Alles auf Schiene: Regionalexpress in der Nähe von Pfronten im Allgäu. (Bild: imago/Ralph Peters)
Bahn

„Wow-Effekt“ auf der Schiene

Signale auf grün: Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer hat 29 zusätzliche Schienenprojekte vorgestellt, die in den kommenden Jahren vordringlich geplant und umgesetzt werden sollen. Neun davon liegen in Bayern.

Die von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer vorgestellten Bauvorhaben waren im Bundesverkehrswegeplan 2030 bislang in die Kategorie „Potenzieller Bedarf“ eingestuft. Nun sollen sie aber „vordringlich“ geplant und umgesetzt werden.

29 Projekte werden vorgezogen

Insgesamt 44 dieser Projekte wurden in den vergangenen Monaten gutachterlich unter die Lupe genommen und auf ihre Wirtschaftlichkeit untersucht – auch vor dem Hintergrund des vor Kurzem von Minister Scheuer vorgestellten Deutschlandtakts, einem optimalen Fahrplan, mit dem die Menschen öfter und schneller überall an ihr Ziel kommen sollen. Zu dessen Umsetzung braucht Deutschland ein hochleistungsfähiges Schienennetz für den Personen- und den Güterverkehr.

Ergebnis der Bewertungen: 29 Schienenprojekte steigen in den „Vordringlichen Bedarf“ (die höchste Dringlichkeitsstufe) des Bundesverkehrswegeplans auf. Es handelt sich um 22 Neu- und Ausbauvorhaben, 6 Ausbauvorhaben von Eisenbahnknoten, sowie Maßnahmen für den Einsatz von 740 Meter langen Güterzügen.

Unsere Ziele: kürzere Fahrzeiten und bessere Verbindungen, auch in den Metropolregionen.

Andreas Scheuer

„Wir bringen zusätzliche Schienenprojekte aufs Gleis, die ein echter Gewinn für das gesamte Schienennetz und die Regionen sind“, betonte Scheuer. „Mit ihnen beseitigen wir Engpässe, schaffen mehr Kapazitäten und stellen die Infrastruktur für den Deutschlandtakt bereit.“ Die Ziele dabei seien „kürzere Fahrzeiten und bessere Verbindungen, auch in den Metropolregionen“. Damit gehe man „einen weiteren Riesenschritt“ hin zu einer pünktlicheren und verlässlicheren Bahn und zum „Wow-Effekt“ auf der Schiene.

Der Ausbau der Knoten ist der Schlüssel zu einem leistungsfähigen Schienennetz.

Enak Ferlemann

Enak Ferlemann, Beauftragter der Bundesregierung für den Schienenverkehr ergänzte: „Der Ausbau der Knoten ist der Schlüssel zu einem leistungsfähigen Schienennetz. Davon profitieren Fern- und Güterverkehr und der Regionalverkehr gleichermaßen. Ein attraktiver Bahnverkehr in den Metropolregionen verbessert nicht zuletzt die Luftqualität und ist somit eine nachhaltige Investition in die Zukunft. Die mit dem heutigen Tag möglich werdenden Planungen der Projekte müssen nun zeitnah beginnen.“ Durch den Ausbau der großen Eisenbahnknoten erhalten Pendler zusätzliche attraktive Optionen, auf die umweltfreundliche Bahn umzusteigen.

Bayern profitiert

„Weitere Signale für notwendige Bahnstreckenausbauten im Freistaat Bayern sind jetzt auf grün gestellt“, freute sich Bayerns Verkehrsstaatssekretär Josef Zellmeier. Von den 29 zusätzlichen Bahnstrecken und -knoten sind allein neun in Bayern oder mit direkter Auswirkung für Bayern. Das hierfür erforderliche Investitionsvolumen wird allein bei den bayerischen Strecken auf vier bis fünf Milliarden Euro geschätzt. Für Zellmeier ist die Aufwertung der Bahnprojekte ein klares Bekenntnis zur Stärkung des Verkehrsträgers Schiene. „Die Auswahl zeigt, dass es wichtig und wirtschaftlich ist, dort ins Bahnnetz zu investieren, wo der Bedarf am größten ist.“

