Kann die Bundesregierung mit Gesetzesänderungen drohende Diesel-Fahrverbote verhindern? (Symbolfoto: Imago/Seeliger)
Merkel

Gesetzesänderung soll Fahrverbote verhindern

Die CDU will mit einer Gesetzesänderung viele drohende Diesel-Fahrverbote verhindern – und zwar in den 51 Städten, in denen die strengen Grenzwerte nur minimal überschritten werden. Kanzlerin Merkel will dazu das Immissionsschutzgesetz ändern.

CDU-Chefin Angela Merkel hat die jüngst verhängten Fahrverbote für ältere Diesel-Modelle in mehreren deutschen Großstädten kritisiert. Ihre Partei halte diese Maßnahme in der Regel nicht für verhältnismäßig, wenn die Grenzwerte für Stickstoffdioxid nur in geringem Umfang überschritten werden, sagte Merkel nach einer Sitzung der CDU-Spitzengremien. Ihre Partei wolle für diese Fälle das Immissionsschutzgesetz so ändern, dass Fahrverbote bei geringer Überschreitung als „unverhältnismäßig“ eingestuft werden.

Deshalb gehe ich davon aus, dass man das für Frankfurt vermeiden kann.

CDU-Chefin Angela Merkel zum drohenden Diesel-Fahrverbot.

In 51 Städten in Deutschland bestehen Merkel zufolge lediglich geringe Überschreitungen des Stickstoffdioxid-Grenzwertes. Hier reichten die bereits beschlossenen Maßnahmen zur Luftverbesserung aus, erklärte sie. Vor diesem Hintergrund zeigte sie sich zuversichtlich, dass etwa das für Frankfurt am Main bereits gerichtlich angeordnete Diesel-Fahrverbot noch vermieden werden könne. Die Bundesregierung habe für Städte mit nur einer geringen Überschreitung der Stickoxid-Grenzwerte ein so umfangreiches Maßnahmenpaket zur Reduzierung der Emissionen vorgelegt, dass ein Fahrverbot nicht verhältnismäßig sei, sagte die Kanzlerin. Zudem werde die Regierung das Immissionsschutzgesetz so ändern, dass diese fehlende Verhältnismäßigkeit auch gesetzlich festgeschrieben werde. „Deshalb gehe ich davon aus, dass man das für Frankfurt vermeiden kann“, sagte Merkel zu dem Fahrverbot.

Autoindustrie ist am Zug

Mit Blick auf manipulierte Abgastests, den Umstieg auf sauberere Autos und den Einbau neuer Katalysatoren in ältere Diesel-Autos sagte Merkel, sie stehe an der Seite der Autobesitzer. Ihnen solle kein finanzieller Schaden entstehen. Sie sehe „in ganz wesentlichem Maße“ die Autoindustrie in der Verantwortung. „Denn die Automobilindustrie hat wirklich massiv Vertrauen zerstört, und daher muss sie auch einen Beitrag leisten, dieses wieder herzustellen.“ Die Große Koalition hatte sich erst kürzlich auf ein Maßnahmenpaket geeinigt, das in 14 besonders belasteten Städten Fahrverbote verhindern sollte. Es sieht unter anderem Anreize zum Kauf neuer Wagen vor, damit mehr alte Diesel von den Straßen kommen. Daneben sollen Motor-Nachrüstungen bei älteren Wagen ermöglicht werden – dafür fehlen aber noch grundlegende Zusagen der Autobauer.

Ich werde alles tun, um das Fahrverbot zu verhindern.

Volker Bouffier (CDU), hessischer Ministerpräsident

Auch Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) rechnet nicht damit, dass das angeordnete Fahrverbot in Frankfurt kommt. Wegen der fehlenden Verhältnismäßigkeit des Urteils habe die Landesregierung Beschwerde eingelegt. „Ich werde alles tun, um das Fahrverbot zu verhindern“, sagte der CDU-Politiker, der sich kommenden Sonntag bei der Landtagswahl in Hessen zur Wiederwahl stellt. Seine schwarz-grüne Landesregierung hat gegen die Gerichtsentscheidung Beschwerde eingelegt. Das angeordnete Fahrverbot für Frankfurt gilt als sensibles Wahlkampfthema gerade für Zehntausende Pendler und Diesel-Fahrer im Großraum Frankfurt. Bei der hessischen Landtagswahl muss die CDU laut Umfragen mit erheblichen Verlusten rechnen.

CDU verlangt Nachrüstungen

In ihrer Sondersitzung beschlossen das Präsidium und der Bundesvorstand der CDU außerdem eine Erklärung zum Diesel-Thema, in der die Hersteller aufgefordert werden, den Diesel-Besitzern unter die Arme zu greifen. Diese dürften keine finanziellen Nachteile haben, forderte Merkel. „Als weitere Maßnahme wird der Bund zügig die technischen Grundlagen für die Hardware-Nachrüstung von Diesel-Autos legen und bei der EU notifizieren“, heißt es in dem Papier. Von der Autoindustrie erwarte die CDU wegen ihrer Verantwortung „jenseits einer Rechtspflicht“ die Finanzierung dieser Nachrüstungen. Bisher weigern sich die Autokonzerne, die vollen Kosten für eine Hardware-Nachrüstung zu übernehmen.

Zuletzt hatten Gerichte wegen Luftverschmutzungen Diesel-Fahrverbote verhängt oder angedroht. In Großstädten wie Frankfurt, Berlin, München oder Stuttgart ist die Luft mit Schadstoffen belastet. An einigen Stellen wird der Grenzwert für Stickstoffdioxid überschritten. Es kann Atemwege und Augen reizen, die Lungenfunktion stören oder zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen. Dieselautos sind eine Hauptursache für die schlechte Luft, weshalb die Gerichte die Verbote verhängten.