In Unterfranken herrscht Wasserknappheit. Bild: Regierung von Unterfranken/www.aktiongrundwasserschutz.de
Trockenheit in Franken

Den Chiemsee nach Nordbayern pumpen

Im Gegensatz zum Alpenrand und dem Bayerischen Wald sind Teile Unterfrankens geradezu ein Trockengebiet. Während in Oberbayern durchschnittlich 1030 Millimeter Niederschlag pro Jahr fallen, sind es in Unterfranken mancherorts nicht mal 500 – kaum mehr als in Steppengebieten. Ein viel kritisierter Kanal schafft Abhilfe.

Im Süden Bayerns gibt es starke Niederschläge, in Nordbayern die größte Trockenheit seit Jahrzehnten. Darauf wies die Bayerische Umweltministerin Ulrike Scharf in München hin: „Der Klimawandel wird greifbar. Schon heute fällt in Nordbayern ein Drittel weniger Regen als im Süden.“ In Unterfranken herrscht derzeit die größte Trockenperiode seit knapp 40 Jahren – vielleicht wird sogar der ‚Steppensommer‘ 1947 erreicht.

Die Niederschläge sind aber auch in Unterfranken selbst ungleich verteilt. Während der Spessart und Teile der Rhön noch im „blauen“ Bereich liegen, fallen im Maintal bei Würzburg und Schweinfurt stellenweise weniger als 500 Millimeter Niederschlag pro Jahr. Zum Vergleich: In den Alpen liegt der Jahresniederschlag dagegen bei bis zu 2.000 mm. Insgesamt ist der Wasserhaushalt in Unterfranken besonders für die Wasserversorgung eine Herausforderung. Viele Bäche trocknen zeitweise sogar ganz aus und führen erst nach kräftigem Regen wieder Wasser.

Wasser von Süd nach Nord pumpen

Deshalb ist es entscheidend, genug Wasser vom Süden in den Norden zu pumpen. Durch einen Beschluss des Bayerischen Landtags vom 16. Juli 1970 wurde deshalb die Bayerische Staatsregierung beauftragt, die wasserbedingten Hemmnisse in Franken abzubauen und einen überregionalen Wasserausgleich zwischen Donau- und Maingebiet zu schaffen.

Die Überleitung erfolgt auf zwei voneinander unabhängigen Wegen:

  • Aus der Altmühl oder Donau werden über den von 1960 bis 1992 errichteten Main-Donau-Kanal mit Hilfe von Pumpwerken an den Schleusen der Südrampe des Kanals im Schnitt rund 125 Millionen Kubikmeter pro Jahr in in die Talsperre Rothsee gefördert (Kanalüberleitung).
  • Sollte der Abfluss in der Donau zu gering für eine Entnahme sein, hilft die Brombachüberleitung aus mit im Schnitt rund 25 Millionen Kubikmeter pro Jahr. Hochwasser der Altmühl wird in den Altmühlsee geleitet. Von dort fließt es im freien Gefälle durch den Kleinen Brombachsee in den Großen Brombachsee und wird dort zwischengespeichert.

Das dann im Rothsee beziehungsweise im Großen Brombachsee gespeicherte Wasser fließt bei Bedarf über die teilweise umgestalteten Gewässer in das Regnitz-Main-Gebiet. Diese Überleitung hat viele Vorteile:

  • Die Anhebung der Niedrigwasserführung von Rednitz, Regnitz und Main in sommerlichen und herbstlichen Trockenperioden verbessert und stabilisiert die Wasserqualität dieser Flüsse.
  • Durch die Einleitung in Altmühl- und Brombachsee können größere Hochwasser im Tal der mittleren Altmühl vermieden werden..
  • Mit den fränkischen Seen ist ein attraktives Naherholungs- und Urlaubsgebiet entstanden, von dem starke wirtschaftliche Impulse für die gesamte Region ausgehen.
  •  Im Altmühlsee entstand z. B. ein Naturschutzgebiet von circa 200 Hektar Größe, dessen Kern eine 125 Hektar große Flachwasser- und Inselzone bildet. Über 200 verschiedenen Vogelarten sind auf der Vogelinsel zu Hause. Besonders bedrohte Vogelarten wie Bekassine und Großer Brachvogel finden dort Rückzugsmöglichkeiten. Für den Seeadler ist sie ein gutes Jagdrevier.

Bayerns größtes wasserbauliches Projekt

„Mit dem Überleitungssystem können wir selbst auf extreme Verhältnisse reagieren“, betonte jetzt Umweltministerin Scharf. Die Überleitung war mit Gesamtkosten (einschließlich des Grunderwerbs) von rund 460 Millionen Euro Bayerns größtes wasserbauliches Projekt.

Die lang anhaltende Trockenheit in diesem Jahr in Nordbayern und die hohen Temperaturen der letzten Wochen wirken sich stark auf die fränkischen Flüsse und Bäche aus. Während die Abflüsse in Regnitz und Main deutlich zurückgegangen sind, stiegen die Wassertemperaturen dort zeitweise auf über 25 Grad Celsius an – und der Sauerstoffgehalt sinkt. Aufgrund der wetterbedingten Situation gilt für den Main derzeit eine Warnung. Seit über 2 Monaten, genau seit dem 8. Mai, wird ununterbrochen Wasser aus dem Rothsee in die unterhalb liegenden Flüsse zum Main geleitet – derzeit 13 Kubikmeter pro Sekunde. „Aktuell werden pro Minute 30 Tanklastzüge voll Wasser in den Norden gepumpt. Diese Wassermassen sind eine Lebensversicherung für die Flüsse“, so Scharf weiter. Die Überleitung stützt auch die Grundwasservorkommen in Nordbayern und macht so landwirtschaftliche Beregnung möglich. Während der vergangenen Trockenphase machte das übergeleitete Wasser rund 80 bis 90 Prozent des Abflusses der Rednitz südlich von Nürnberg aus.

Jährlich können insgesamt rund 150 Millionen Kubikmeter Wasser aus dem wasserreicheren Donauraum nach Nordbayern übergeleitet werden. In den vergangenen 20 Jahren flossen so schon über 2,4 Milliarden Kubikmeter Wasser nach Nordbayern – in etwas das Volumen des Chiemsees.