Da geht's lang: In einer Verhandlungspause tanken CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt (l.) und CSU-Chef Markus Söder auf dem Balkon des Kanzleramts frische Luft. (Foto: picture alliance/DPA/Kay Nietfeld)
Große Koalition

„Strategischer Marschallplan“ zum Klimaschutz

Die Bundesregierung hat ein Klimapaket beschlossen. Benzin, Diesel und Heizöl werden schrittweise teurer, dafür steigt die Pendlerpauschale. Bahnfahren wird billiger, fliegen teurer. Wer seine alte Ölheizung austauscht, erhält eine Austauschprämie.

Für mehr Klimaschutz in Deutschland kommen auf Bürger und Unternehmen weitreichende Veränderungen zu. Die Spitzen der großen Koalition einigten sich in einer knapp 19-stündigen Sitzung in Berlin auf ein Maßnahmenpaket, mit dem die Bundesrepublik ihre CO2-Reduktions-Ziele für 2030 schaffen will. Als zentrales Element soll der Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) im Verkehr und beim Heizen einen Preis bekommen: Benzin und Diesel, Heizöl und Erdgas werden teurer, in der Folge auch alle transportierten Waren.

Wir schützen das Klima und stärken die Konjunktur.

CSU-Chef Markus Söder

Es ist aber ein Einstieg auf einem moderaten Niveau geplant. Die von SPD und Grünen geforderte CO2-Steuer ist vom Tisch. Im Gegenzug soll eine Reihe von Entlastungen und Anreizen und Ausgleichsmaßnahmen kommen: So erhöht der Bund die Entfernungspauschale für Fernpendler befristet, er fördert den Austausch von Ölheizungen, Strom und Bahnreisen im Fernverkehr werden billiger, dafür wird das Fliegen teurer.

Keine Neuverschuldung, keine Anleihe

Das schwarz-rote Klimaschutzpaket hat ein Gesamtvolumen von mehr als 50 Milliarden Euro. Zur Finanzierung soll es weder neue Schulden noch eine zeitweise diskutierte Klimaanleihe geben. Die „schwarze Null“ soll bleiben. CSU-Chef Markus Söder lobte das „Klimapaket“ als „goldene Mitte“ und als „strategischen Marschallplan“. „Wir schützen das Klima und stärken die Konjunktur“, erklärte Söder. „Das Paket trägt die Handschrift der Vernunft und ist gleichzeitig für Deutschland ein großer Schritt für den Klimaschutz.“

Dies ist ein kluges Signal, ein Signal in die richtige Richtung. Auch ein internationales Signal.

Markus Söder

Das Klimapaket brauche einen „breiten Konsens in der Gesellschaft“, wenn der Klimaschutz nicht spalten und „Gegenstand vieler Wahlkämpfe“ werden solle, unterstrich der bayerische Ministerpräsident. „Dies ist ein kluges Signal, ein Signal in die richtige Richtung. Auch ein internationales Signal“, sagte Söder. Insbesondere lobte er, dass die ländlichen Räume mitgenommen würden – durch die geplante Austauschprämie für Ölheizungen und die befristete Erhöhung der Pendlerpauschale um 5 Cent pro Kilometer. Auch werde durch die Einhaltung der „schwarzen Null“ ein Signal für finanzielle Nachhaltigkeit gesetzt.

Das Paket enthält zudem einen Mechanismus zur jährlichen Überprüfung der Senkung des CO2-Ausstoßes. Die Details dieses Kontrollmechanismus, das sogenannte Monitoring, waren bis zuletzt in der Koalition umstritten. Allerdings handelt es sich nicht um eine „Kontrolle der Umsetzung der Klimaziele“, wie vielfach fälschlich berichtet wird – also ob wirklich die Durchschnittstemperatur sinkt –, sondern nur, wie viel CO2-Ausstoß eingespart wird. Ein Überblick über wichtige Elemente:

Benzin und Diesel wird 2021 um 3 Cent teurer

CO2-PREIS: Ein CO2-Preis in den Bereichen Verkehr und Wärme soll klimafreundlichen Antrieben und Heizungen einen Schub geben. Die CO2-Bepreisung, also die Verteuerung von Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas soll 2021 mit einem Festpreis für Verschmutzungsrechte von 10 Euro pro Tonne CO2 starten. Das entspricht etwa 3 Cent pro Liter Benzin. Bis 2025 soll der Preis schrittweise auf 35 Euro steigen, das wären etwa 10 Cent pro Liter Benzin. Erst danach, ab 2026, soll sich der Preis der Verschmutzungsrechte über einen Handel bilden und innerhalb eines Korridors von Angebot und Nachfrage bestimmt werden.

