Rot-Rot-Grün im Zwielicht: Der Thüringer Ministerpräsident, Bodo Ramelow (Die Linke). (Bild: Imago/Jacob Schröter)
Kriminalfall

Thüringer Sprengstoff

Seit 2013 verleiht das Land Thüringen den "Demokratiepreis". Nun ist einer der Preisträger, ein linker Aktivist, verhaftet worden, weil er Sprengstoff herstellte und Chemikalien dazu in großer Menge hortete. Ein Kriminalfall, der aufhorchen lässt.

Seit 2013 verleiht das Land Thüringen den „Demokratiepreis“. Mit ihm werden „gute Praxisbeispiele und innovative Ansätze“ in der Arbeit für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit ausgezeichnet – im Kampf gegen Rechtsextremismus. Dass es in einem Bundesland, das 40 Jahre lange unter der linken SED-Diktatur gelitten hat, keinen Preis für den Kampf gegen Linksextremismus gibt, ist jedoch nur ein Randaspekt in einem brisanten Kriminalfall.

Viele offene Fragen

Die Polizei hat bei zwei Personen rund 100 Kilogramm Chemikalien zur Herstellung von Sprengstoff, eine fahrbare Bombenwerkstatt sowie hochexplosive Stoffe sichergestellt, die „gefährlicher als TNT“ seien. Derartige Mengen habe die Polizei in Thüringen noch nie gefunden, erklärt CDU-Generalsekretär Raymond Walk dem BAYERNKURIER. „Die hatten ein mobiles Labor zur Herstellung des gefährlichen Sprengstoffs TATP, darin liegt doch eine unabweisbare Brisanz!“ Auch die Polizei sagt: „Das sind keine Anfänger.“ Einer der Beschuldigten war aktiv in einer Initiative – und nahm für diese 2016 einen Anerkennungspreis eben jenes Demokratiepreises in Empfang.

Linke und Grüne sind Unterstützer dieses Bündnisses „Zivilcourage und Menschenrechte“ im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt (Zumsaru), ebenso wie verschiedene Antifa-Gruppen und Fans der linksradikalen Punkband „Feine Sahne Fischfilet“. Zumsaru hat sich von ihrem Mitarbeiter distanziert. Die örtliche Linken-Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss, der mehrere Zeitungen eine persönliche Bekanntschaft zu einem Täter nachsagen, war ebenfalls „entsetzt“. Der von SPD und Grünen gestützte Linkspartei-Regierungschef Bodo Ramelow warnte vor „Hysterie“ und einer „ideologisch-politischen Schlacht“.

Man stelle sich den Aufruhr vor, hätten Rechtsextremisten so viel gefährliche Stoffe gehortet!

Raymond Walk, CDU-Generalsekretär Thüringen

Die CDU-Opposition will nun wissen, warum sich das Landeskriminalamt erst spät dem Fall annahm, obwohl das Gesetz eine Übernahme unter anderem bei Straftaten vorschreibt, wenn der Verdacht auf „besondere Gefährlichkeit“ oder Staatsschutzkriminalität besteht. Dazu gehört das Herstellen von Sprengstoff. Der Innenminister sagt dazu, das LKA sei von Anfang an einbezogen gewesen. Am Dienstag, 13. März, wurden die Stoffe gefunden und noch am Freitag der selben Woche verneinte das LKA auf Medienanfragen eine Übernahme, um dies am Samstag dann doch zu tun – als die Kritik immer lauter wurde. „Man stelle sich den Aufruhr vor, hätten Rechtsextremisten so viel gefährliche Stoffe gehortet!“, sagte CDU-Generalsekretär Walk. „Das ist aber doch kein harmloser Kriminalfall aus der Provinz, sondern ein Sprengstofffund mit auffälligen Besonderheiten“, setzt dem Walk entgegen.

Buttersäure gegen Maulwürfe

Die beiden mutmaßlichen Täter befinden sich inzwischen wieder auf freiem Fuß. Zwar werde ein politischer Hintergrund der Tat nicht ausgeschlossen, aber es könnte auch das „kleinkriminelle Milieu“ betroffen sein, so das SPD-geführte Innenministerium. Es gebe bisher „keine Anhaltspunkte, dass gegen politische Gegner Bomben gelegt werden sollten“. Die flaschenweise gefundene Buttersäure, immer wieder als übel riechendes Kampfmittel von Extremisten gegen politische Gegner im Einsatz, reicht offenbar nicht als Anhaltspunkt für solche Absichten aus. Der Täter, der sich laut Aussage des anderen gegenüber der WamS im Antifa-Milieu herumtreibt, behauptet, er würde sie gegen Maulwürfe und Wühlmäuse im Garten der Mutter einsetzen. „Dass bei einem politisch äußerst umtriebigen lokalen Akteur kein politischer Hintergrund erkennbar sein soll, ist abenteuerlich“, meint der thüringische CDU-Fraktionschef Mike Mohring. Es brauche „nur wenige Klicks im Netz“, um sich von der Aggressivität der Thüringer Antifa, etwa mit Blick auf den G20-Gipfel in Hamburg, zu überzeugen. Der Landes-Verfassungsschutzbericht 2016 bestätigt: Im Jahr 2016 entfielen mit 442 von 2301 Delikten knapp 20 Prozent der in Thüringen erfassten politisch motivierten Straftaten auf den Bereich „Links“. Betrachtet man die absoluten Zahlen der Delikte 2014 (303) und 2015 (373), gab es erneut einen Zuwachs.

Wir sagen Nein zum Verharmlosen, Wegschauen und Verschweigen.

Webseite des Zumsaru-Bündnisses

Dem anderen Täter ging es danach nur um den „Kick“ bei den Explosionen. Er ist laut Walk mehrfach vorbestraft. „Und warum hatte er sich als Chemielaborant bei der Bundeswehr beworben, obwohl er diesen Beruf nicht erlernt hat?“, fragt der CDU-Politiker. Zudem sei die Zeugin, die die Chemikalien-Lieferung gemeldet hatte, inzwischen bedroht worden.

Das Schweigen geht weiter

Dem thüringischen Innenministerium ist der brisante Fund bis heute keine Pressemitteilung wert, dagegen findet sich eine, dass es „keinen Rechtsrock in Arnstadt“ geben werde. „Das tagelange, geradezu dröhnende Schweigen der kompletten Landesregierung dazu ist mehr als befremdlich“, kritisiert Mohring in der Welt am Sonntag. Laut CDU-Generealsekretär Walk wird sich auch der Innenausschuss des Bundestages mit dem Fall befassen. Auf die Auswertung der Handydaten der Beschuldigten wird noch gewartet.