Neben dem bayerischen Landtag wurden am 14. Oktober auch die Bezirkstage neu gewählt. (Graphik: Staatsregierung)
Bezirkstagswahl

Mehrheitsbildung wird schwierig

Jeweils sieben bis zehn Parteien ziehen in die Bezirkstage ein, die Gremien sind damit sehr zersplittert. Die CSU ist überall stärkste Kraft, doch dürfte die Mehrheitsbildung schwierig werden – vor allem in Oberbayern, Mittelfranken und Schwaben.

Die CSU bleibt auch bei den Wahlen zu den sieben bayerischen Bezirksparlamenten eindeutig stärkste Partei, rutscht aber bayernweit unter die 40-Prozent-Marke. In Oberbayern, Schwaben und Mittelfranken könnten rechnerisch Anti-CSU-Bündnisse zustande kommen, falls Freie Wähler (FW) und FDP bei so etwas mitmachen. Umgekehrt bräuchte die CSU in Oberbayern und Mittelfranken entweder die Grünen oder aber ein Vierer-Bündnis mit FW, FDP plus einen weiteren Partner für eine Mehrheit. In Schwaben kommt für die CSU ebenfalls ein schwarz-grünes Bündnis in Frage oder eine Dreier-Allianz, beispielsweise CSU-FW-FDP. In allen übrigen Bezirken können CSU und FW eine stabile Mehrheit erreichen.

Bei der Bezirkstagswahl gibt es keine Fünfprozent-Sperrklausel, was die Parlamente so stark zersplittert wie nie: In sechs der sieben Bezirkstage ziehen jeweils sieben bis neun Parteien ein, in Oberbayern sogar zehn. Die Bezirke sind die dritte kommunale Ebene in Bayern nach Gemeinden und Landkreisen. Sie übernehmen Aufgaben, die für viele Städte allein zu kostspielig wären. Am bekanntesten sind die Bezirke als Träger der psychiatrischen und neurologischen Krankenhäuser. Sie leisten aber auch Behindertenhilfe, fördern die örtliche Wirtschaft, unterhalten bestimmte Fach- und Sonderschulen und kulturelle Einrichtungen wie die weithin beliebten Freilandmuseen.

Oberbayern: Mit zehn Parteien so zersplittert wie nie

Weil die Stadt München (wieder einmal) besonders lang für die Auszählung brauchte, wurde das Endergebnis in Oberbayern als letztes verkündet. In München nehmen die Grünen der CSU fünf Direktmandate ab – in denselben Stimmkreisen wie bei der Landtagswahl und teilweise nach sehr knappen Kopf-an-Kopf-Rennen mit den CSU-Kandidaten. Alle übrigen 26 Direktmandate Oberbayerns bleiben bei der CSU. Zehn Parteien ziehen in den neuen oberbayerischen Bezirkstag ein, das bedeutet maximale Zersplitterung und eine sehr schwierige Mehrheitsbildung.

Die CSU stellt 26 (Direkt-)Mandate und kommt auf 31,1 Prozent, ein Minus von 13,2 Punkten und die schwersten Verluste bayernweit. Die Grünen gewinnen 10,0 Punkte und erreichen jetzt 21,4 Prozent, was 18 Sitze bedeutet. Die Freien Wähler (FW) gewinnen 2,6 Punkte hinzu auf 12,0 Prozent, sie kommen mit zehn Sitzen auf Platz 3. Die SPD stürzt um 9,4 Punkte ab auf 9,6 Prozent – eine Halbierung. Die SPD erhält noch acht Sitze. Die AfD kommt aus dem Stand auf 8,5 Prozent und sieben Sitze, dahinter reihen sich FDP (6,5 Prozent, fünf Sitze), Linkspartei (3,3, drei Sitze), Bayernpartei mit 2,7 (zwei Sitze), ÖDP mit 2,6 Prozent (zwei Sitze) und sogar die Splitterpartei Tierschutz (0,7 Prozent, ein Sitz) ein. Wie bei der Landtagswahl erringt die FDP in Oberbayern ihr mit Abstand bestes Ergebnis.

