Die Verkehrsministerkonferenz will Diesel-Fahrverbote möglichst vermeiden (v.l.): Frank Horch (parteilos), scheidender Verkehrssenator Hamburgs, Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), Winfried Hermann (Grüne) aus Baden-Württemberg. (Foto: Imago/Chris Emil Janßen)
Verkehrspolitik

Minister wollen Diesel-Fahrverbote vermeiden

Die Verkehrsminister fordern eine Offensive, um die Eisenbahn attraktiver zu machen. Bundesminister Scheuer wirbt für seine Initiative „Deutschlandtakt“. Diesel-Fahrverbote sollen tunlichst verhindert werden. Drohnen sollen bald Pakete ausfliegen.

Die Verkehrsminister von Bund und Ländern wollen den Bahnverkehr in Deutschland attraktiver machen. Auf ihrem Herbsttreffen in Hamburg forderten sie den Bund auf, ausreichend Geld zur Verfügung zu stellen. Damit solle beispielsweise die Mobilfunkversorgung an Bahnstrecken verbessert werden, aber auch Bahnhöfe insgesamt pendlerfreundlich gestaltet werden – etwa durch Barrierefreiheit, Sitzgelegenheiten und mehr Parkplätze für Autos und Fahrräder. Die Bahn solle bei schlechtem Wetter weniger störungsanfällig werden. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) warb für sein Projekt „Deutschland-Takt“, mit dem ab 2020 der Fern- und Nahverkehr der Bahn erheblich verbessert werden soll: Die Züge sollen aufeinander abgestimmt stets annähernd gleichzeitig an den Knoten-Bahnhöfen ankommen und abfahren, und zwar im 30-Minuten- oder Stunden-Takt. Die Länder-Verkehrsminister verlangten darüber hinaus ein größeres Engagement des Bundes, damit Städte sowohl den öffentlichen Nahverkehr als auch Fuß- und Radwege weiter ausbauen können.

„Der Schienenverkehr hat mit seinen derzeit gravierenden Lücken bei der Versorgung mit Mobilfunk auf den Bahnstrecken einen deutlichen Wettbewerbsnachteil gegenüber dem Verkehrsträger Straße. Das ist nicht zeitgemäß und passt auch nicht zu dem Ziel, Anreize für den Einzelnen zu schaffen, vom Auto auf Bus und Bahn umzusteigen. Hier besteht dringender Handlungsbedarf“, sagte Hamburgs Verkehrssenator Frank Horch (parteilos). Neben der Anpassung der Bahnsteighöhen seien genaue und schnelle Fahrgastinformationen ein wichtiger Baustein, außerdem ein besserer Wetterschutz für die Fahrgäste, auch an Bushaltestellen. Grundsätzlich sollen nach Auffassung der Verkehrsministerkonferenz alle Bahnhöfe gefördert werden können.

Dieselkrise: Fahrverbote tunlichst vermeiden

In der Dieselkrise pochten die Verkehrsminister auf die Verantwortung der Autohersteller. Es werde jedoch noch längere Zeit dauern, bis Hardware-Nachrüstungen von Diesel-Pkw der Abgasnorm Euro 5 möglich würden, sagte Bundesverkehrsminister Scheuer. Gegenwärtig gebe es keinen genehmigungsfähigen Hardware-Nachrüstsatz. Man brauche mindestens eineinhalb Jahre, bis ein solcher entwickelt und vom Kraftfahrt-Bundesamt genehmigt sei. Für Diesel-Pkw ausländischer Hersteller lohne sich eine Nachrüstung generell nicht. Einfacher sei hingegen die Hardware-Nachrüstung von Lkw, Bussen und Lieferfahrzeugen, meinte Scheuer.

„Wir nehmen das Thema Luftreinhaltung sehr ernst“, sagte der scheidende Vorsitzende der Verkehrsminister-Konferenz, der Hamburger Ressortchef Horch. „Dabei müssen wir alle Verkehrsmittel im Blick haben.“ Im Mittelpunkt der Diskussion stand das neue Konzept der Bundesregierung für saubere Luft. „Jetzt muss es um eine möglichst schnelle Umsetzung gehen. Bürger, die einen Diesel-Pkw besitzen, haben ein Recht, zu erfahren, wie es mit ihrem Auto weitergeht. Die Autoindustrie trägt hier eine hohe Verantwortung“, erklärte Horch.

Abbiege-Assistenten sollen schwere Unfälle zwischen Lkw und Radfahrern verhindern

Die Verkehrsminister forderten weitere Maßnahmen, um langfristig für nachhaltige Mobilität in Städten zu sorgen. Insbesondere sollen die Möglichkeiten zur Förderung von Maßnahmen und Projekten zur Luftreinhaltung etwa um den Radverkehr ausgeweitet und verstetigt werden. Die Minister begrüßten die im September von der Bundesregierung gegründete nationale Plattform „Zukunft der Mobilität“, die in enger Zusammenarbeit mit Industrie und Wirtschaft Maßnahmen zum Klimaschutz erarbeiten soll. Die Verkehrsministerkonferenz betonte die Rolle der Länder und forderte, dass die Nationale Plattform schon bald erste Handlungsempfehlungen vorlegt.

Die Ressortchefs beschlossen zudem, die Einführung elektronischer Abbiegesysteme für Lkw voranzutreiben. Die Technik, die hilft, Unfälle zwischen Lkw und Radfahrern zu verhindern, solle auch verbindlich vorgeschrieben werden, so die Verkehrsminister. Scheuer lobte, dass große deutsche Einzelhandelsketten wie Rewe, Edeka, Aldi oder Lidl in ihren Fahrzeugflotten bereits freiwillig auf elektronische Abbiege-Assistenten setzen. Bis zu einer endgültigen Regelung durch die EU unterstütze der Bund die Einführung mit einer Förderung von fünf Millionen Euro.

Paketdienste bald per Drohne?

Bei ihrer Tagung auf dem Airbus-Gelände im Hamburger Stadtteil Finkenwerder informierten sich die Verkehrsminister unter anderem über die Einsatzmöglichkeiten von Drohnen sowie über mögliche Lufttaxis. Drohnen könnten als Transportmittel zum Beispiel im medizinischen Bereich für Gewebeproben oder Blutkonserven eingesetzt werden, aber auch kommerziell im Pakettransport, sagte Horch. Es gelte allerdings, eine Reihe von Fragen der Luftsicherheit und des Datenschutzes zu klären und gesetzlich zu regeln. Im Zusammenhang mit dem Luftfahrt-Gipfel vor zwei Wochen in Hamburg forderten die Landesminister, dass der Bund einen höheren Anteil an den Kosten für die Sicherheitskontrollen an Flughäfen übernehmen solle. Scheuer vergab einen Förderbescheid über knapp zehn Millionen Euro für ein neues Leitprojekt für die emissionsfreie Paketzustellung, an dem führende Paketdienste und Autohersteller beteiligt sind.

Der Vorsitz der Verkehrsministerkonferenz wechselt Ende des Jahres nach zwei Jahren von Hamburg ins Saarland. Der scheidende Vorsitzende, Hamburgs Wirtschafts- und Verkehrssenator Horch, der sein Amt zum Jahresende aus Altersgründen niederlegen will, wurde von den Kollegen einhellig gelobt: Der frühere Manager und Präses der Hamburger Handelskammer sei einer, der die Diskussion über Mobilität und Verkehr in Deutschland in den vergangenen Jahren „über Parteigrenzen hinweg“ vorangebracht und moderiert habe, sagte etwa Bundesverkehrsminister Scheuer.