Auskuriert? Beim Nordbayerischen Kurier in Bayreuth ist Sparkurs angesagt. (Foto: heha)
Medienwandel

Bayreuther Zeitung auf Sparkurs

Eine Entlassungswelle beutelt die Bayreuther Tageszeitung Nordbayerischer Kurier. Rund ein Viertel der Belegschaft hat die Kündigung erhalten. Ein großer Teil der Redakteure hat das Haus schon „freiwillig“ verlassen. Eine Berichterstattung, die Bayreuth gerecht wird, sei nicht mehr möglich, sagt der Betriebsrat.

43 Kündigungen. Gunter Becker, Betriebsratsvorsitzender beim Nordbayerischen Kurier in Bayreuth, schluckt: „Unsere Ideen, Arbeitsplätze zu erhalten, wurden abgelehnt.“ Rund 200 Menschen arbeiten in dem Medienhaus. Rund ein Viertel der Mitarbeiter ist also von der Entlassungswelle betroffen. Ganze Abteilungen werden geschlossen, etwa der Kundenservice und die Finanzbuchhaltung.

Erst Mitte 2016 hatte die Frankenpost in Hof 65 Prozent der Anteile am Nordbayerischen Kurier gekauft. Die Frankenpost gehört selbst der Südwestdeutschen Medienholding GmbH (SWMH) sowie der DDVG, der Deutschen Druck- und Verlagsgesellschaft. Diese Beteiligungsgesellschaft ist zu 100 Prozent im Eigentum der SPD, vorgeblich die Partei der Arbeitnehmer. Die SPD ist die einzige politische Partei in Deutschland, die große Beteiligungen an Medienhäusern unterhält.

Verhärtete Fronten

Die Fronten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern in Bayreuth sind verhärtet, alle Verhandlungen bisher gescheitert. Zuletzt befanden sich Teile der Belegschaft immer wieder im Streik. Die Mitarbeiter informieren die Öffentlichkeit an Infoständen, über eine Facebook-Gruppe, sie verteilen Flyer und haben beim Bayreuther Faschingsumzug symbolisch einen Sarg getragen. Auch die Leser zeigen ihre Solidarität in einer Facebook-Gruppe.

Der Betriebsrat fordert eine Abfindung mit dem Abfindungsfaktor 2,0 pro Beschäftigungsjahr zusätzlich zu einem Grundbetrag. Das Angebot der Geschäftsführung liege deutlich darunter, kritisiert Becker. Zuletzt hatte der Betriebsrat die Gespräche mit der Geschäftsführung abgebrochen, nachdem der vorübergehende Geschäftsführer Bodo Kurz seine Sicht der Dinge in einer Samstagsausgabe des Nordbayerischen Kuriers geschildert hat, ohne dabei die Arbeitnehmerseite zu Wort kommen zu lassen. In Beckers Augen ein Vertrauensbruch. Die Redaktion trage Maulkorb und dürfe nicht über die Situation des eigenen Hauses berichten, „mit Pressefreiheit hat das nichts zu tun“, sagt Becker.

Erklärung: Strukturwandel

Die SWMH erklärt die Notwendigkeit der Entlassungen auf Anfrage mit dem Strukturwandel in der Medienbranche. „Der NBK ist vom Auflagen- und Anzeigenrückgang wie viele Regionalzeitungen betroffen, Maßnahmen sind daher unausweichlich. Und es sind Investitionen erforderlich, deshalb ist ein Wirtschaften wie bisher keine Option.“ Die Arbeit der Abteilungen, die geschlossen werden, wird zukünftig an anderen Standorten der SWMH erledigt.

Mittlerweile treffen sich Geschäftsführung und Betriebsrat vor der Einigungsstelle des Arbeitsgerichts Bamberg und verhandeln über einen Sozialtarif. Der nächste Termin ist für Ende April geplant. Bei diesem Termin wird ein Vertreter des Bayreuther Arbeitsamtes dabei sein und schildern, wie die Chancen der Gekündigten auf dem Arbeitsmarkt aussehen.

Inhaltliche Auswirkungen

Inhaltlich hat der Nordbayerische Kurier gelitten. Etwa 15 Redakteure – vor allem junge Mitarbeiter – haben das Haus in den vergangenen Monaten „freiwillig“ verlassen, sagt Becker. Vor allem deswegen, weil ihnen die Perspektive gefehlt habe. Die einst personell starke Online-Redaktion ist nahezu verwaist. Sowohl der Bayreuther Stadtrat als auch der Bayreuther Kreistag haben bereits Resolutionen verabschiedet, in denen sie die Geschäftsführung auffordern, den Nordbayerischen Kurier als starkes Medienhaus zu erhalten.

Die SWMH will sich weder zu Zahlen noch Gründen der Fluktuation äußern, betont aber: „Der NBK bleibt weiterhin als eigenständige Zeitung bestehen. Das haben die Gesellschafter letztes Jahr ausdrücklich so vereinbart und daran halten wir fest. Kompetenzen bleiben daher explizit in Bayreuth, zum Beispiel ist für den Standort derzeit die Position ‚Leiter Digital‘ ausgeschrieben.“ Der Betriebsratsvorsitzende Gunter Becker mag daran nicht glauben: „Der einst florierende Kurier wird hier in zwei, drei Jahren nur noch eine Außenredaktion der Frankenpost sein.“