Übertragungstechnik der Zukunft: Damit die Energiewende harmonisch verläuft und Mensch und Umwelt geschont werden, hat das Bundeskabinett heute beschlossen, den Stromtransport von Nord nach Süd vor allem mit Erdkabeln zu bewerkstelligen. Es folgt damit einer Forderung der CSU. Bild: Imago/Harald Lange
Kabinettsbeschluss

Erdkabel Gewinn für Mensch und Umwelt

Ministerpräsident Horst Seehofer und die CSU haben sich durchgesetzt: Statt der Erstellung von Monster-Strom-Trassen von Nord nach Süd setzt die Bundesregierung bei der Energiewende nun vor allem auf Erdkabel. Und ausgerechnet die Grünen meckern.

Statt sich dafür zu bedanken, dass die Landschaft verschont wird, mäkeln die Grünen an dem Kabinettsbeschluss herum. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) sei vor CSU-Chef Horst Seehofer eingeknickt, monieren die selbsternannten Naturschützer. Würden die Grünen ihrem Engagement für Mensch und Umwelt Taten folgen lassen, dann hätten sie die CSU im Juli in Berlin unterstützt. Horst Seehofer hatte dort beim Energiegipfel bekanntlich wie ein Löwe für die Menschen in den betroffenen Regionen gekämpft. Er setzte durch, dass die Monstertrassen mit bis zu 75 Meter hohen Masten vom Tisch sind. Statt wie zuvor geplante 430 sind im Freistaat nun nur noch rund 30 Kilometer oberirdische Leitungen geplant, Unterfranken bleibt ganz verschont. Auch die Forderung des Bayerischen Ministerpräsidenten nach Erdkabeln wird jetzt umgesetzt. Die CSU habe alles getan „zur Schonung der Bürger und zur Schonung unserer wunderschönen bayerischen Landschaft“, sagte der CSU-Chef dazu.

Mehrkosten sind gut investiertes Geld

Das Bundes-Kabinett hat heute das Gesetz zum Vorrang der Erdkabel für rund 1000 Kilometer Hochspannungsleitungen gebilligt. Bekanntlich soll durch diese Leitungen in Zukunft Windstrom vom Norden vor allem in die Industriegebiete des Westens und des Südens der Republik fließen. Das Bundeswirtschaftsministerium rechnet für die Erdverkabelung mit Mehrkosten von drei bis acht Milliarden Euro gegenüber Freileitungen. Mittlerweile herrscht in Regierungskreisen Konsens darüber, dass das gut investiertes Geld ist. Der verständliche Widerstand von Bürgern, denen die Monstertrassen vor die Haustüren gestellt werden sollten, hätte den Leitungsbau möglicherweise massiv verzögert und so die Energiewende insgesamt gefährdet. Zudem wären auf die Regierung hohe Zusatzbelastungen zugekommen, argumentierte sie heute.

Landverbrauch für Erdkabel-Trassen geringer

Der Landverbrauch für Erdkabel-Trassen ist nach Angaben von Netzbetreibern geringer als für oberirdische Leitungen. Zwar muss für die Erdkabel ein etwa zwei Meter tiefer Graben ausgehoben werden. Die unterirdische Trasse werde nach dem Bau aber wieder begrünt, heißt es. Bei Freileitungen muss demnach ein Mindestabstand vom Boden zur Leitung eingehalten werden, über Erdtrassen ist ein Bewuchs mit flachen Wurzeln möglich. Unterm Strich hinterlässt eine herkömmliche Freileitung eine 70 Meter breite Schneise, ihr Kabelpendant benötigt nur 25 Meter.

Keine elektromagnetischen Felder und nervtötendes Summen

Vor allem die Umwelt hatte die Regierung bei ihrem heutigen Beschluss im Blick. Die Vorteile für Mensch und Natur wiegen die Mehrkosten allemal auf. Freileitungen senden geringe, aber vorhandenen elektromagnetische Felder aus. Zudem geht von ihnen insbesondere bei Regen ein leichtes Summen aus, das vielen Menschen gehörig auf die Nerven geht. Sie sehen sich in ihrer Lebensqualität eingeschränkt. Von Erdkabeln gehen dagegen keine elektromagnetischen Felder aus, die Lärmbelastung liegt bei null. Hinzu kommt freilich die Erhaltung des Landschaftsbildes: Weil man die Erdkabel nicht sehen könne, sei sichergestellt, „dass es keine Todsünden in der Zukunft gibt“, sagte Ministerpräsident Horst Seehofer dazu im Juli.