Erfolgsinszenierung: Schillers "Räuber" auf riesigen Industrie-Förderbändern am Münchner Resi. (Foto: A.Pohlmann/Residenztheater)
Theater

Neuer Bühnen-Maschinist

Der Basler Theater-Chef Andreas Beck wird ab 2019 Intendant am Münchner Residenztheater. Er setzt auf zeitgenössische Klassiker-Interpretation - im Gegensatz zum modernen Performance-Zirkus an den benachbarten Kammerspielen.

An den großen Münchner Theatern nimmt die künftige Besetzung der Leitungsbüros Gestalt an. Für den scheidenden Intendanten des Residenztheaters, Martin Kusej, präsentierte Kunstminister Ludwig Spaenle den Nachfolger ab 2019: nämlich den bisherigen Basler Theater-Chef Andreas Beck, 52. Zudem ist inzwischen auch das neue Leitungsduo der Bayerischen Staatsoper durchgesickert. Die Ämter von Intendant Nikolaus Bachler und Generalmusikdirektor Kirill Petrenko sollen ab 2021 der Belgier Serge Dorny und der russische Dirigent Vladimir Jurowski übernehmen.

Retour an die Isar

Für den Theatermacher Beck ist es „ein Weg zurück“ nach München. Denn er hat hier studiert und unter dem damaligen Resi-Intendanten Eberhard Witt seine erste Stelle als Dramaturg angetreten. Über Stationen in Stuttgart, Hamburg und Wien bis ans Drei-Sparten-Haus von Basel hat er eine beachtliche Karriere hingelegt. In den vergangenen beiden Spielzeiten verbuchte er in der Schweiz Besucherzuwächse von 11 respektive 14 Prozent. Mit einem zurückhaltend modernen Zugriff auf das Schauspiel-Programm, mit dem er in der Landeshauptstadt durchaus Hoffnungen wecken kann, ein Gegengewicht zum arg Performance-lastigen Spielplan der Münchner Kammerspiele unter Intendant Matthias Lilienthal zu formen.

Diese Balance – eher am klassischen Theaterkanon orientierte Kost im Resi, Experimentelles in der „Kammer“ – war zuletzt ins Rutschen geraten. Denn nach seinen sehr engagierten Anfangsjahren hat Resi-Chef Kusej spürbar nachgelassen. Stars vom Wiener Burgtheater wie Tobias Moretti, Nicholas Ofczarek oder Birgit Minichmayr, mit denen er das Münchner Publikum anfangs schwer beeindruckte, haben das Resi schon bald wieder verlassen. Andere Größen wie Thomas Loibl sind zwar hinzugekommen, doch aus dem Ensemble scheiden immer mal wieder Unzufriedene aus. Nicht wenige Inszenierungen versenden sich mittlerweile, ohne allzu viel Aufsehen zu erregen. Immerhin, Schillers „Räuber“ in einem Bühnenbild von riesigen Industrieförderbändern wurde in diesem Jahr noch zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Vorzeitig löst der Österreicher Kusej nun seinen ursprünglich bis 2021 laufenden Vertrag auf, um neuer Burg-Herr in Wien zu werden.

Wir hoffen auf Großes.

Ludwig Spaenle, Kunstminister

Auch Nachfolger Beck, gebürtig aus dem Ruhrgebiet, muss seinen bis 2020 laufenden Basler Vertrag vorzeitig beenden. In München beginnt er mit der Spielzeit 2019/20. „Wir werden versuchen, dem nachzukommen“, kündigt er bei seiner Vorstellung im Kunstministerium an.

Durchaus als Antithese zur Kammerspiel-Dramatik ist Becks Bühnen-Idee zu verstehen: „Ein Stadttheater braucht nicht nur unbekannte Stücke und neue Titel.“ Ein Kernelement der von ihm entwickelten „Basler Dramaturgie“: Die großen Stücke des Theaterkanons, ob die antiken griechischen Autoren, Moliere oder Shakespeare, lässt er gerne neu übersetzen, um sie dann von zeitgenössisch orientierten Regisseuren in Szene setzen zu lassen. Allerdings schränkt er ein: „Goethe oder Büchner oder Kleist will ich jetzt nicht neu überarbeiten.“ Aber er möchte die Klassiker „literarisch neu begreifen“.

Pol und Gegenpol

Auf den erneuerten Dualismus der Bühnen beiderseits der Münchner Maximilianstraße darf man gespannt sein. Immerhin ist der ehrgeizige Intendant auf Erfolg beim Publikum aus, wie mutmaßlich die meisten Kollegen seiner Zunft. „Ich komme nicht, um die Dinge an die Wand zu fahren“, verkündet Beck frohgemut. Das wäre dann aber doch ein Unterschied zu den Kammerspielen, an denen Intendant Lilienthal mit großem Gebrause aus Berlin kam – und beim Münchner Publikum anhaltende Fluchtreflexe auslöst.