Die Flüchtlingswelle und der damit verbundene Nachzug von Familienmitgliedern sorgt in Deutschland für Diskussionen. (Bild: Imago)
Folgen der Asylwelle

Bis zu 70.000 Kita-Plätze mehr?

Der Flüchtlingszuzug und seine Folgen für Deutschland - betrachtet man die Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage von Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer, sind Aufwand und Zusatzkosten zur Bewältigung des Zuzugs enorm. Von bis zu 70.000 neu benötigten Kita-Plätzen ist da die Rede, von Erziehern oder Lehrern ganz zu schweigen. Singhammer warnt vor einer Überforderung.

Die Welle von Asylbewerbern hat auch Folgen für die Familien- und Bildungspolitik – und besonders auf deren Finanzierung. Das wurde jetzt dank einer Anfrage von Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer (CSU) an die Bundesregierung deutlich. Singhammer wollte wissen, wie groß etwa der zusätzliche Bedarf an Kindertagesstättenplätzen sei. Die Antwort der Bundesregierung zeigt: Die Zahlen sind gigantisch. Laut dem Antwortbrief von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) auf Singhammers Anfrage sieht die Regierung durch den starken Flüchtlingszuzug einen zusätzlichen Bedarf von rund 70.000 Kita-Plätzen. Dieser Zahl zugrunde liegt die Schätzung von etwa 800.000 Asylbewerbern, die im Jahr 2015 nach Deutschland gekommen sind. Wenn sich diese Zahl Jahr um Jahr wiederholt oder gar steigert, kann man sich ausmalen, was auf die Kommunen zukommt. Vielerorts war es für diese schon vor der Migrantenwelle nicht nur aus finanziellen Gründen schwer, Standorte für neue Kitas zu finden.

Dies bedeutet überschlägig einen zusätzlichen Personalbedarf von ca. 9.000 Vollzeitstellen.

Thomas de Maizière

Und der Markt für Erzieher ist ohnehin weitgehend leergefegt. Mit Blick auf die wegen der zusätzlichen Plätze benötigten Erzieher schreibt de Maizière: „Dies bedeutet überschlägig einen zusätzlichen Personalbedarf von ca. 9.000 Vollzeitstellen.“ Ähnliche Prognosen, etwa zum Bedarf von Plätzen und Lehrkräften an Schulen, würden auf Landesebene vorgenommen, berichtet der Innenminister weiter.

Zusätzliche Hartz IV-Berechtigte durch Asylzuzug?

Außerdem sei durch den Flüchtlingszuzug für das kommende Jahr mit 245.000 bis 465.000 zusätzlichen Hartz-IV-Berechtigten zu rechnen, schreibt de Maiziére. Diese Zahlen hatte auch Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) schon Anfang September genannt. Bis 2019 werde mit rund einer Million zusätzlicher Leistungsberichtigter gerechnet, sagte Nahles damals.

Keine klaren Zahlen zum Familiennachzug

Eine weitere Herausforderung sei der Familiennachzug, so der Innenminister. Dort aber müsse er die Erwartungen nach konkreten Ziffern enttäuschen: „Verlässliche Zahlen, wie viele Familienangehörige im Schnitt zu einem Flüchtling nachziehen, gibt es nicht“, räumt de Maiziére ein.

Zahlen, wie viele Familienangehörige im Schnitt zu einem Flüchtling nachziehen, gibt es nicht.

Thomas de Maizière

Wegen der hohen Flüchtlingszahlen und hohen Anerkennungsquoten etwa aus Syrien sei allerdings mit einem Anstieg des Familiennachzugs aus dieser Region zu rechnen, heißt es in dem Schreiben aus dem Innenministerium.

Singhammer: „Wir können den Familienzuzug nicht noch zusätzlich schultern“

Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer hat unterdessen bereits auf die Zahlen reagiert. Der Deutschen Presse-Agentur (dpa) sagte der CSU-Politiker, bei der Kinderbetreuung und Sozialleistungen seien „gewaltige Anstrengungen“ notwendig. Einem uneingeschränkten Familienzuzug erteilte Singhammer daher eine Absage. „Der Familiennachzug ist nicht zusätzlich zu schultern“, sagte Singhammer – und warnte vor davor, der Bundesrepublik zu viel zuzumuten: „Die Zahlen unterstreichen auf dramatische Weise, dass es zu einer Überforderung kommen würde.“