„Die Erhaltung der Biodiversität ist mehr denn je ein gesamtgesellschaftlicher Auftrag. Staat und Kommunen stehen mit ihrem gesamten Handeln, sowie ihrem Grundbesitz, in einer besonderen und herausragenden Verantwortung, diesem Ziel nachzukommen und vorbildlich zu erfüllen.“
Das ist eine der übergeordneten Schlussfolgerungen des „Runden Tisches zum Arten- und Naturschutz“ mit Vertretern der Bayerischen Staatsregierung. Ministerpräsident Markus Söder hatte ihn im Februar ins Leben gerufen. Nach zweimonatiger Arbeit ist er an diesem Freitag zu Ende gegangen.
In seinem Bericht hat Moderator Alois Glück, Landtagspräsident a.D., auf 78 Seiten die Verhandlungen der vier Fachgruppen (über offene Landschaft und Agrarlandschaft; Wald; Gewässer; sowie Garten, Siedlungen, kommunale und urbane Räume), deren detaillierten Empfehlungen und eben jene übergeordneten Schlussfolgerungen festgehalten.
Großes Artenschutzpaket
Am Ende der Verhandlungen waren alle Beteiligten voll des Lobes. „Mit der Arbeit des Runden Tisches bin ich hochzufrieden“, freute sich Ministerpräsident Markus Söder. „Alle haben einander zugehört und konstruktiv an Lösungen gearbeitet.“ Mit dem Runden Tisch sei eine völlig neue Form der Beteiligung an Gesetzgebungsverfahren gelungen, so der Ministerpräsident.
Alle haben einander zugehört und konstruktiv an Lösungen gearbeitet.
Markus Söder, Ministerpräsident
Söder versprach, die Ergebnisse flössen nun in das geplante Begleitgesetz zum Gesetzentwurf des Volksbegehrens ein und in das geplante „große Artenschutzpaket“. Schon in der Plenarsitzung des Landtags am 8. Mai soll das gesamte Paket im Plenum beraten werden.
Bauern beruhigt
Für den Freistaat ganz entscheidend: Die Bauern sind beruhigt. Das war keineswegs gewiss. Denn im Vorfeld des Runden Tisches, etwa während des Volksbegehrens „Rettet die Bienen“, hatten radikale Naturschützer die Landwirtschaft angegriffen.
Die Stimmung in vielen bäuerlichen Familien ist von Enttäuschung und Resignation geprägt.
Bericht des Moderators
Glück war darum mit großer Sorge in die Gespräche des Runden Tisches gegangen. „Die Stimmung in vielen bäuerlichen Familien ist von Enttäuschung und Resignation geprägt“, heißt es dazu in seinem Bericht. Denn die Bauern hätten den Eindruck gewonnen, „ihre Arbeit findet in der Gesellschaft keine Wertschätzung“.
Basis für einen Gesellschaftsvertrag
Die zwei Monate langen Verhandlungen am Runden Tisch haben da offenbar Entspannung gebracht. Glück: „Der Runde Tisch hat sich gelohnt, weil damit die massiven Spannungen zwischen den Unterstützern des Volksbegehrens und der Landwirtschaft weitgehend abgebaut werden konnten.“
In Glücks Bericht steht dazu die Einsicht und Forderung: „Eine einseitige Fixierung auf die Landwirtschaft ist nicht sachgerecht. Wir müssen das Muster wechselseitiger Schuldzuweisungen überwinden und sachgerecht handeln.“ Und noch weitergehender: „Der Runde Tisch Arten- und Naturschutz hat die Basis für einen Gesellschaftsvertrag geschaffen.“ Nicht gegen die Bauern, sondern mit den Bauern, darf man wohl hinzufügen.
Bayern braucht seine Bauern
Sehr zufrieden ist denn auch Bauernpräsident Walter Heidl. Die Diskussion sei notwendig gewesen, um die Perspektive der Bauern einzubringen und „Mängel des Volksbegehrens beheben zu können“. Heidl: „Der Runde Tisch hat dazu beigetragen, dass es beim Thema Artenvielfalt nicht mehr nur um die Landwirtschaft geht.“ Denn Staat, Kirchen, Kommunen sowie jeder Einzelne seien auch in der Pflicht.
Bayern braucht seine Bauern.
Walter Heidl, Bauernpräsident
Außerdem sei deutlich geworden: „Bayern braucht seine Bauern.“ Heidl weiter: Landwirte erzeugen Nahrungsmittel, Energie und Kulturlandschaft. Wenn sie dabei auch noch mehr für die Umwelt tun sollen, dann ist dafür die Unterstützung von Politik und der gesamten Gesellschaft nötig.“
Alle sind gefordert
So sieht das auch Agrarministerin Michaela Kaniber: Mit dem Runden Tisch sei es gelungen, die Landwirtschaft wieder ein Stück näher in die Mitte der Gesellschaft zu bringen. Bei den Teilnehmern seien Misstrauen und Ängste abgebaut worden. Kaniber: „Es ging um Argumente, nicht mehr um Emotionen – was ein großer Fortschritt ist.“ Die Bauern könnten nun „sicher sein, dass sie nicht alles allein übernehmen müssen, was im Artenschutz verbessert werden kann. Alle sind gefordert.“
Es ging um Argumente, nicht mehr um Emotionen – was ein großer Fortschritt ist.
Michaela Kaniber, Landwirtschaftsministerin
In der Tat, alle sind gefordert. Was das unter anderem bedeuten kann, steht auch in einer der fachübergreifenden Schlussfolgerungen des Berichts von Alois Glück: „Das Verhalten in der Natur bei diversen Freizeitaktivitäten ist zu einem zentralen Problem für die Natur geworden. Das gilt insbesondere für die Entwicklung in den Bergen und in Landschaftsräumen mit besonderem Freizeitwert.“ Die Debatte, wie Staat und Politik hier reagieren, gar steuern sollen, hat erst begonnen. Das wird spannend werden. Für alle.