Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU, l.) und Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) erklären in der Bundespressekonferenz die Einigung im Dieselstreit. (Foto: Imago/Reiner Zensen)
Bundesregierung

Dieselstreit ist vom Tisch

Die CDU/CSU-SPD-Koalition beweist Handlungsfähigkeit und erzielt eine wichtige Einigung im Dieselstreit. Fahrverbote sollen auf jeden Fall vermieden, die Luftqualität rasch verbessert und betroffene Dieselbesitzer von Nachteilen freigestellt werden.

Die große Koalition aus CDU/CSU und SPD hat den Dieselstreit gelöst, Fahrverbote werden vermieden. Die Diesel-Fahrer im Umkreis der Stickoxid-belasteten Städte werden die Wahl haben zwischen Kaufprämien und Hardware-Nachrüstung, falls technisch möglich.

Dieselstreit vom Tisch

Bei der Gratwanderung zwischen Gesundheit und Mobilität will die CSU insbesondere dafür sorgen, dass für betroffene Dieselbesitzer keine Nachteile entstehen, die Luftqualität rasch verbessert und Fahrverbote vermieden werden. Besitzer älterer Diesel in Regionen mit besonders stark mit Stickoxiden belasteter Luft sollen nun neue Angebote zum Kauf sauberer Euro-6-Autos und für Motor-Nachrüstungen bekommen. Das geht aus dem Beschlusspapier der Koalitionsspitzen hervor. Man habe sich auf einen „sehr, sehr großen Schritt verständigt“, sagte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU).

Vorgesehen sind diese beiden Möglichkeiten zum einen bezogen auf 14 „besonders betroffene Städte“ mit hohen Grenzwertüberschreitungen bei der Luftbelastung mit Stickstoffdioxid (NO2): München, Stuttgart, Köln, Reutlingen, Düren, Hamburg, Limburg an der Lahn, Düsseldorf, Kiel, Heilbronn, Backnang, Darmstadt, Bochum und Ludwigsburg. Zum anderen geht es um weitere Städte, in denen demnächst Fahrverbote kommen könnten – dies betrifft unter anderem Frankfurt am Main.

Wir verhindern Belastungen der betroffenen Fahrzeughalter.

Andreas Scheuer (CSU), Bundesverkehrsminister

Einbezogen werden sollen bei allen diesen Städten jeweils auch Bewohner der angrenzenden Landkreise und „außerhalb dieser Gebiete wohnhafte Fahrzeughalter, die ein Beschäftigungsverhältnis in der Stadt haben“. Ebenso Selbstständige, die ihren Firmensitz in der Stadt haben und deswegen aus beruflichen Gründen in die Städte pendeln müssen, sowie Fahrzeughalter mit besonderen Härten.

„Die Mobilität der Bürger hat für die CSU höchste Priorität“, erklärte Verkehrsminister Scheuer. „Wir wenden uns entschieden gegen Fahrverbote in unseren Innenstädten und verhindern Belastungen der betroffenen Fahrzeughalter. Sollte es dennoch zu Fahrverboten kommen, wollen wir Belastungen für hiervon Betroffene verhindern, sowohl solche finanzieller als auch einschränkender Art.“

Wahl zwischen Umstiegsprämie und Nachrüstung

Damit mehr ältere Diesel von den Straßen kommen, sollen neue Kaufanreize kommen. Die deutschen Hersteller haben dem Bund demnach zugesagt, für Besitzer von Wagen der Abgasnormen Euro 4 und Euro 5 „ein Tauschprogramm mit attraktiven Umstiegsprämien oder Rabatten“ anzubieten. Summen werden in dem Papier nicht genannt. Dabei solle „der besondere Wertverlust, den Diesel-Fahrzeuge durch die Debatte um deren Schadstoffausstoß erlitten haben, ausgeglichen werden“. Gekauft werden können Neuwagen und auch Gebrauchte. Von den ausländischen Herstellern würden vergleichbare Angebote erwartet.

Wir wollen Fahrverbote verhindern und dort, wo sie unumgänglich sind, Nachteile für Bürger, die auf individuelle Mobilität angewiesen sind, vermeiden.

Beschlusspapier der großen Koalition

Für Euro-5-Diesel soll als zweite Möglichkeit der Einbau zusätzlicher Abgasreinigungstechnik am Motor ermöglicht werden. Bei Euro-4-Fahrzeugen ist das technisch nicht möglich. Wenn Besitzer eine solche Hardware-Nachrüstung wollen und solche Systeme verfügbar und geeignet sind, erwartet der Bund „vom jeweiligen Automobilhersteller, dass er die Kosten hierfür einschließlich des Einbaus übernimmt“. Die Haftung sollen die Nachrüstfirmen übernehmen.

„Wir wollen Fahrverbote verhindern und dort, wo sie unumgänglich sind, Nachteile für Bürger, die auf individuelle Mobilität angewiesen sind, vermeiden“, heißt es im Beschlusspapier. „Dies gilt sowohl für finanzielle Belastungen als auch für Nutzungseinschränkungen. Dabei hat die Automobilindustrie ebenfalls eine hohe Verantwortung.“ Bereits nach dem Dieselgipfel von Bund und Autobranche 2017 hatten die deutschen Hersteller Prämien von bis zu 10 000 Euro aufgelegt. Diese nahmen mehr als 200.000 Kunden in Anspruch, wie es im Juli hieß. Dieser Effekt reichte der Regierung aber nicht. Generell können Kunden beim Autokauf mit Rabatten von einigen Tausend Euro rechnen.

„Der Deutsche Städtetag begrüßt, dass sich die Koalition endlich zu Hardware-Nachrüstungen durchgerungen hat“, lobt Helmut Dedy, der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, die Einigung. „Das haben die Städte seit langem gefordert. Am besten wäre eine umfassende Nachrüstung für Euro 5-Dieselautos im ganzen Land. Das jetzt beschlossene Vorgehen ist jedoch immerhin ein Schritt, der helfen kann, Dieselfahrern weiter die Zufahrt in besonders belastete Städte zu ermöglichen.“