„Klimaschutz ist wichtig – aber nicht zulasten der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit unseres Landes und auf Kosten des sozialen Friedens“. (Symbolfoto: Imago/imagebroker/ Andreas Vitting)
SPD

Gefahr einer Klimaplanwirtschaft

Massive Kritik erntet Bundesumweltministerin Schulze (SPD) für ihre Pläne eines Klimaschutzgesetzes: Sie will sich selbst, so sieht es die CSU, zur Superministerin machen und den Entscheidungsspielraum aller anderer Ressorts beschneiden.

Äußerst weitreichende Pläne hegt Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) in Sachen Klimaschutzgesetz alias „Klimakerngesetz“: Die Ressortchefin, von der man öffentlich bisher kaum etwas gehört hat, hat Pläne vorgelegt, die sogar das Gefüge der Regierung komplett umkrempeln könnten und das Umweltministerium zu einer Art Superbehörde aufwerten würden, wie die Union befürchtet. „Ich lehne dieses Vorhaben ab: es hat keine Grundlage im Koalitionsvertrag“, sagte der für Umweltpolitik zuständige stellvertretende Unionsfraktionschef Georg Nüßlein (CSU) zum BAYERNKURIER.

Das ist faktisch der Masterplan für eine demokratisch nicht legitimierte Klimaplanwirtschaft.

Georg Nüßlein (CSU), Unionsfraktionsvize, zu den Plänen der SPD-Umweltministerin

Schulze will einen Klimaschutzplan aufstellen, der die deutschen Klimaziele bis 2030 verbindlich festschreibt. Außerdem sollen nach Schulzes Vorstellungen einzelne Ressorts für die Einhaltung der Klimaziele verantwortlich sein – und auch für Kosten, die etwa für den Kauf zusätzlicher Emissionszertifikate anfallen. Geht etwa der Kohlendioxidausstoß im Verkehr nicht genug zurück, müsste das Verkehrsministerium dafür geradestehen. „Werden die Ziele im Ressort nicht erreicht, hat das Konsequenzen für den Haushalt“, heißt es in Schulzes Entwurf laut SZ. „Nichthandeln wird teuer.“ Ein „Klimarat“ soll die Fortschritte überprüfen. „Ein unabhängiger Klimarat berichtet gegenüber dem Bundestag und erstellt wissenschaftliche Abschätzungen der Fortschritte und Maßnahmen“, zitiert die FAZ aus Dokumenten des Umweltministeriums.

Planwirtschaft und Ökodiktatur befürchtet

Von der Union kommt massive Kritik. Fraktionsvize Nüßlein lehnt das Gesetz in der jetzigen Form rundweg ab. „Das ist faktisch der Masterplan für eine demokratisch nicht legitimierte Klimaplanwirtschaft. Das bereitet mir als gewähltem Abgeordneten große Sorge“, sagt der Günzburger CSU-Abgeordnete zum BAYERNKURIER. „Das Bundesumweltministerium schafft sich mit diesem Gesetz eine Allzuständigkeit in allen politischen Bereichen: Maßgeblich für die jährliche Kontrolle der Klimaziele sind die Zahlen des Umweltbundesamtes, einer Bundesoberbehörde unter Aufsicht des BMU. Inhaltlich zentral ist der ,Sachverständigenrat für Klimafragen‘, dessen Mitglieder überwiegend von anderen Beratungsgremien vorgeschlagen werden. Der Bundestag darf das nur noch abnicken. Das ist nicht meine Vorstellung von Demokratie“, kritisiert Nüßlein.

Nicht vereinbart haben wir die Schaffung einer überbordenden Klimabürokratie, einer Klima-Räte-Republik.

