Die CSU kritisiert Schäubles Entwurf zur Reform der Erbschaftssteuer. (Bild: Fotolia/Butch)
Erbschaftssteuerreform

Ein erheblicher Standortnachteil

Die CSU überlegt laut Medienberichten, im Bundestag die Erbschaftsteuer-Reform abzulehnen, sofern nicht substanzielle Änderungen daran vorgenommen werden. Es geht vor allem darum, die Belastungen für Familienbetriebe und mittelständische Firmen zu reduzieren. Eine neue Studie des ZEW gibt der CSU recht.

Die CSU droht laut Medienberichten im Bundestag mit einem Nein zur Erbschaftsteuer-Reform. Sofern Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nicht substanziellen Änderungen seines Entwurfs zustimmt, sollen die bayerischen Abgeordneten dem Gesetz die Zustimmung verweigern. Diese Linie habe Parteichef Horst Seehofer nach Informationen der dpa ausgegeben.

Die Reform ist in so vielen Punkten schwierig, dass die CSU sie in dieser Form nicht akzeptieren kann.

Philipp Graf von und zu Lerchenfeld

Fakt ist: Der CSU geht es vor allem darum, die Belastungen für Familienbetriebe und mittelständische Firmen, das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, zu reduzieren. Eine übermäßige Besteuerung erschwere den Generationenwechsel und bedrohe somit viele Arbeitsplätze. „Die Reform ist in so vielen Punkten schwierig, dass die CSU sie in dieser Form nicht akzeptieren kann. Es kann sein, dass die Landesgruppe dem nicht zustimmt und das dann in den Koalitionsausschuss gehen muss“, warnte jedenfalls der CSU-Finanzpolitiker Philipp Graf von und zu Lerchenfeld, Mitglied des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags.

Er kritisierte, dass Mittelständler durch die Reform zu stark belastet würden. Schon bei der Abstimmung im Bundeskabinett hatten die drei CSU-Minister Schäubles Entwurf zwar zugestimmt – aber zu Protokoll gegeben, dass sie Korrekturbedarf sehen. Insbesondere müssten Familienunternehmen stärker begünstigt werden, weil ihr Vermögen in Form von Maschinen, Immobilien und anderen Werten im Betrieb stecke. In der CSU mehren sich auch die Stimmen, die die Pläne für die verkappte Einführung einer Vermögenssteuer halten. Kritisiert wird auch, dass nur Kleinstbetriebe mit höchstens drei Mitarbeitern von der sogenannten Lohnsummenprüfung ausgenommen werden sollen. Diese Zahl müsste sie aber jahrelang halten, um nicht Steuer nachzahlen zu müssen. Das so eine Regelung jeder wirtschaftlichen Tätigkeit abträglich ist, ist ganz offensichtlich. Die CSU möchte das wenigstens auf Firmen mit bis zu fünf Mitarbeitern erhöhen und schlägt zudem einen Übergangsbereich für Firmen mit bis zu 20 Mitarbeitern vor. Die Wirtschaft warnt ebenso: „Firmenerben wird es durch die Reform schwerer gemacht, einen Betrieb fortzuführen“, so zuletzt Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). „Privatvermögen wird doppelt besteuert.“

Berechnungen des ZEW geben der CSU recht

Diese Befürchtungen sind auch keineswegs unbegründet, wie nun Berechnungen des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim ergaben.

Die Erbschaftsteuer würde zu einem erheblichen steuerlichen Standortnachteil werden, zumal die Erbschaftsteuer im benachbarten Ausland wenig verbreitet ist.

ZEW-Forscher Prof. Dr. Christoph Spengel

Bei einem Modell-Familienunternehmen wurde eine Zunahme der Erbschaftssteuersumme um 142 Prozent errechnet. Nach der geplanten Reform wäre die Erbschaftsteuerbelastung für deutsche Unternehmen damit die dritthöchste unter 18 Ländern. „Die Erbschaftsteuer würde zu einem erheblichen steuerlichen Standortnachteil werden, zumal die Erbschaftsteuer im benachbarten Ausland wenig verbreitet ist“, warnt der verantwortliche ZEW-Forscher Professor Dr.Christoph Spengel.

Das ZEW hat die Belastungen für ein Modellunternehmen mit einem erbschaftsteuerlichen Wert in Höhe von 103 Millionen Euro ausgerechnet. Wäre Schäuble bei seinen ursprünglichen Plänen geblieben, hätte sich die Steuer für dieses Unternehmen verfünffacht. Auch nach Schäubles Änderungen vom Juli steigt die Erbschaftssteuersumme spürbar. Wird der Gesetzentwurf wie geplant umgesetzt, würde die Belastung für das Unternehmen von heute 7,7 Millionen auf 18,6 Millionen Euro steigen. Das entspricht einer Zunahme von 10,9 Millionen Euro – oder 142 Prozent. Im internationalen Vergleich müssten Firmenerben damit außerordentlich hohe Steuern zahlen. Unter 18 untersuchten Ländern wäre die Belastung in Deutschland am dritthöchsten, am höchsten ist die Besteuerung in Belgien, gefolgt von den USA. Nach heutigem Recht ist immerhin noch in sechs Ländern die Erbschaftsteuer für Firmenerben höher.

Verschiedene Entwürfe

Die Reform wurde notwendig, weil das Bundesverfassungsgericht 2014 strengere Regeln für Steuervergünstigungen von Firmenerben verlangt hatte. Eine weitere Konkretisierung zur Reform der Erbschaftsteuer hat das Bundesfinanzministerium im Juni 2015 durch einen Referentenentwurf vorgenommen. Dieser sah zusätzlich zu der Freigrenze von 20 Millionen Euro ein Abschmelzmodell beim Verschonungsabschlag für Unternehmensvermögen zwischen 20 Millionen und 110 Millionen Euro sowie einen einheitlichen Abschlag von 25 beziehungsweise 40 Prozent jenseits von 110 Millionen Euro vor. Weitere Modifizierungen gab es im Rahmen des Kabinettsentwurfs vom 6. Juli. Demzufolge soll die Freigrenze von 20 Millionen auf 26 Millionen Euro und für Familienunternehmen auf 52 Millionen Euro erhöht, aber auch ein geringerer Verschonungsabschlag von 20 oder 35 Prozent für Vermögen ab 114 Millionen Euro gewährt werden. Firmenerben sollen auch in Zukunft weitgehend von der Erbschaftsteuer befreit werden, wenn sie das Unternehmen fortführen und damit Arbeitsplätze erhalten. Allerdings beharrte der Finanzminister auf seiner Idee, große Familienunternehmen einer Bedürfnisprüfung zu unterziehen. Unter Umständen kann das Finanzamt danach die Hälfte des Privatvermögens eines Betriebserben zur Zahlung der Steuer heranziehen.

Weitere Nachteile für deutsche Unternehmen

Auch ein Blick ins Ausland sieht weitere Nachteile für deutsche Unternehmen: etliche Nachbarstaaten wie Österreich oder Tschechien haben die Erbschaftssteuer längst abgeschafft. Ein klarer Wettbewerbsvorteil.