Das Landtagswahlprogramm entlarvt de FDP als unbayerische Partei. (Symbolfoto: Imago/Ulrich Roth)
Wahlprogramm

Die FDP fremdelt mit Bayern

Misstrauen gegenüber Staat und christlicher Leitkultur, Ladenöffnung am Sonntag, Genderunterricht an den Schulen: Die Politik der FDP würde das Leben im Freistaat massiv verändern. Ihr Landtagswahlprogramm ist in vielen Punkten ziemlich unbayerisch.

Den Start in den Landtagswahlkampf hat die FDP Bayern gleich einmal verpatzt: Die Forderung, das Ladenschlussgesetz komplett aufzuheben und die Geschäfte auch sonntags 24 Stunden lang zu öffnen, stieß bei allen anderen politischen Akteuren – auch bei erhofften Koalitionspartnern – umgehend auf massive Ablehnung. Diese Forderung war beim FDP-Landesparteitag in Bad Windsheim mit äußerst knapper Mehrheit – 139 zu 137 – als Teil des 77-seitigen Landtags-Wahlprogramms beschlossen worden. Dabei hatten sich die Jungliberalen spektakulär gegen die Empfehlung des Landesvorstands durchgesetzt.

Die Forderung nach offenen Geschäften am Sonntag, die offensichtlich unpopulär ist, zwang den frisch gekürten Spitzenkandidaten Martin Hagen zu argumentativen Seiltänzen. Einerseits betonte er seine „Freude“ über den Beschluss, denn er konnte ja seine eigene Partei im beginnenden Wahlkampf nicht kritisieren. Andererseits versuchte Hagen, die Wellen der öffentlichen Empörung zu glätten, indem er gleich nachschob, dass die „Priorität“ nicht auf dem Sonntag liege, sondern auf der Liberalisierung an den Werktagen.

Die FDP – eine „unbayerische“ Partei

Kleine Einzelhändler kritisieren aber selbst an dieser Stelle, dass die weitere Liberalisierung mangels Personals und Kundschaft ihnen gar nicht bringen würde, sondern nur den großen Handelsketten – was wiederum offenbart, wessen Interessen die FDP im Kern vertritt. Und es zeigt, dass die im Kern agnostische oder atheistische FDP die christlich-konservative DNA Bayerns immer noch nicht verstanden hat oder nicht annehmen will.

Die FDP fremdelt weiterhin mit der christlich-abendländischen Grundierung des Freistaats, zu der eben auch der Schutz des Sonntags gehört – wie auch die Sargpflicht bei Bestattungen und das Tanzverbot am Karfreitag, die die FDP beide abschaffen will. „Unbayerisch“ nennt der frühere CSU-Chef Erwin Huber die Forderungen der FDP. Oder wie es der gerade von der FDP zur CSU gewechselte Tobias Thalhammer formuliert: Die FDP habe sich „vom bürgerlich-bayerischen Lebensgefühl entfernt“. Das zeigt sich auch in weiteren Schwachpunkten des Landtags-Wahlprogramms: So lehnt die FDP den Begriff der christlich-abendländischen Leitkultur Bayerns als politisches Ziel ab und setzt sie bewusst in Anführungszeichen, um sich von ihr zu distanzieren.

Innere Sicherheit kommt ganz zuletzt

Die Innere Sicherheit, eigentlicher Kernzweck des Staates schlechthin, firmiert bei der FDP lediglich als Unterpunkt des letzten Kapitels „Freiheit und Rechtsstaat in Bayern“. Die FDP wirft sich auch gern in die Pose der Bürgerrechtspartei und sperrt sich gegen wichtige Maßnahmen zur Verbrechensbekämpfung wie mehr Videoüberwachung, die Online-Durchsuchung mittels „Staatstrojaner“, die Vorratsdatenspeicherung sowie im Grundsatz das ganze neue bayerische Polizeiaufgabengesetz. Die FDP will eine individuelle Kennzeichnung aller Polizisten, was insbesondere Linksextremisten bei gewalttätigen Ausschreitungen einen großen Trumpf in die Hände spielen würde.

Die FDP fordert die Liberalisierung der Drogenpolitik, die schon in vielen rot-grünen Ländern gescheitert ist: „Bis die Legalisierung von Cannabis erreicht ist, wollen wir die Grenze für den straffreien Eigengebrauch auf 15 Gramm erhöhen“, heißt es. Außerdem will die FDP eine „kontrollierte Abgabe von Cannabis in lizenzierten Geschäften“ – der Staat als Dealer, das ist der sonst so staatskritischen FDP plötzlich recht.

Tore auf für Zuwanderer?

Außerdem lehnt die FDP die geplanten „Anker“-Zentren ab, die zur Beschleunigung der Asylverfahren dienen und die Kommunen entlasten sollen. Stattdessen sollen die Asylbewerber nach dem Willen der FDP rasch in die Kommunen verteilt und in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden, auch wenn ihre Chancen auf Asyl nahe Null sind.

Das Ziel der FDP ist augenscheinlich, die Tore Bayerns mit einem Einwanderungsgesetz nach kanadischem Vorbild noch weiter zu öffnen. Dabei wandern bereits jetzt jedes Jahr hunderttausende potenzielle Arbeitnehmer wegen der EU-Freizügigkeit nach Deutschland zu. Der Verdacht drängt sich auf, dass die FDP die Zuwanderung aus aller Welt im Endeffekt massiv ausweiten will – was klar gegen den Willen der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung wäre. Mit dieser Position liegt die bayerische FDP auch deutlich links vom Kurs des Bundesvorsitzenden Christian Lindner.

Angriff auf Religion und Familie

Die Begriffe „Zukunft“, „Bildung“ und vor allem „digitales Lernen“ haben die prominentesten Plätze im Wahlprogramm inne. Der Abschnitt „Weltbeste Bildung für Bayern“ umfasst die ersten 16 Seiten des Programms und zeitlich den gesamten Bereich vom Kindergarten über Schule und Hochschule bis zum lebenslangen Lernen im Beruf und Umschulungen. Dabei unterstützt die FDP ausdrücklich das vielfach gegliederte bayerische Schulsystem, von der Mittelschule über Real- und Wirtschaftsschule bis zu Gymnasium und Privatschulen.

An anderen Stellen sind die Liberalen aber auch in der Bildungs- und Familienpolitik vollkommen „unbayerisch“: Den bewährten konfessionsgebundenen Religionsunterricht wollen sie durch einen „neutralen“ Religionskunde- und Ethikunterricht für alle ersetzen. Auch will die FDP das als „Herdprämie“ verunglimpfte Betreuungsgeld abschaffen, das doch gerade die Wahlfreiheit der Eltern bei der Erziehung ihrer Kinder unterstützt. Heikel sind auch die FDP-Forderungen nach einer „geschlechtersensiblen Pädagogik“ in der Schule. Die Ziele, die unter Überschriften wie „Diversity im Unterricht“ formuliert werden, widersprechen unter anderem der Auffassung vom Leitbild der traditionellen Ehe aus Mann und Frau als Grundlage für Familien und könnten so auch im Programm von Linken und Grünen stehen.