Anti-CSU-Bündnis auch ohne FDP rechnerisch möglich

Der oberbayerische Bezirkstag wird wegen Ausgleichs- und Überhangmandaten auf 82 Abgeordnete anwachsen: Die CSU hat sieben Überhangmandate, die kleineren Parteien erhalten dafür 14 Ausgleichsmandate. In Oberbayern ist rechnerisch eine Anti-CSU-Koalition möglich. Einige Rechenbeispiele: Grüne (18), FW (10) SPD (8), FDP (5), Linke (3), Bayernpartei (2), ÖDP (2) und Tierschutz (1) hätten 49 Sitze, eine klare Mehrheit. Dieses Spielchen würde sogar ohne die FDP und ohne die Bayernpartei funktionieren (42 Sitze).

Es kommt also vor allem auf die FW an, ob sie Stabilität mit der CSU wollen oder ein von den Grünen angeführtes Chaos. Wenn die FW (10) der CSU (26) den Zuschlag geben, bräuchte dieses Bündnis mindestens zusätzlich die FDP (5), das wäre allerdings mit 41 Sitzen immer noch keine Mehrheit. Es müsste ein weiterer Partner an Bord, etwa die Bayernpartei (2) oder die ÖDP (2). Außerdem hätte ein schwarz-grünes Bündnis eine satte Mehrheit mit 44 Sitzen. In der letzten Legislaturperiode hatte die CSU mit der SPD eine informelle Zusammenarbeit. Wenn dies auch künftig der Fall sein sollte, bräuchten CSU und SPD (zusammen 34) irgendwoher noch weitere acht Sitze, beispielsweise von den FW.

Mittelfranken: CSU bräuchte drei Partner für Mehrheit

Schon bisher war die Mehrheitslage für die CSU im Bezirkstag Mittelfranken sehr schwierig. Diese Lage hat sich weiter verschärft. Die Grünen haben bereits angekündigt, dass sie eine Regenbogen-Koalition gegen CSU und AfD versuchen wollen, wobei aber sehr fraglich sein dürfte, ob FDP und FW da mitmachen. „Jetzt ist in Mittelfranken eine Mehrheit auch jenseits von CSU und AfD möglich“, tönte jedenfalls der bisherige Grünen-Fraktionschef Daniel Arnold in den Nürnberger Nachrichten – auch wenn Parteipolitik auf Bezirksebene weit weniger überhaupt eine Rolle spielt. Die CSU holt mit 33,1 Prozent (minus 6,8 Prozentpunkte) elf Sitze, ausschließlich Direktmandate. Die Grünen kommen mit einem Plus von 7,7 Punkten auf 18,1 Prozent und erhalten sechs Sitze, doppelt so viele wie bisher. Die SPD kommt mit einem Minus von 10,4 Punkten auf 13,2 Prozent und darf noch vier Bezirksräte entsenden – ebenso wie die FW, die mit einem kleinen Plus von 1,3 Punkten auf 10,7 Prozent kommen. Die FW gewinnen im Nürnberger Land ein Direktmandat mit dem dort enorm beliebten Landrat Armin Kroder.

