Picasso auf der Dachterrasse des Hotel Bayerischer Hof mit Blick auf die Frauenkirche in München. (Foto: Stefan M. Prager für Mayr Nell PR / Münchner Künstlerhaus)
Finale

Picassos Kosmos im Münchner Künstlerhaus

In diesem Herbst wäre der spanische Künstler Pablo Picasso 135 Jahre alt geworden. Wie sehr er im 20. Jahrhundert andere Maler inspiriert hat, zeigt das Künstlerhaus München in einer Ausstellung, wie sie in Bayern noch nicht zu sehen war. Noch bis zum 18. September gibt es Lithografie-Workshops, Kinonächte, Figurentheater und Flamenco.

Was, glauben Sie denn, ist ein Künstler? Ein Schwachsinniger, der nur Augen hat, wenn er Maler ist, nur Ohren, wenn er Musiker ist, […]? Ganz im Gegenteil! Er ist gleichzeitig ein politisches Wesen, das ständig im Bewußtsein der zerstörerischen, brennenden oder beglückenden Weltereignisse lebt und sich ganz und gar nach ihrem Bilde formt. […] Nein, die Malerei ist nicht erfunden, um Wohnungen auszuschmücken! Sie ist eine Waffe zum Angriff und zur Verteidigung gegen den Feind.

Pablo Picasso, spanischer Künstler

Picasso – Quelle der Inspiration

Bereits Anfang der 1970er-Jahre rief Kunsthistoriker Wieland Schmied anlässlich Pablo Picassos 90. Geburtstag Künstler dazu auf, den Spanier in Form von Gemälden zu huldigen. Unter ihnen waren in erster Linie enge Freunde und französische Künstler. Darunter viele Kollegen, die auch für Picasso selbst Vorbilder waren. So betonte er oft, dass kein Künstler nur aus sich selbst schöpfen könne. Nicht alle Maler schafften es, ihre Kunstwerke pünktlich bis zu seinem 90. Geburtstag zu vollenden. Einige Zeit später wurde das Panoptikum zusätzlich auf internationale Künstler ausgeweitet. Darunter Maler der Pop Art wie Roy Lichtenstein oder Andy Warhol, der zu Ehren Picassos ein Portrait seiner Tochter Paloma malte.

Insgesamt ist die Hommage auf 69 Werke gewachsen und im Münchener Künstlerhaus zum ersten Mal vollständig zu sehen. Die Sammlung macht deutlich, was für einen Kosmos Picasso zu seiner Zeit geschaffen hat. Für viele Maler war er eine Quelle der Inspiration. Das zeigt beispielsweise das Bild von Niki de Saint Phalle, die Picasso als Sonne darstellt. Dieser Vergleich wird in einigen Kunstwerken aufgegriffen. Aber auch andere Verbindungen lassen sich in den Bildern und Gemälden wiederfinden. Dabei versucht natürlich jeder, seinen eigenen Stil auf eine ganz besondere Weise zu verpacken.

Erotik, Kampf und Literatur

Natürlich können Besucher auch Werke von Picasso sehen. 48 Originalgrafiken zeigen, wie der Künstler sich immer wieder neu erfunden hat und dabei seinem Stil doch treu blieb. Elemente des Kubismus vermischen sich mit erotischen Darstellungen oder Szenen aus der Stierkampfarena. Das Spiel mit Licht und Schatten, durch Schraffur auf der Fläche Dreidimensionalität zu kreieren und die Kunst mit wenigen Strichen viel auszudrücken – das präsentiert Picasso mit seinen Werken.

Was ist perfekte Kunst?