Georg Nüßlein

All das entspreche keineswegs dem Koalitionsvertrag, betont Nüßlein: „Wir haben uns bei den Koalitionsverhandlungen darauf verständigt, konkrete Maßnahmen für die Erreichung der Klimaziele 2030 zu vereinbaren. Nicht vereinbart haben wir die Schaffung einer überbordenden Klimabürokratie, einer Klima-Räte-Republik.“ Es gäbe dann keinen Spielraum mehr für politische Entscheidungen anderer Ressorts oder der Abgeordneten, so Nüßlein weiter. „Der Entscheidungsspielraum auf zentralen politischen Feldern würde, wenn es nach diesen Plänen geht, gegen null tendieren: Maßgeblich sind nur noch die Zahlen des Umweltbundesamtes und die Empfehlungen des Sachverständigenrates.“

Regierung vollzöge nur noch Anweisungen des Klimarates

Die Regierung hätte nach Schulzes Plänen nur noch entsprechende Programme aufzulegen oder Klimaziele zu verschärfen, sagt der schwäbische CSU-Abgeordnete weiter. „Der Haushalt der einzelnen Ressorts wird automatisch gekürzt, obwohl die gleichzeitig weitere Programme auflegen sollen. Das passt hinten und vorne nicht zusammen. Wozu es dann noch demokratische Meinungsbildungsprozesse oder gar Legitimation durch demokratische Wahlen braucht, ist mir schleierhaft.“

Ich habe die Sorge, dass die SPD hier eine Sollbruchstelle für die Koalition schaffen will, weil sie weiß, dass wir das so nicht akzeptieren werden.

Georg Nüßlein

In der FAZ kritisierte Nüßlein, nach Schulzes Plänen würde der Umweltminister künftig „der Superminister, der die anderen kontrolliert“. Denn das Gesetz solle den einzelnen Ressorts vorschreiben, wie stark sie die Kohlendioxidemissionen in den Zuständigkeitsbereichen Wirtschaft und Energie, Verkehr, Bauen oder Landwirtschaft in Jahresschritten bis 2030 senken müssen. Für alle diese Sektoren tragen Minister aus der CDU und CSU politisch Verantwortung. Verfehlt sei der im Gesetzentwurf enthaltene Passus, eine externe Kontrollinstanz mit der Erfolgskontrolle zu beauftragen. In Sachen „Klimarat“ kritisiert Nüßlein: „Wir brauchen keine Räterepublik, sondern müssen uns auf ganz konkrete Maßnahmen für den Klimaschutz einigen.“

Unionsfraktion schließt Unterstützung dieses Gesetzes aus

Nüßlein sieht einen Zusammenhang zwischen den umstrittenen Schulze-Plänen und dem Vorhaben der SPD, die große Koalition Mitte 2019 auf den Prüfstand zu stellen und gegebenenfalls zu beenden: „Ich habe die Sorge, dass die SPD hier eine Sollbruchstelle für die Koalition schaffen will, weil sie weiß, dass wir das so nicht akzeptieren werden.“ Nüßlein sagte der FAZ, er habe Schulze mitgeteilt, dass seine Fraktion den Vorschlag für ihr „Klimakerngesetz“ nicht unterstützen werde. „Wir sind offen für weitere konkrete klimapolitische Beschlüsse, aber nicht für eine abstrakte Planwirtschaft. Das werden wir so nicht mittragen“, sagte Nüßlein.

Das Gesetz folgt dem fast naiven Glauben, Klimaschutz lasse sich allein durch Regierungsbeschlüsse erreichen.

Georg Nüßlein

Zusammenfassend erklärt Nüßlein gegenüber dem BAYERNKURIER: „Klimaschutz ist wichtig – aber nicht zulasten der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit unseres Landes und auf Kosten des sozialen Friedens. Klimapolitik hat nur Erfolg, wenn sie auch im Einklang mit wirtschaftlichen und sozialen Interessen erfolgt. Ich bin besorgt, dass dieses Gesetz dem sozialen Frieden und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit unseres Landes schadet.“ Insbesondere kritisiert er den gedanklichen Grundansatz der Umweltministerin: „Das Gesetz folgt dem fast naiven Glauben, Klimaschutz lasse sich allein durch Regierungsbeschlüsse erreichen. Das ist zum Scheitern verurteilt. Klimaschutz klappt nur in einem freiheitlichen, marktwirtschaftlichen System. Dafür sind reale Anreize und konkrete Entscheidungen der Marktteilnehmer entscheidend – und keine klugen Ideen von Klimabürokraten.“