Symbol für das Christentum und die christliche Prägung Bayerns: Ein Kruzifix in Oberammergau. (Bild: Imago/Manngold)
Debatte

„In Verantwortung vor Gott und den Menschen“

Die CSU macht Politik auf Grundlage des christlichen Welt- und Menschenbildes, betont Michael Frieser, der Justiziar der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, und weist Kritik am bayerischen Kreuzerlass entschieden zurück.

„Grundlage unserer Politik und unseres Handelns ist das christliche Welt- und Menschenbild. Das bedeutet politisches Handeln in Verantwortung vor Gott – und den Menschen“, sagt Michael Frieser, Justiziar der Unions-Bundestagsfraktion und Bezirksvorsitzender der CSU Nürnberg-Fürth-Schwabach. Er reagiert damit auf einen offenen Brief, in dem sich 100 Unterzeichner um den Nürnberger Jesuiten Jörg Alt an die CSU gewandt haben. Als Reaktion auf den Kreuzerlass von Ministerpräsident Markus Söder verlangen sie unter anderem eine Politik „im Namen gesellschaftlicher Solidarität und sozialen Zusammenhalts“.

Barmherzig in der Flüchtlingskrise

Genau dies habe die CSU-geführte Staatsregierung stets geleistet, erwidert Frieser. Er erinnert an die besonderen Herausforderungen, die das CSU-geführte Bayern gerade in der Flüchtlingskrise 2015/16 meisterte, als beinahe alle der rund eine Million Flüchtlinge über die Balkanroute nach Bayern kamen.

Bayern hat seit 2015 Milliarden für Flüchtlingshilfe ausgegeben. Damit kommen wir wie kein anderes Land und keine andere Partei den christlichen Prinzipien von Barmherzigkeit und Nächstenliebe nach.

Michael Frieser, Bezirksvorsitzender der CSU Nürnberg-Fürth-Schwabach

Die Forderungen, die im offenen Brief vorgetragen würden, seien längst selbstverständlicher Bestandteil politischen Handelns der CSU, sagt Frieser: „Bayern hat seit 2015 Milliarden für Flüchtlingshilfe ausgegeben. Damit kommen wir wie kein anderes Land und keine andere Partei den christlichen Prinzipien von Barmherzigkeit und Nächstenliebe nach.“

Kritik läuft ins Leere

Auch weitere Kritikpunkte, welche im offenen Brief „Kennzeichen christlicher und sozialer Politik“ geäußert werden, kann Frieser nicht nachvollziehen. So fordern die Unterzeichner unter anderem, Ausgrenzungen anderer Menschen aufgrund von Religion, Herkunft, Geschlecht oder sexueller Orientierung müssten vermieden werden. Wegen der anstehenden globalen Veränderungen und der bayerischen Kassenlage sollten massiv öffentliche Gelder investiert werden, „um Bayern zu einer sozial gerechten und ökologisch nachhaltigen Modellregion zu gestalten“.

Die CSU steht für eine politische Ordnung, die Selbstentfaltung auf sicherer Grundlage ermöglicht. Die im ‚offenen Brief‘ vorgetragene Meinung ist als staatliches Ordnungsprinzip untauglich.

Michael Frieser

Doch genau diese Forderungen würden bereits umgesetzt,  betont Frieser. „Wer Asyl in Deutschland beantragt, bekommt ein rechtsstaatliches Verfahren. Ebenso steht die CSU für leistungsgerechte Besteuerung und hat sich im Rahmen der Koalitionsverhandlungen für eine Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen ausgesprochen“, sagt er. Allerdings stellt Frieser auch klar, dass der offene Brief ein weiteres wichtiges Grundprinzip staatlichen Handelns vergesse: die Aufrechterhaltung der staatlichen Ordnung. „Die CSU steht für eine politische Ordnung, die Selbstentfaltung auf sicherer Grundlage ermöglicht. Die im ‚offenen Brief‘ vorgetragene Meinung ist als staatliches Ordnungsprinzip untauglich“, erklärt Frieser.

Theologieprofessoren unterstützen Kreuzerlass

Zwar werden die Stimmen, die sich hinter dem Jesuiten Alt zusammengefunden haben, aktuell medial sehr hochgespielt – zumal sie sich ausdrücklich an die bayerischen Wähler richten und damit in den Landtagswahlkampf eingreifen. Doch sie sind bei weitem nicht die einzigen theologischen Stimmen, die sich mit der Politik der bayerischen Staatsregierung unter dem Gesichtspunkt des Kreuzerlasses befassen. In einer „Ökumenischen Erklärung von Theologieprofessoren zum Kreuzerlass“ begrüßen 79 bedeutende bayerische Theologen und Professoren ausdrücklich den Beschluss von Ministerpräsident Söder, in allen bayerischen Behörden ein Kreuz aufzuhängen.

„Wir sagen ja zum Kreuz“, erklären die 79 Theologen um Wolfgang Vogl, Elmar Nass, Jürgen Henkel und Hermann Schoenauer. Wörtlich heißt es in der „Ökumenischen Erklärung“: „Wir freuen uns über die in öffentlichen und staatlichen Räumen anzutreffenden Kreuze. Das öffentlich sichtbare Kreuz hat auch dem säkularen Menschen Wichtiges zu sagen. Wer auf das Kreuz blickt, sieht sich dabei gleichermaßen konfrontiert mit einem wesentlichen Werteanker unserer humanistischen Toleranzkultur wie mit Jesus Christus als dem Sohn Gottes. Auch wenn dies manche als anstößig empfinden, so dürfen dennoch Christen niemals Kreuze entfernen oder abhängen.“

Kritiker messen mit zweierlei Maß

Gleichzeitig greifen die 79 Theologen die Kritiker des Kreuzerlasses an: „Für uns unverständlich ist die öffentlich zur Schau gestellte Solidarisierung einiger kirchlicher Stimmen oder Organisationen mit den Laizisten, die die Kreuze schon lange zumindest aus öffentlichen Gebäuden verbannen wollen. Eine solche Haltung grenzt an Selbstaufgabe, was gerade die Menschen anderer Religionen nicht schätzen und viele Christgläubige befremdet.“

Dem Vorwurf, hier werde die Religion instrumentalisiert, halten sie entgegen, dass der Einsatz von Symbolen ein legitimes Mittel demokratischer Politik sei: „Wenn sich beispielsweise die Linkspartei am 1. Mai in Demonstrationen einreiht oder Grüne sich gegen Lebensschützer solidarisieren, wittert keiner die Instrumentalisierung der Arbeiter oder der Genderisten. Man glaubt ihnen, dass das ihrer ehrlichen Überzeugung entspricht. Wenn aber christliche Politiker sich mit dem Kreuz solidarisieren, wird suggeriert, es müsse selbstverständlich reine Parteitaktik sein. Wir sagen nein dazu, dass hier offenbar mit zweierlei Maß gemessen wird.“