Aber auch die Auseinandersetzung mit der Literatur ist Teil der Illustrationen. Picasso setzt sich mit der Frage auseinander, was Kunst ausdrückt und wie das absolut perfekte Kunstwerk ausschauen müsste. Dazu beschäftigt er sich mit Balzacs berühmter Künstlererzählung „Le Chef-d´oeuvre inconnu“. Darin geht es um das Schicksal eines Malers, der nach Vollkommenheit strebt. Er sieht die perfekte Frau vor sich. Doch er schafft es nicht, das Portrait von ihr zu Blatt zu bringen. Das Ergebnis ist ein Deasaster. Darüber hinaus ist die Erzählung aber auch eine Liebesgeschichte. Picasso greift mit zwölf Radierungen den Aspekt der Geschichte auf, der für ihn zeitlebens von großer Bedeutung war: Die Beziehung zwischen dem Künstler und seinem Modell. Unter den 24 Illustrationen zu diesem Thema sind Ateliersituationen zu erkennen, in denen dem verzweifelten Maler beispielsweise der Pinsel aus der Hand fällt.

Workshops in der Lithografiewerkstatt

Um die Zusammenhänge zwischen den Illustrationen, den graphischen Arbeiten Picassos und der Hommage deutlich zu machen, bietet das Künstlerhaus täglich um 11:30 Uhr Führungen an.

Aber auch Lithografie-Workshops für Kinder, Jugendliche und Erwachsene sind Teil der aktuellen Ausstellung. Schließlich experimentierte Picasso bei seinen Grafiken mit neuen Techniken und verwendet die Aquatinta, die lavierten Tuschezeichnungen ähnelt. Wer sich für Drucktechnik interessiert, kann mit Kalligrafie-Pinseln und Zeichenfedern Tuschezeichnungen selbst anfertigen und die Techniken der Radierung und der Lithografie ausprobieren und selbst drucken.

Die Voraussetzungen könnten besser nicht sein. Gleich neben den Ausstellungsräumen befindet sich die Lithografiewerkstatt des Münchner Künstlerhauses. Dort wird mit Kalksteinen aus dem mittelfränkischen Solnhofen das traditionelle Flachdruckverfahren des Steindrucks gepflegt. Alois Senefelder entdeckte vor über 200 Jahren das Prinzip des chemischen Druckvorgangs, bei dem druckende und nichtdruckende Partien auf einer ebenen Steinfläche liegen. Bis heute arbeiten damit internationale Künstler.

Liebesabenteuer im Zentrum

Das Künstlerhaus nutzt die Ausstellung, um Theaterkenner, Kritiker und Autoren an einen Tisch zu bringen. Ebenfalls im Programm sind Figurentheater-Produktionen. Im Zentrum der Groteske steht Picasso selbst, wie er von einem Liebesabenteuer zum nächsten taumelt. Die Frauen sind ihm Muse, Modell, Lebenselixier und werden Motor für das eigene Schaffen. Ein experimenteller Theaterabend, der mit bis zu vier Meter großen Figuren durch Formenvielfalt, Abstraktion und Metamorphosen die Grenzen zwischen Biographie, Theater und bildender Kunst verwischt.

Kinonächte und Flamenco

Auch das Kino kommt auf seine Kosten: dazu werden sowohl Spielfilme wie auch Dokumentarfilme über Picasso gezeigt. Die Verbindung von Picasso zu Spanien kommt auch in Form von Tanz auf die Bühne. Die international bekannte Flamenco-Tänzerin Montserrat Suárez präsentiert gemeinsam mit dem Tänzer Mawi de Cádiz, dem Gitarristen Alejandro Suárez und dem Sänger Juan Granados aus Jeréz de la Frontera den traditionellen Flamenco. Das kommt bei den Besuchern gut an – wegen der großen Nachfrage gibt es inzwischen Zusatztermine.

Hommage à Picasso

Der Spanier Pablo Picasso (1881-1973) prägte mit seinen Werken die Kunst des 20. Jahrhunderts. Die Ausstellung „Hommage à Picasso“ im Münchner Künstlerhaus präsentiert 48 Originalgrafiken von Pablo Picasso, davon 24 Illustrationen zu Honoré de Balzacs „Le Chef-d´oeuvre inconnu“, sowie 71 originalgrafische Arbeiten seiner namhaftesten Zeitgenossen wie Joan Miró, Henry Moore, Andy Warhol, Eduardo Paolozzi oder Niki de Saint Phalle. Die Ausstellung dauert bis zum 18. September 2016.