"Die Geister, die ich rief, werd ich nicht mehr los": Mann oder Frau oder Divers? (Bild: Imago/Westend61)
Hannover

In vollem Galopp auf den Gender-Abgrund

Kommentar In Hannover gibt es künftig keine Lehrerinnen und Lehrer mehr, nur noch Lehrende. Die Stadtverwaltung möchte mit neuen Anordnungen eine „gerechtere“ Sprache fördern. Mit anderen Worten: Der Gender-Wahnsinn hält Einzug in die Behörden.

Die Stadt Hannover schafft Geschlechterbezeichnungen in der Verwaltung ab. Am 18. Januar hat die niedersächsische Landeshauptstadt eine „Empfehlung für eine geschlechtergerechte Verwaltungssprache“ veröffentlicht. Diese sieht vor, künftig nicht mehr männliche und weibliche Geschlechterbezeichnungen in Flyern, Emails, Briefen und Formularen zu verwenden, sondern vollkommen geschlechtsneutrale Formulierungen. Ist eine neutrale Formulierung nicht möglich, soll der Gender-Stern benutzt werden. Beim Vorlesen soll dieser durch eine kurze Atempause gekennzeichnet werden. Das Ganze ist verbindlich, also ein Muss.

Vielfalt ist unsere Stärke.

Pressemitteilung der Stadt Hannover

Begründung: Die Empfehlung trage „der Vielzahl geschlechtlicher Identitäten Rechnung – und geht damit weiter als der bisherige Ausgleich zwischen männlichen und weiblichen Formulierungen“, so die Pressemitteilung der niedersächsischen Stadt voller Überzeugung. „Vielfalt ist unsere Stärke.“ Auch das Anfang des Jahres von der Bundesregierung auf Anordnung des Bundesverfassungsgerichts eingeführte dritte Geschlecht solle sich damit wiederfinden.

Unleserlich

Klar hat Hannover viele weitaus drängendere Probleme, etwa die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Oberbürgermeister Stefan Schostock (SPD) und zwei seiner engsten Mitarbeiter wegen des Verdachts der Untreue. Aber lassen wir diese unbedeutenden Dinge einfach mal außen vor. Lassen wir auch außen vor, dass sich echte Wissenschaftler schwer damit tun, die biologische Unterscheidbarkeit von Mann und Frau wegen einer befremdlichen linken Ideologie, die das Geschlecht bloß als „soziales Konstrukt“ bezeichnet, beiseite zu schieben.

Sagen wir also lieber, dass der Gender-Stern mitsamt all den Paarformen jeden Text beinahe unleserlich macht. Das kann man beispielsweise in grünen Parteiprogrammen wunderbar nachvollziehen. Das Vorlesen mit den von Hannover vorgeschriebenen „Atempausen“ bei jedem Sternchen dürfte noch interessanter und zeitraubender sein.

Der Tod der deutschen Sprache

Und die von Hannovers rot-grün-gelber Stadtregierung genannten Beispiele zeigen deutlich, was für ein Unsinn hier gefördert wird. Statt „Rednerpult“ soll es nun „Redepult“ heißen. Ein Pult also, das redet? Aus „Wählerverzeichnis“ wird „Wählendenverzeichnis“, aus „Ansprechpartner“ wird „Auskunft gibt“, aus „keiner“ wird „Niemand“, aus „Jeder/Jede“ wird „alle“. Institutionen, die einen weiblichen Artikel haben, sollen nun, das steht dort tatsächlich, „grammatikalisch korrekt“ behandelt werden: Aus „Die Kirche als Arbeitgeber“ wird „Die Kirche als Arbeitgeberin“.

Ideologie geht wieder einmal vor Vernunft. Eine Jahrhunderte lang ausgeformte Sprachkultur wird von verkrampften Verbalrittern geopfert, die behaupten, sie würden damit der Diskriminierung einen Riegel vorschieben. Der Krieg um die Sprache hat schon vor Jahren begonnen und die Wortpolizei wird immer gnadenloser! Unzählige Gender-Lehrstühle an den Universitäten befeuern diese Ideen, schon um ihre eigene Existenz zu sichern. Studenten werden Punkte abgezogen, wenn sie in ihren Arbeiten keine gendergerechte Sprache verwenden. Auch in die Lehrpläne der Schulen hat diese Ideologie längst Einzug gehalten. Ehe und Familie werden von linken Parteien zunehmend mit einem Negativ-Image versehen, alle anderen Lebensformen dagegen in den Vordergrund gedrängt, ja sogar heftig beworben. George Orwells Vision aus seinem Buch „1984“ von einem staatlich gesteuerten Neusprech ist Realität.

Stoppt den Flachsinn

Und wie steht es um das Ziel, eine vermeintlich „gerechtere“ Sprache zu schaffen? Verhindern diese Verballhornung der Sprache und der Grammatik wirklich, dass man Menschen nicht mehr in Schubladen steckt? Oder wird es nicht eher dazu führen, dass sich die Menschen verärgert, ja sogar angewidert abwenden von dem Anliegen dahinter? Schafft das am Ende also nicht weniger Akzeptanz? Das Binnen-I der Gender-Kaste hat schließlich auch nie den Alltag erreicht – denn ohne Zwang sind Ideologien nicht durchsetzbar.

Aber wir sollten gewarnt sein: Wer schrittweise mit diesem Unfug anfängt, der wird sich zügig in vollem Galopp auf den Gender- und Wortpolizei-Abgrund zureiten sehen, wie einige Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit zeigen. Aus „Vater“ und „Mutter“ wird dann „Elter“, aus „brüderlich“ wird „couragiert“ und Gipfelkreuze werden wegretouschiert.

Wie weit das geht? Wer weiß das schon? Können falsche Begriffe künftig von Abmahnvereinen kostenpflichtig mit Unterlassungserklärungen verfolgt werden? Wird eine falsche persönliche Anrede künftig strafrechtlich als Beleidigung gewertet? Am Ende müssen wir aus dem guten Augustiner-Bier ein Augustiner*in-Bier machen, aus Vaterunser dann Elterunser, aus der Frauenkirche eine Vielfaltskirche, aus dem Autobahnkreuz eine Autobahngabelung und aus der Nationalmannschaft eine Wischi-Waschi-Fußballspielschaft. Berge wie „Mädelegabel“ oder „Watzmann“ müssten dann … ach, man mag es sich lieber gar nicht vorstellen.

Und was passiert dann mit dem „Herrgott“? Himmi-Irgendwas-da-oben-Sakrament, jetzt reicht‘s! Wie unverkrampft und zugleich respektvoll wirkt da doch das bayerische Motto: „Leben und leben lassen.“