Die AfD zieht mit 9,7 Prozent und drei Abgeordneten erstmals in den Ansbacher Bezirkstag ein. Die Linkspartei kommt mit einem Plus von 1,4 Punkten auf 4,8 Prozent und stellt zwei Abgeordnete. Die FDP gewinnt 1,0 Punkte auf 4,4 Prozent und stellt einen Bezirksrat, ebenso wie ÖDP (1,8 Prozent, plus 1,0) und die „Frankenpartei“ (1,5 Prozent, minus 1,2). Die „Piraten“ landen mit 1,2 Prozent (minus 1,4) knapp dahinter und haben das Nachsehen: Sie fliegen aus dem Bezirkstag. Angesichts eines Neunparteien-Gremiums zeigt sich, wie fatal sich das Fehlen der Fünfprozent-Sperrklausel auf die Arbeitsfähigkeit des Bezirkstags auswirkt. Das Gremium wächst wegen Überhang- und Ausgleichsmandaten von regulär 24 auf 33 Sitze an. Rechenspiele: Entweder die CSU versucht Schwarz-Grün, eine solche Koalition hätte 17 Sitze, das würde reichen. Ein Bündnis aus CSU (11), FW (4) und FDP (1) kommt nur auf 16 Sitze und reicht nicht aus. Beispielsweise die ÖDP (1) oder die „Franken“ (ebenfalls 1) müssten dann mit ins Boot. Umgekehrt hätte eine „Truppe Kunterbunt“ gegen die CSU nur dann eine Chance, wenn FDP und FW mitmachen. Stabilität mit der CSU oder schwierige Konsensfindung mit allen anderen? FDP und FW müssen sich entscheiden.

Schwaben: Schwarz-Grün oder Dreierbündnis

Neun Parteien ziehen auch in den Bezirkstag Schwaben ein – auch dies eine deutliche Zersplitterung. Hier kommt die CSU auf 36,5 Prozent (minus 10,5) und holt alle 13 Direktmandate. Auf Platz zwei folgen die Grünen mit 16,5 Prozent (plus 8,1) und sechs Sitzen. Die Freien Wähler erhalten fünf Sitze. Die AfD zieht mit 11,1 Prozent und vier Sitzen in den Bezirkstag ein. Die SPD verliert 8,1 Prozentpunkte auf 8,0 Prozent und kommt auf drei Sitze. Die FDP erhält zwei Sitze, Linke, ÖDP und Bayern-Partei jeweils einen Sitz.

Wegen Überhangmandaten für die CSU und Ausgleichsmandate für andere Parteien wächst der Bezirkstag in Augsburg von regulär 26 auf 36 Sitze an. Auch im 2013 gewählten Bezirkstag hatte die CSU eben diese 13 Sitze – das Gremium war mit insgesamt 27 Sitzen aber deutlich kleiner. Rechenspiel: Die CSU (13) braucht künftig entweder die Grünen (6) als Partner, um auf die Mehrheit von 19 Sitzen zu kommen – oder aber Freie Wähler (5) und FDP (1) zusammen. Umgekehrt könnte theoretisch auch eine Anti-CSU-Bündnis mit Grünen (6), FW (5), SPD (3), FDP (2), Linkspartei (1), ÖDP (1) und Bayernpartei (1) mit 19 Sitzen eine Mehrheit erreichen – auch hier kommt es auf FW und FDP an.

Oberfranken: CSU bleibt dominierende Kraft, FW als Partner genügt

In Oberfranken holt die CSU 37,2 Prozent und alle acht Direktmandate, verliert allerdings 6,5 Prozentpunkte. Die SPD kommt mit einem Minus von 9,1 Punkten auf 15,6 Prozent und vier Sitze, das ist – wie bei der Landtagswahl – das relativ beste SPD-Ergebnis aller Bezirke. FW (12,9 Prozent, plus 1,6) und Grüne (12,3, plus 6,4) erhalten je drei Sitze, die AfD (10,7) zwei, die FDP (3,99, plus 1,8) und die Linkspartei (2,6, plus 0,4) je einen Sitz.

Das bedeutet zwei Überhangmandate für die CSU und drei Ausgleichsmandate, die an FW, Grüne und Linke gehen. Der Bezirkstag wächst von regulär 16 auf 21 Sitze, die sich auf sieben Parteien aufteilen. Rechnerisch kommt eine bürgerlich-konservative Koalition aus CSU (8) und FW (3) im oberfränkischen Bezirkstag auf elf Sitze und hätte die Mehrheit.