Die Verschmutzungszertifikate werden schon bisher vom Staat ausgegeben, künftig sollen sie schrittweise reduziert und damit verteuert werden. Mit diesen Verschmutzungsrechten müssen nicht die Endkunden handeln, sondern Unternehmen, die fossile Heiz- und Kraftstoffe in Verkehr bringen oder liefern. Sie bewirken aber, dass es an der Tankstelle und beim Heizen teurer wird. Für das erste Jahr des Handels mit Zertifikaten 2026 soll eine Preis-Untergrenze von 35 Euro pro Tonne gelten und eine Obergrenze von 60 Euro, was rund 20 Cent pro Liter Benzin entspräche. Die Obergrenze soll verhindern, dass es für die Verbraucher zu teuer wird.

Höhere Pendlerpauschale bis 2026

VERKEHR: Im Gegenzug für den CO2-Preis, der dem Staat Milliarden Mehreinnahmen bringt, soll unter anderem die Pendlerpauschale steigen. Pro Entfernungskilometer sollen demnach 35 statt 30 Cent von der Steuer abgesetzt werden können – aber erst ab dem 21. Kilometer und befristet bis Ende 2026. Viele Pendler hatten auf eine dauerhafte Erhöhung der Entfernungspauschale gehofft, da diese seit 2004 bei 30 Cent stagnierte. Die befristete Erhöhung der Entfernungspauschale für Fernpendler nannte CSU-Chef Söder „die Antwort für den ländlichen Raum“.

Die Koalition will zudem Bahnfahren billiger und Flüge teurer machen. So soll die Mehrwertsteuer auf Bahntickets im Fernverkehr von derzeit 19 auf 7 Prozent sinken. Im Gegenzug soll die Luftverkehrsteuer für Starts von deutschen Flughäfen zum 1. Januar 2020 angehoben werden. Details, welche Strecken dies betrifft, wurden vorerst nicht bekannt. Um die schwache Nachfrage nach Elektro-Autos zu erhöhen, soll die von Bund und Herstellern getragene Kaufprämie erhöht werden – allerdings nur für Autos mit einem Preis von unter 40.000 Euro. Die Kfz-Steuer soll stärker als bisher an den CO2-Emissionen ausgerichtet werden.

Austauschprämie für Ölheizungen

HEIZEN: Wer eine alte Ölheizung gegen ein „klimafreundlicheres“ Modell auswechselt, soll mit einer „Austauschprämie“ von bis zu 40 Prozent der Kosten gefördert werden. Der Einbau neuer Ölheizungen soll ab 2026 verboten sein – „in Gebäuden, in denen eine klimafreundlichere Wärmeerzeugung möglich ist“, wie es heißt. Für die energiesparende Gebäudesanierung ist eine steuerliche Förderung geplant.

ÖKO-STROM: Im Gegenzug zur Verteuerung von Benzin, Diesel und Heizöl soll die EEG-Umlage zur Förderung des Ökostroms ab 2021 gesenkt werden. Deutschland hat bislang die höchsten Strompreise der Welt. Der Ausbau des Ökostroms soll beschleunigt werden. Derzeit stockt vor allem der Ausbau der Windkraft an Land, weil es lange Genehmigungsverfahren und viele Klagen gibt. Um die Akzeptanz für neue Windräder zu erhöhen, sollen Kommunen künftig eine finanzielle Beteiligung am Betrieb von Anlagen erhalten. Beim Ausbau von Photovoltaik soll eine bisherige Förder-Begrenzung aufgehoben werden.