Folgende Projekte im bayerischen Bahnnetz sind jetzt in der Priorität hochgestuft worden:

  1. Ausbau der Strecke Augsburg – Donauwörth auf drei Gleise
  2. Ausbau der sogenannten Metropolenbahn als Verbindung von München und Nürnberg nach Prag über die Strecke nach Furth im Wald mit Hauptfokus auf die Elektrifizierung der Strecke von Nürnberg via Schwandorf zur deutsch-tschechischen Grenze
  3. Ausbau der Strecke Regensburg – Mühldorf mit Hauptfokus auf die Elektrifizierung des Abschnitts Landshut – Mühldorf
  4. Ausbau der Strecke Landshut – Plattling mit Schaffung von zusätzlichen Begegnungsabschnitten
  5. Ausbaustrecke München – Mühldorf – Freilassing mit der Projekterweiterung um ein zweites Gleis im Abschnitt Tüßling – Freilassing, die Walpertskirchner Spange, das Fernbahngleis des Erdinger Ringschlusses und um Maßnahmen zur Erhöhung der Reisegeschwindigkeit zwischen Markt Schwaben und Mühldorf
  6. Ausbaustrecke Nürnberg – Erfurt mit der Projekterweiterung um den Güterzugtunnel Fürth sowie Maßnahmen zur weiteren Fahrzeitverkürzung
  7. Ausbau der Strecke Stuttgart – Backnang – Nürnberg für Neigetechnik
  8. Knoten München mit den Teilprojekten Westkopf München-Pasing, Daglfinger Kurve, Viergleisiger Ausbau Daglfing – Johanneskirchen und Truderinger Spange
  9. Knoten Frankfurt, u.a. mit dem Teilprojekt Verbindungskurve Mainaschaff.

Die nunmehr hochgestuften Projekte hatten 2016 bei der Aufstellung des neuen Bundesverkehrswegeplans und dem darauf basierenden Bedarfsplan Schiene noch nicht ausreichend auf ihre Wirtschaftlichkeit hin untersucht werden können. Deshalb war für sie die neue Kategorie „Potenzieller Bedarf“ geschaffen worden. Mit Nachweis der Wirtschaftlichkeit – das heißt höherem Nutzenwert als notwendige Kosten – sollten sie in die Kategorie „Vordringlicher Bedarf“ aufgestuft werden. Dies ist nun passiert.

Zwei sind noch nicht dabei

Kein auskömmliches Nutzen-Kosten-Verhältnis erzielten die Elektrifizierungsprojekte der Oberfranken-Achse von Schnabelwaid über Bayreuth und Neuenmarkt-Wirsberg bis nach Hof beziehungsweise Hochstadt-Marktzeuln sowie die Strecke Weiden – Neukirchen, die sich beide ebenfalls bis dato im Potenziellen Bedarf befanden hatten. „Es gibt allerdings einen Hoffnungsschimmer für diese Streckenausbauten, denn der Bund will eine mögliche Umsetzung in seinem neuen Elektrifizierungsprogramm prüfen“, erklärte Zellmeier. „Auch wenn nicht alle unsere Vorstellungen im bundesweit wichtigsten Infrastrukturprogramm für die Schiene verankert worden sind, ist der Modernisierungsbedarf des bayerischen Bahnnetzes sowohl bei der ersten als auch nun bei der zweiten Stufe insgesamt überdurchschnittlich bedacht worden.“ 2016 waren in der ersten Stufe etwa die Strecken Augsburg – Ulm, Hof – Regensburg sowie die Franken-Sachsen-Magistrale hochgestuft worden. Nun gelte es aber, so Zellmeier, insbesondere bei den Projekten Nägel mit Köpfen zu machen, die jetzt zwar eine hohe Priorität bekommen haben, aber vorerst nur auf dem Papier existieren.