Unterfranken: CSU-FW-Bündnis bietet sich an

In Unterfranken kommt die CSU auf 37,6 Prozent und erringt alle zehn Direktmandate. Die Grünen kommen mit 15,9 Prozent (plus 6,8 Punkte) auf vier Sitze, FW (12,6 Prozent, plus 0,01) und SPD (10,4) erhalten je drei Sitze. Die AfD kommt aus dem Stand auf 9,6 Prozent und entsendet künftig zwei Bezirksräte. Außerdem erhalten FDP und Linkspartei je einen Sitz.

Der unterfränkische Bezirkstag wächst wegen Überhang- und Ausgleichsmandaten von regulär 20 auf 24 Sitze, die sich auf sieben Parteien aufteilen. Dennoch herrschen in Unterfranken klare Verhältnisse: Eine Koalition aus CSU (10) und FW (3) hätte mit 13 Sitzen eine Mehrheit.

Oberpfalz: CSU und FW haben Mehrheit

In der Oberpfalz verliert die CSU ein Direktmandat – und zwar an Tanja Schweiger (FW), die Landrätin von Regensburg und Lebensgefährtin von Hubert Aiwanger. Die übrigen sieben CSU-Direktkandidaten konnten sich klar durchsetzen. Auch dieses Parlament besteht künftig aus sieben Parteien. Die CSU kommt mit 37,8 Prozent auf sieben Sitze, die FW mit 16,6 auf drei. Drittstärkste Kraft in der Oberpfalz wird die AfD mit 12,3 Prozent und zwei Sitzen.

Ebenfalls zwei Sitze erhalten die Grünen mit ihren 12,1 Prozent. Die Grünen kommen in der Oberpfalz also nur auf Platz vier. Noch dahinter die einstellige SPD mit 8,7 Prozent und zwei Sitzen. Die FDP mit 3,5 Prozent und die Linkspartei mit 3,2 Prozent erhalten je einen Sitz. Der Bezirkstag in Regensburg wächst von regulär 16 auf 18 Sitze. Die CSU (7) kann mit den FW (3) eine stabile Mehrheit erreichen.

Niederbayern: CSU kann mit FW Mehrheit schaffen

Im niederbayerischen Bezirkstag gewinnt die CSU alle neun Direktmandate, allerdings ist auch im Parlament in Landshut die Zersplitterung stark: Insgesamt sind jetzt neun statt bisher sieben Parteien vertreten. Die CSU verliert 10,8 Punkte auf 39,0 Prozent – immer noch das beste CSU-Bezirksergebnis bayernweit. Die FW gewinnen 4,5 Punkte auf 16,4 Prozent, erringen damit vier Sitze und landen damit auf Platz 2. Die AfD kommt auf Platz 3, die holt 12,9 Prozent und drei Sitze. Die Grünen kommen – wie in der Oberpfalz – mit einem Plus von 4,0 Punkten nur auf Platz 4: Sie erhalten mit 9,7 Prozent zwei Sitze. Dies ist das schlechteste Grünen-Ergebnis in ganz Bayern auf Bezirksebene.

Die SPD verliert 8,5 Punkte, halbiert also ihr Ergebnis, stürzt auf Platz 5 und erhält mit 8,0 Prozent nur noch zwei Sitze. Die FDP gewinnt 1,4 Punkte und kommt mit 3,8 Prozent auf einen Sitz, ebenso wie ÖDP (3,6 Prozent, minus 1,0), Bayernpartei (3,36 Prozent, minus 0,06) und Linkspartei (2,3 Prozent, plus 0,4). Der niederbayerische Bezirkstag wächst von regulär 18 auf 24 Sitze. Wenn die CSU (9) und die Freien Wähler (4) ein Bündnis schmieden, würden diese 13 Sitze für eine bürgerlich-konservative Mehrheit ausreichen.