabei erhalten hat. Gegeben hat sie ihm der heute in Rom lebende Shlomo Venezia, der im KZ Auschwitz-Birkenau innerhalb des sogenannten SS-Sonderkommandos die Leichen aus der Gaskammer ziehen und ihnen Prothesen und Goldzähne entnehmen musste, ehe er die Leichenberge zu verbrennen und die Gaskammern für den nächsten Transport zu reinigen hatte. Die regelmäßige Ermordung dieser Augenzeugen des Genozids durch die SS überlebte er wie durch ein Wunder – freilich schwer gezeichnet durch die Lagerzeit, körperlich am sichtbarsten durch eine sieben Jahre andauernde Tuberkulose.

Wie ihm ging es den meisten der Porträtierten: Nur weil viele von ihnen für einen Lagerdienst eingeteilt worden waren, hatten sie womöglich eine etwas größere – beziehungsweise überhaupt eine – Überlebenschance. Das Überleben ist auch dasjenige Element, das die Porträtierten miteinander verbindet. Denn ihre Biografien vor wie nach dem Holocaust fallen zum Teil komplett unterschiedlich aus. „Die NS-Unterwerfungsmaschinerie kannte weder soziale noch geografische Grenzen“, erklärte Freller bei der Ausstellungseröffnung und bezog sich damit auch auf die Absicht des Fotografen, der zuvor betonte, mit seinem Projekt zeigen zu wollen, „dass niemand sicher war vor dem Terror der Nazis“. So findet sich in der Fotogalerie auch Herzog Franz von Bayern, dessen Familie aufgrund ihrer Prominenz und ihrer reservierten Haltung gegenüber den Nazis ins Visier des Hitler-Regimes und dadurch nach Flossenbürg und Dachau geraten war.

Jedes Foto ist ein Mahnmal

Auch „eine Opferhierarchie werden Sie in meiner Arbeit nicht finden“, betonte Hanke für sein Projekt. Trotzdem ging es dem gelernten Fotografen „um keine sachliche Dokumentarfotografie, sondern um Interpretationen“. „Bildkomposition und Aufnahmeort reflektieren die Geschichte des Überlebenden in einem einmaligen Moment“, erklärt Hanke seine Methode. „Man fühlt sich angesehen von dem Porträtierten, von der Szene erfasst“, fasste Freller seinen persönlichen Eindruck von den Fotos zusammen.

Tatsächlich scheint jedes Foto auf seine Weise ein Mahnmal der Geschichte zu Zeiten Nazi-Deutschlands zu sein. Jeweils ein Zitat und die Kurzbiografie der Überlebenden sowie zum Teil eingesetzte persönliche Gegenstände als Fotorequisiten sprechen für sich. Im Steinernen Saal des Maximilianeums tun dies nun eine Auswahl von 26 Fotos – ein Vorgeschmack auf die über 60 Exponate, die dann im nächsten Jahr im „Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände Nürnberg“ und begleitet von einem Bildband zu sehen sein werden.

Die Ausstellung „KZ überlebt – Ein Fotoprojekt von Stefan Hanke“ ist bis 11. Mai im Kreuzgang des Steinernen Saals des Maximilianeums zu besichtigen. Zeitlich möglich ist dies von Mo bis Do von 9 Uhr bis 16 Uhr, am Fr bis 13 Uhr. Der Eintritt ist frei.