„Griechenland war nicht kompromissbereit“
Nach den Entwicklungen rund um Griechenland vom Wochenende trifft sich die Kanzlerin mit den Partei- und Fraktionschefs aller im Bundestag vertretenen Parteien. Dabei herrscht zwischen Angela Merkel und Vizekanzler Sigmar Gabriel Einigkeit: Die Gespräche sind an der mangelnden Kompromissbereitschaft Athens gescheitert. Die deutsche Politik wird am Mittwoch im Bundestag über die Krise debattieren.
Krisentreffen in Berlin

„Griechenland war nicht kompromissbereit“

Nach den Entwicklungen rund um Griechenland vom Wochenende trifft sich die Kanzlerin mit den Partei- und Fraktionschefs aller im Bundestag vertretenen Parteien. Dabei herrscht zwischen Angela Merkel und Vizekanzler Sigmar Gabriel Einigkeit: Die Gespräche sind an der mangelnden Kompromissbereitschaft Athens gescheitert. Die deutsche Politik wird am Mittwoch im Bundestag über die Krise debattieren.

Angesichts der drohenden Staatspleite in Griechenland hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Spitzen aller Bundestagsparteien getroffen, um über die aktuelle Lage zu sprechen. Eingeladen waren die Partei- und Fraktionschefs aller im Bundestag vertretenen Parteien, außerdem nahmen neben Merkel auch Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD), Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) an dem Treffen teil.

In ihrer Stellungnahme nach der Konferenz betonte Angela Merkel noch einmal, dass das jüngste Angebot der internationalen Geldgeber „sehr großzügig“ gewesen sei – Griechenlands Regierungschef Aleksis Tsipras dagegen sei aber offenbar nicht kompromisswillig gewesen, so die Kanzlerin.

Den zumindest vorläufigen Abbruch der Gespräche mit Athen nach der Ankündigung eines Referendums verteidigte die Kanzlerin. „Es ist selbstverständlich das Recht Griechenlands, ein Referendum über so ein wichtiges Thema abzuhalten“, sagte Merkel. Allerdings hätten auch die anderen 18 Länder der Eurozone das Recht, sich zu solch einem Referendum zu positionieren und ihrerseits auf derartige Ankündigungen zu reagieren. Merkel wiederholte einmal mehr ihren bekannten Satz: „Scheitert der Euro, dann scheitert Europa“. Zu diesem Satz stehe sie auch weiterhin ausdrücklich, teilte Merkel mit.

„Europa besteht aus Kompromissen“

Doch Europa bestehe ihrer Meinung nach aus Kompromissen – „und zu diesen Kompromissen war die griechische Seite nicht bereit“, kritisierte die Bundeskanzlerin. Besonders verwunderlich war für Merkel die Tatsache, dass sich die griechische Regierung noch im Februar zu den bis dahin ausgehandelten Kompromissen bekannt hatte. Vizekanzler Sigmar Gabriel merkte an, dass das Verhalten der Links-Regierung in Athen in den Verhandlungen zunehmend von „Ideologie und nicht von pragmatischem politischen Handeln“ geleitet worden sei. Seinem Eindruck nach ging es um eine generelle Veränderung der Währungsunion an sich – ein Wunsch, der von keinem anderen der Eurostaaten geteilt worden sei.

Anders als die griechische Regierung, die ihrer Bevölkerung bei dem anstehenden Referendum empfohlen hatte, mit „nein“ zu stimmen, will Merkel keine Empfehlung abgeben. „Wir werden den mündigen Bürgerinnen und Bürgern Griechenlands nicht vorschreiben, wie sie abzustimmen haben.“ Den Gesprächskanal mit Athen ließ Angela Merkel ausdrücklich offen. „Sollte Athen um weitere Verhandlungen bitten, steht die Türe natürlich immer offen“, so die Kanzlerin. Derzeit sieht Merkel keinen Grund für einen erneuten Sondergipfel der EU-Staats- und Regierungschefs vor dem Referendum in Griechenland. „Wir müssen sehr vorsichtig sein, was für Botschaften wir senden“, sagte Merkel. „Ich reise jederzeit zu einer Einladung. Aber es gibt im Augenblick für mich keinen zwingenden Grund, einen solchen Sondergipfel zu machen.“ Zugleich stellte Merkel klar, dass sie vor der Volksabstimmung am Sonntag nicht erneut nach Athen reisen will.

Juncker kritisiert Tsipras

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat die griechische Bevölkerung dagegen aufgerufen, beim geplanten Referendum gegen die Empfehlung der eigenen Regierung zu stimmen. „Wenn die Griechen mit ‚Ja‘ stimmen, ist das ein Zeichen an die EU und die Welt, dass Griechenland im Euro bleiben will“, sagte Juncker am Montag in Brüssel. Dies gelte auch, wenn die Fragestellung in der Volksabstimmung noch geändert werde.

Der von Linken geführten Regierung in Athen machte er schwere Vorwürfe, die Reformvorschläge von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds nicht angenommen und stattdessen das Referendum für Sonntag angesetzt zu haben. „Nach allen den Anstrengungen, die ich unternommen habe, fühle ich mich ein wenig verraten, denn die Menschen berücksichtigen meine persönlichen und die Anstrengungen vieler anderer Menschen nicht genug.“ Der Versuch, eine Demokratie gegen 18 andere der Euro-Zone auszuspielen, stehe Griechenland nicht. Gleichwohl sagte er, die Tür für Verhandlungen stehe weiter offen. Neue Vorschläge unterbreitete Juncker nicht.

Bundestagsdebatte am Mittwoch

Am Mittwoch werden die Abgeordneten des Bundestags über die Entwicklungen in der Griechenland-Krise debattieren. Dabei sollen neben der Kanzlerin auch Gabriel und Finanzminister Wolfgang Schäuble das Wort ergreifen.